16.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 20 / Zusatzpunkt 6

Klaus WienerCDU/CSU - Abschaltung von Kernkraftwerken

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns energiepolitisch in einer Zeitenwende. Wir müssen die erneuerbaren Energien ausbauen, um unser Klima zu schützen. Wer mich persönlich kennt, der weiß, dass ich das mit meiner Familie schon lange lebe. Komplette Hausdämmung, Photovoltaik, Frischwasserstation, ein wasserführender Kamin, E-Auto: All das haben wir gemacht, um unseren persönlichen Beitrag zu leisten. Damit ist das viel größere Problem aber natürlich nicht gelöst.

Es muss sehr viel mehr geschehen – hier in Deutschland, aber auch international. Das wird Zeit kosten. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist, gelinde gesagt, eine Herkulesaufgabe. Das Ziel, bis zum Jahr 2030 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu beziehen, ist möglich. Genauso ist aber auch ein Scheitern möglich. Nur wäre das für den Wirtschaftsstandort Deutschland verheerend.

Damit das nicht passiert, müssen wir Vorsorge betreiben. Bislang haben wir gehofft, dass wir die Zeit bis zum vollständigen Ausbau der erneuerbaren Energien mit Gas überbrücken können. Aber das ist seit dem 24. Februar nicht mehr möglich; das ist keine Option mehr. Ohne Gas aus Russland wird es schwierig. Der vermehrte Einsatz von Kohle, wie er jetzt auch von der Bundesregierung vorangetrieben wird, ist im Grunde auch keine echte Option; denn damit würden wir die Klimaziele nicht erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb müssen alle Optionen auf den Tisch. Hier stimme ich mit Minister Habeck ausdrücklich überein. Wenn alle Optionen auf den Tisch kommen, gehört dazu aber auch, dass wir über die Kernenergie sprechen und ergebnisoffen prüfen – das ist mir wichtig –, ob ein Weiterbetrieb der noch bestehenden Kraftwerke möglich ist.

Wenn ich „ergebnisoffen“ sage, meine Damen und Herren, dann meine ich nicht den Prüfvermerk, den das Bundeswirtschafts- und das Bundesumweltministerium veröffentlicht haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Dieses Dokument ist – freundlich formuliert – ein Schnellschuss. Es wurde einseitig mit der klaren Absicht geschrieben, eine Tür zuzuschlagen. Das wird an mehreren Stellen deutlich. So heißt es in dem Vermerk, für den Weiterbetrieb seien rechtliche Maßnahmen erforderlich, die einer Neugenehmigung gleichkommen. Fakt ist aber: Solange die Genehmigung für den Rückbau nicht bei den Kernkraftwerken eingegangen ist, gilt weiterhin die bestehende Betriebsgenehmigung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

In dem Prüfvermerk werden auch Sicherheitsbedenken genannt. Aber auch ohne die 2019er-Prüfung wurden die Kernkraftwerke durch fortlaufende Kontrollen, etwa durch Betreiber oder Landesbehörden, auf höchstem Sicherheitsniveau gehalten. Andernfalls wäre der laufende Betrieb auch gar nicht denkbar.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Lachen des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Am schlimmsten aber ist, dass der Prüfvermerk erstellt wurde, ohne den Rat von Experten einzuholen. Dem Vernehmen nach wurden weder die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit noch die Reaktor-Sicherheitskommission eingebunden; das haben diese auch bemängelt. Auch frage ich mich, ob wirklich alle Partner der Ampel den ablehnenden Kurs dieses Prüfvermerks mittragen. FDP-Wirtschaftsminister Pinkwart aus Nordrhein-Westfalen hat jedenfalls erkannt, was mit diesem Prüfvermerk an Potenzial zerschlagen werden sollte. Das kann man alles heute frisch in einer dpa-Meldung nachlesen; das empfehle ich auch den FDP-Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Im aktuellen Umfeld von Angebotsverknappung und massiv steigenden Energiepreisen laufen wir auf einen klassischen Angebotsschock zu. Die Älteren werden sich vielleicht noch an die Ölpreisschocks der 70er-Jahre erinnern: Hohe Inflation, massive Wachstumseinbußen waren die Folge. Wirtschaftlich gesehen waren die 70er-Jahre ein verlorenes Jahrzehnt. Das gleiche droht uns heute wieder. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf: Prüfen Sie – und dieses Mal wirklich ergebnisoffen – den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Was den Antrag – klatschen Sie nicht zu früh – der AfD angeht, so lehnen wir ihn ab.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Warum? Weil wir einen Weiterbetrieb auf keinen Fall bis zum – und hier zitiere ich wörtlich aus Ihrem Antrag – „technisch sinnvollen Lebensende“ der Kernkraftwerke ins Auge fassen wollen und sollten. Vielmehr darf ein möglicher Weiterbetrieb nur eine Option für die Zeit der akuten Engpässe sein. CDU und CSU – das sage ich ganz ausdrücklich – halten am Ausstieg aus der Kernenergie fest. Sie von der AfD wollen das nicht, weil Sie in Ihrem Antrag auch den Neubau von Kernkraftwerken fordern. Das unterscheidet uns voneinander.

(Enrico Komning [AfD]: Ja! Richtig!)

Auch deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534202
Wahlperiode 20
Sitzung 20
Tagesordnungspunkt Abschaltung von Kernkraftwerken
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