Fabian GramlingCDU/CSU - Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der brutale Angriffskrieg Putins hat unsere Koordinaten bei der Energieversorgung verschoben. Diese neue Situation bedarf einer neuen Lagebewertung, bedarf neuer Antworten. Wir müssen unsere Energieversorgung diversifizieren, und wir müssen sie schnellstmöglich Putin-frei machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, rund 21 Millionen Wohnungen – und damit fast jede zweite Wohnung in Deutschland – heizen mit Gas. Deshalb ist eine sichere Gasversorgung im kommenden Winter unerlässlich. Es ist daher richtig, Füllstandsvorgaben für die Gasspeicher einzuführen. Wegen der Dringlichkeit haben wir auf die Anhörung verzichtet, um in dieser Situation den Prozess zu beschleunigen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Aber das eigentliche Problem wird mit diesem Gesetz alleine nicht gelöst. Eine Füllstandsvorgabe entfaltet nämlich nur dann ihre Wirkung, wenn es einen Betreiber gibt, der absichtlich oder unabsichtlich kein Gas speichert. Aber was machen wir, wenn Gas in ausreichender Menge nicht verfügbar ist? Das ist doch die entscheidende Frage, und darauf habe ich bisher keine konkreten Lösungsvorschläge gehört, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Kruse [FDP]: Doch! Gestern im Ausschuss!)
Dabei hat der Minister zu Kriegsbeginn aufhorchen lassen. Alle Optionen müssten auf den Tisch und dass der Pragmatismus jede politische Festlegung schlagen müsse, das war die nüchterne Analyse. Aber nach einem Aufschrei in der eigenen Partei gab sich der Minister dann schnell geschlagen und hat seinen eigenen Pragmatismus anscheinend über Bord geworfen.
Um unsere Gasversorgung winterfest zu machen, müssen wir die zur Verfügung stehende Klaviatur an Möglichkeiten vollständig ausnutzen. Wir müssen unsere Gasversorgung diversifizieren und schnellstmöglich prüfen, wie wir mehr Gas aus Norwegen, aus Holland, aus Amerika oder Afrika beziehen können. Wir müssen LNG schnellstmöglich ermöglichen und eine Versorgung mit schwimmenden Terminals als kurzfristige Lösung nutzen. Wir dürfen auch die heimische Gasförderung nicht aus dem Blick verlieren; ihr Potenzial ist zwar begrenzt, aber auch dieses Potenzial muss geprüft werden, um die Versorgungssicherheit in unserem Land zu gewährleisten.
(Zuruf von der FDP: Sind wir doch schon dran!)
Wenn die Regierung es mit der Versorgungssicherheit ernst meint, dann müssen wir natürlich auch über die 13 bis 15 Prozent Gasverstromung reden, die übergangsweise auch durch andere Energieträger aufgefangen werden müssen. Ich kann Ihnen sagen: Die Belegschaft im Kernkraftwerk Neckarwestheim – es liegt in meinem Wahlkreis – fragt mich zu Recht, warum diese Option in Berlin nicht ergebnisoffen geprüft wird.
(Timon Gremmels [SPD]: Sollen wir mit Atomkraft heizen?)
Sie, Herr Wirtschaftsminister, haben zwar eine ergebnisoffene Prüfung angekündigt. Aber das Ergebnis wurde schon vor Beginn der Prüfung von der Umweltministerin wieder kassiert. Die versprochene ergebnisoffene Prüfung war hier Fehlanzeige.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Den ganzen Tag haben wir darüber gesprochen!)
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU-Fraktion steht zu dem Ziel der Klimaneutralität. Wir haben in den letzten 16 Jahren viel auf den Weg gebracht, haben viel erreicht, und wir sind überzeugt, dass wir mit technischen Innovationen und mit klugen Ideen diese Herausforderungen bestehen werden. Mit Blick auf den Winter haben wir jetzt aber keine Zeit und keine Spielräume. Wir müssen vom Worst-Case-Szenario ausgehen und nicht von einem Wunsch-Case-Szenario. Alles andere wäre in dieser Situation verantwortungslos.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nach Ihrer Vereidigung, lieber Minister Habeck, haben Sie in der ARD in Soap-Manier dargestellt, dass Sie sich im Fadenkreuz sähen und dass es sicherlich viel Ärger geben würde. Ich will Ihnen dazu nur eines sagen: Es geht uns, der CDU/CSU-Fraktion, nicht darum, einen Minister ins Fadenkreuz zu nehmen. Aber wir erwarten, dass Sie Ihrer Verantwortung als Energieminister gerecht werden, und die Menschen in unserem Land erwarten das auch.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Kruse [FDP]: Sagen Sie auch etwas zu dem Gesetz?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Energieversorgung muss in den kommenden Monaten sicher und auch bezahlbar bleiben. Die Kassiererin im Supermarkt, die Altenpflegerin oder der Mechatroniker bei einem Mittelständler: Es trifft nicht nur die Bezieher von Sozialleistungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, es trifft vor allen Dingen die Breite der arbeitenden Gesellschaft mit voller Wucht – beim Einkaufen, beim Tanken und bei der nächsten Nebenkostenabrechnung.
Die Unionsfraktion hat konkrete Lösungen vorgelegt, wie die Regierung auf der einen Seite die Versorgungssicherheit gewährleisten kann und wie sie auf der anderen Seite die Menschen in unserem Land vor ausufernden Energiepreisen schützen kann. Die Ampel hat unsere Vorschläge auf dem Tisch. Wenn es wirklich um eine gerechte Politik gehen soll, um eine Politik mit „Respekt für dich“, dann erwarte ich hier Antworten und kein Zögern und Zaudern.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Kruse [FDP]: Sie hätten auch etwas zu dem Gesetz, das wir vorgelegt haben, sagen können! – Gegenruf des Abg. Fabian Gramling [CDU/CSU]: Machen wir ja!)
Ebenfalls zu seiner ersten Rede hier gebe ich das Wort dem Kollegen Bengt Bergt für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534405 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 21 |
Tagesordnungspunkt | Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen |