17.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 21 / Zusatzpunkt 13

Thomas HackerFDP - Mahnmal für die Opfer des Kommunismus

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über 1 Million Jahre Gefängnis, zu so vielen Jahren wurden Schätzungen der Bundesstiftung Aufarbeitung zufolge, liebe Frau Kaminsky, die fast 250 000 politischen Häftlinge in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR verurteilt. Tausende Kinder und Jugendliche wurden in den Heimen und Jugendwerkhöfen der DDR um eine unbeschwerte Kindheit und Jugend gebracht. Mindestens 140 Menschen fanden beim Überqueren der Berliner Mauer ihren Tod. Und Hunderte gestohlener Kinder wurden ihren Eltern per Zwangsadoption entrissen und bis heute nicht mit ihnen wiedervereint. Ungezählt bleiben der Kummer und die Verzweiflung derer, die in ihrem alltäglichen Leben Repressalien, Bespitzelung und Unfreiheit erleben mussten. Es sind Menschen, denen Freiheit über alles ging, Menschen, die mutig Widerstand geleistet haben, Menschen, denen von ihrem Staat verwehrt wurde, ihr Leben selbstbestimmt zu leben, die wegen ihrer Haltung verfolgt, verhaftet, ermordet wurden.

Unsere Erinnerungskultur kennt an vielen authentischen Orten stille Zeitzeugen oder lebendige Gedenkstätten für das Leid Tausender Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft. Deutschland hat nicht vergessen, wie sich Unfreiheit anfühlt. Erinnerungen an die dunklen Zeiten werden im ganzen Land lebendig gehalten.

Was in Deutschlands dezentraler Erinnerungslandschaft dennoch fehlt, ist ein zentrales Mahnmal des Gedenkens all dieser Menschen. In vielen Ländern des ehemaligen Ostblocks erinnern Mahnmale an die Millionen Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft. Zu Recht, sehr geehrter Herr Dombrowski, fordern die Opferverbände ein solches Mahnmal auch in Deutschland.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist an der Zeit, hier in Berlin, hier im Herzen Deutschlands, diesen zentralen Ort zu schaffen. Es ist gut, dass sich der Deutsche Bundestag in der letzten Wahlperiode erneut mit einer großen Mehrheit dafür entschieden hat. Unsere Aufgabe ist es nun, dieses Vorhaben umzusetzen, und zwar zügig. Wir brauchen einen neutralen Platz, der nicht bereits durch seine Geschichte Elend und Schmerz in den Wänden trägt, sondern den Menschen abseits von dicken Gefängnismauern oder der Stätte ihres ganz persönlichen Leids Raum für Trauer, für Erinnerung, für Versöhnung gibt, einen Ort für alle Opfer, einen Ort, der keine und keinen vergisst und dadurch alle in das Erinnern einschließt, alle Opfer, denen Leistungen nicht länger durch bürokratische Hindernisse verweigert werden dürfen, alle Opfer, denen wir mit der SED-Opferbeauftragten Evelyn Zupke endlich eine Stimme hier, direkt bei uns im Bundestag, gegeben haben, eine Stimme, liebe Frau Zupke, die zuhören kann, die wahrnimmt und Wertschätzung gibt; vielen Dank dafür!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es reicht nicht, sich jährlich am 9. November an Einigkeit und Freiheit und Überwindung des Kommunismus zu erfreuen. Das Erinnern an das Leid der Opfer ist die konsequente Fortsetzung transparenter Aufarbeitung, kein Schlussstrich. Das Erinnern an das Leid der Opfer ist ein gesamtdeutsches Erinnern, es geht uns alle an. Keine Mauern sperren uns mehr ein, keine Grenzen trennen uns mehr. Die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft leben heute in ganz Deutschland, Europa und der Welt. Das Mahnmal schafft eine Verbindung zwischen all diesen Menschen, die ein Gedanke eint: die Liebe zur Freiheit. Es eröffnet die Chance, eine Brücke zu kommenden Generationen zu schlagen, junge Menschen für die Werte unserer freien Gesellschaft zu sensibilisieren und immer wieder ins Bewusstsein zu rücken, dass es sich lohnt, mutig für Freiheit und Demokratie einzustehen.

Deswegen wollen wir eine schnelle Standortentscheidung treffen und die weiteren Planungen des Mahnmals an zentraler Stelle in Berlin zügig voranbringen. Schaffen wir einen Ort des Erinnerns in der Gegenwart, der Vergangenes nicht vergessen lässt. Schaffen wir einen Ort der Erinnerung daran, wie sehr wir Demokratie und Freiheit brauchen und dass wir sie immer wieder von Neuem mit ganzer Kraft verteidigen müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534432
Wahlperiode 20
Sitzung 21
Tagesordnungspunkt Mahnmal für die Opfer des Kommunismus
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta