18.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 22 / Zusatzpunkt 15

Lukas KöhlerFDP - Änderung des Infektionsschutzgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Sorge, es hat mich überrascht, dass Sie so sehr auf die klare und eindeutige Einhaltung – das blinde Folgen quasi – der Beschlüsse der MPK pochen würden. Ich kann mich daran erinnern, dass alle Ministerpräsidenten einmal einstimmig für eine allgemeine Impfpflicht gestimmt haben,

(Dagmar Schmidt [Wetzlar] [SPD]: Ja!)

und ich würde mich wundern, wenn CDU und CSU dem nach den Vorträgen von gestern auch so folgen würden.

(Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Das wäre doch eine ganz andere Debattenlage, Herr Sorge.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Ein Statement der FDP für die allgemeine Impfpflicht?)

Ich wäre also vorsichtig mit den Forderungen, die ich aufstelle.

Ich will Ihnen das aber gar nicht vorwerfen; denn das zeigt ja eines: Wir sind lernfähig. Wir entwickeln uns weiter. Wir entwickeln unser Wissen weiter. – Ich glaube, das ist auch das, was man in dieser Pandemie sieht, was wir in der Diskussion, die wir hier führen, sehen, was wir an den richtigen und notwendigen Maßnahmen sehen, die wir zum Schutz ergreifen müssen.

Meine Damen und Herren, nicht die Freiheit von Einschränkung ist begründungsbedürftig; die Einschränkung der Freiheit ist begründungsbedürftig.

(Beifall bei der FDP)

Das müssen wir bei jeder einzelnen Maßnahme, die wir treffen, immer wieder vor Augen haben.

(Tino Chrupalla [AfD]: Dann fangt doch mal an!)

Wir müssen dafür sorgen, dass wir Politik so ausgestalten, dass nur das an Freiheitseinschränkungen möglich ist, was notwendig ist. Das ist das, was wir mit diesem Gesetzentwurf, was wir mit diesem Vorschlag tun: Wir schützen auf der einen Seite, sorgen aber dafür, dass wir so weit, wie es irgendwie geht, zurück zur Normalität kommen.

(Beifall bei der FDP)

Die Herausforderung, vor der wir stehen, ist natürlich, dass sich das Pandemiegeschehen, dass sich aber auch Wissen entwickelt. So war es ja ganz klar, dass unter dem Schleier der Unwissenheit am Anfang der Pandemie Entscheidungen getroffen wurden, über die wir heute sagen: Sie waren damals falsch oder unnötig. – Aber zu dem Zeitpunkt, wo sie getroffen wurden, hätten wir sie nicht anders treffen können. Deswegen haben wir als Freie Demokraten sie auch damals in einer ganz anderen Konstellation mit einer anderen Koalition schon unterstützt.

Wir haben aber gesehen, dass sich diese Pandemie verändert hat. Wir haben gesehen, dass wir zwar immense Infektionszahlen haben, dass wir eine sehr hohe Inzidenz haben, aber dass die Inzidenz heute nicht mehr der ausschlaggebende Faktor ist. Einzig und allein die Überlastung der Krankenhäuser ist das, was wir politisch betrachten müssen, was in Zukunft die Landtage beachten müssen, und nicht die Frage, inwiefern es Veränderungen bei den Inzidenzen in immer unterschiedlicheren Konstellationen gibt.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen müssen wir auch weiterhin Freiheit und Verantwortung koppeln.

Es gibt diejenigen, die es wie Montesquieu halten: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“ Das wäre an dieser Stelle aber auch der falsche Weg. Gar keine Maßnahmen, gar keine Schutzkonzepte, keine Möglichkeit für die Länder vorzusehen, Hotspotregelungen zu treffen, das wäre auch der falsche Weg.

Kollege Köhler, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Müller?

Nein, danke. Ich möchte es mit Montesquieu zu Ende bringen, und das ginge dann nicht. – Es geht darum, die Regelungen so auszugestalten, dass wir auf der einen Seite Schutz in Hotspots haben und auf der anderen Seite dafür sorgen, dass die Menschen in den Alltag zurückfinden, dass die Menschen ihrer Verantwortung gerecht werden können. Das ist es, was wir politisch einfordern müssen. Denn die Menschen in Deutschland sind ja keine kleinen Kinder.

(Zuruf von der AfD: Ach!)

Wir verbieten niemandem, Masken zu tragen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Sie zwingen sie!)

Wir ermöglichen den Menschen, die Verantwortung für sich in die eigene Hand zu nehmen – und das ist der Urkern der liberalen Idee –;

(Beifall bei der FDP)

das ist es doch, was wir in den nächsten Wochen und Monaten, im nächsten halben Jahr sehen werden.

Das heißt aber nicht, dass wir nicht vor neuen Varianten, vor neuen Entwicklungen in der Pandemie geschützt wären. Das heißt auch nicht, dass wir nicht lernfähig wären; denn natürlich können wir weiterhin lernen. Natürlich können wir zum Herbst, wenn es notwendig ist, mehr beschließen. Wir können auch über den Sommer mehr beschließen; denn Politik ist handlungsfähig.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Politik beschließt nicht etwas, und das ist dann in Stein gemeißelt, sondern Politik reagiert. Kluge Pandemiepolitik reagiert klug, und das machen wir mit diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das sehen die Ministerpräsidenten aber anders!)

– Die sehen auch die Impfpflicht anders.

Meine Damen und Herren, der Zeitpunkt jetzt ist völlig richtig, um in dieser Richtung weiterzugehen. Wir sehen im europäischen Vergleich, dass wir mit diesem Gesetz zumindest nicht mehr alleine dastehen. Wir sehen, dass wir mit diesen Änderungen einen gemeinsamen Weg aus der Pandemie finden können. Und natürlich ist es wichtig, dass die Menschen weiterhin verantwortungsbewusst mit der Pandemie umgehen. Natürlich ist es wichtig, dass sich die Menschen impfen lassen. Natürlich wissen wir, dass die Entwicklungen in der Pandemie nach dem 19. März nicht zu Ende sind. Wir wissen, dass die allermeisten Menschen in Deutschland verantwortungsbewusst mit ihrer Freiheit umgehen. Das ist es, was wir mit diesem Gesetz schaffen.

Deswegen vielen Dank für die Debatte, vielen Dank für dieses Gesetz – und auf ein gutes weiteres!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Kollegin Susanne Ferschl für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534453
Wahlperiode 20
Sitzung 22
Tagesordnungspunkt Änderung des Infektionsschutzgesetzes
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