Jens PeickSPD - Änderung des Infektionsschutzgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute diskutieren wir das Infektionsschutzgesetz sowie weitere gesetzliche Regelungen. Zu einer dieser Regelungen, der Verbesserung beim Kurzarbeitergeld, möchte ich für meine Fraktion hier etwas sagen, weil das für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land gerade in der jetzigen Situation von besonderer Bedeutung ist.
Vor vier Wochen haben wir hier im Hause die Verlängerung der krisenbedingten Sonderregelung des Kurzarbeitergeldes im Grundsatz beschlossen. Vor vier Wochen bestand auch noch die vorsichtige Zuversicht, dass es eine Erholung auf dem Arbeitsmarkt gibt und wir nicht alle Sonderregelungen, die wir in der Coronakrise hatten, weiter verlängern müssen, dass wir uns auf dem Weg zur Normalität befinden.
Sechs Tage später, mit dem Überfall Putins auf die Ukraine, ist eine Rückkehr zur Normalität in weite Ferne gerückt. Präsident Selenskyj hat das gestern in diesem Haus sehr eindrücklich geschildert und die Schrecken des Krieges deutlich gemacht. Deshalb ist es richtig, dass wir handeln. Die Bundesregierung hat umfangreiche Sanktionen gegen das System Putin auf den Weg gebracht. Das war notwendig, und das war richtig.
Aber Krieg und Sanktionen werden auch an uns nicht spurlos vorbeigehen. Es fehlen Rohstoffe. Wegen mangelnder Halbleiter und Kabelbäume musste die Autoindustrie bereits drosseln und in Teilen einstellen. Sie geht davon aus, dass bis Juni 400 000 bis 1,5 Millionen Fahrzeuge – das entspricht 10 Prozent bis 40 Prozent der jährlichen Produktion – weniger produziert werden können. Heute Morgen ging noch über die Ticker, dass das Baugewerbe Materialmangel hat.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Falsche Rede!)
Dieser Stillstand kostet, auch uns. Aber eines darf er auf keinen Fall kosten, und das sind Arbeitsplätze.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Deswegen gilt das, was ich vor einem Monat zur Grundüberzeugung dieser Regierungskoalition gesagt habe, auch heute: Wir lassen niemanden im Stich. -Daher werden wir die Leiharbeit mit der Änderung, die wir hier mitbeschließen, wieder in die Regelungen zum Kurzarbeitergeld aufnehmen; denn der Ukrainekrieg ist kein branchenübliches Risiko, und die Automobilindustrie ist auf den Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und ‑arbeitnehmern angewiesen.
Weiter ermöglichen wir der Bundesregierung, bei außergewöhnlichen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt schnell zu reagieren und per Rechtsverordnung Sozialversicherungsbeiträge wieder teilweise oder auch vollständig zu erstatten. Es ist vollkommen klar – da sind wir uns einig –: Wir alle können nicht vorhersehen, wie sich dieser Konflikt entwickeln wird und was noch auf uns zukommt. Mit dieser Maßnahme stellen wir die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung im Ernstfall sicher; denn Sozialpolitik darf nicht immer nur hinten dranhängen und Reparaturpolitik sein, sondern sie muss vorausschauend agieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir alle wissen: Die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge kann teuer sein. Bundesminister Heil hat in seiner Rede vor vier Wochen hier deutlich gemacht, dass die 26 Milliarden Euro Rücklage der Bundesagentur für Arbeit aufgebraucht sind. Kurzarbeit hat bisher 42 Milliarden Euro gekostet. Uns ist aber eines wichtig: Ebenso wenig wie bei der äußeren Sicherheit darf man an der sozialen Sicherheit und dem inneren Zusammenhalt in unserem Land sparen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Deshalb richte ich zum Schluss meiner Rede den Blick noch einmal auf die nächste Woche, in der wir hier im Bundestag über den Haushalt sprechen werden. Ich sage ganz deutlich: Wir dürfen nicht nur auf die Ausgaben schauen, sondern müssen auch auf die Einnahmen schauen. Wir brauchen Geld, um diese Herausforderung zu meistern. Da sage ich ganz klar: Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache.
Ich danke Ihnen für Ihre Zustimmung.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Wilfried Oellers das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534468 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 22 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Infektionsschutzgesetzes |