Johannes ArltSPD - Transatlantische Wirtschafts- und Handelspolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin richtig begeistert, dass ich lernen durfte, wie viel Übel der Welt TTIP von uns ferngehalten hätte. Das ist schon mal eine erste Erkenntnis an diesem Freitagnachmittag.
Aber nun zum Antrag. Der Angriff Putins auf die Ukraine hat uns allen die Wichtigkeit der transatlantischen Partnerschaft vor Augen geführt. Wir alle hätten auf diesen Anlass sehr gerne verzichtet. Die Folgen des Angriffskriegs haben bewiesen: Die deutsche und die europäische Wirtschaft sind verwundbar. Lieferketten sind bedroht. Denken Sie nur an die Automobilindustrie und die Probleme bei der Lieferung von Kabelbäumen.
Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Antrag der CDU/CSU grundsätzlich zu begrüßen und nicht falsch. Handelsbeziehungen sind ein Schlüssel, um die Globalisierung aktiv zu gestalten. Und ja, wir müssen die transatlantische Partnerschaft stärken. Zum Beispiel ist die Beschaffung der F‑35-Jets für die Bundeswehr hierfür ein wichtiger Schritt – ein wichtiger Schritt auch für eine ausgeglichenere Handelsbilanz zwischen Deutschland und den USA.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Und ja, wir müssen die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen im atlantischen Raum auch insgesamt stärken. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu CETA diese Woche hat uns Rückenwind gegeben. Diesen gilt es zu nutzen. Wir müssen CETA jetzt zeitnah ratifizieren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Im Zusammenhang mit dem Erhalt der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, den Sie ja in Ihrem Antrag beschreiben, möchte ich noch auf zwei Aspekte hinweisen: zunächst auf resiliente Lieferketten, aber auch auf die Beziehungen zu afrikanischen Staaten.
Für wirtschaftliche Resilienz benötigen wir entsprechende Voraussetzungen. 90 Prozent des Welthandels und 70 Prozent der deutschen Exportgüter werden auf See abgewickelt. Daher sind wir auf eine leistungsfähige maritime Infrastruktur angewiesen. Maritimes Know-how ist also ein strategisches Interesse Deutschlands. Aber der Bestand der deutschen Handelsflotte ist seit 2007 markant gesunken; über 600 Schiffe haben wir verloren. Zudem ist unser maritimes Know-how angesichts zahlreicher Werftinsolvenzen gefährdet. Nur mit einer kohärenten maritimen Strategie in Deutschland und der EU können wir dieses Know-how stärken, dabei den Fokus auf neue Antriebstechnologien legen und stärker durch Spin-offs auch bei militärischen Innovationen profitieren, zum Beispiel bei den Schlüsseltechnologien.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Resiliente Lieferketten sind ausdifferenzierte Lieferketten, in denen Abhängigkeiten zu vermeiden sind. Ein Beispiel sind Seltene Erden. 2020 hat Deutschland diese zu 93,5 Prozent aus China importiert. Zu 93,5 Prozent! Hier kommen dann auch die Mercosur-Staaten ins Spiel; denn in Brasilien lagern die drittmeisten Reserven an Seltenen Erden. Wir können unsere Resilienz auch noch stärken, indem wir durch das Recyceln Seltener Erden unsere Importabhängigkeit verringern.
Beim Thema „Wettbewerbsfähigkeit Europas im atlantischen Raum“ müssen wir auch die afrikanischen Staaten einbeziehen. Hierzu nur zwei Schlaglichter: Zum einen werden wir es infolge von Putins Krieg mit Hungersnöten in Afrika zu tun bekommen. Diese gilt es zu verhindern. Zum anderen gehört zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen der EU und afrikanischen Staaten. Das heißt das Ende kolonialer Logiken, bei denen der afrikanische Kontinent nur als Rohstofflieferant oder als Absatzmarkt gesehen wird. Gleichberechtigung ließe sich beispielsweise durch Technologietransfer herstellen, etwa im Bereich der Impfstoffherstellung. Angesichts der russischen und chinesischen Präsenz dort liegen gleichberechtigte Beziehungen im strategischen Interesse der EU.
Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen im Ausschuss.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Maik Außendorf das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534517 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 22 |
Tagesordnungspunkt | Transatlantische Wirtschafts- und Handelspolitik |