22.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 23 / Einzelplan 08

Christoph MeyerFDP - Allgemeine Finanzdebatte

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor fast genau zwei Jahren hat der Bundestag hier den ersten Nachtragshaushalt als Reaktion auf die Coronapandemie beschlossen. Es wurden vier Nachträge mit einer Neuverschuldung des Bundes in Höhe von 345 Milliarden Euro, und ich bin froh, dass Christian Lindner mit dem jetzt vorliegenden Regierungsentwurf den letzten Pandemiehaushalt vorlegt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Na ja!)

In den letzten zwei Jahren war ziemlich alles die Ausnahme, nicht die Norm. Die Norm ist finanzpolitische Stabilität. Nur sie hat uns in die Lage versetzt, die finanziellen Herausforderungen in der Pandemie und auch die jetzt vor uns liegenden zu schultern.

(Beifall bei der FDP)

Es ist, glaube ich, auch klar, dass der Regierungsentwurf nur ein Abbild des Zustands vor dem Ukrainekrieg sein kann. Die Lage in Europa hat sich ein weiteres Mal dramatisch geändert, und es ist daher richtig, dass ein Ergänzungshaushalt vorgelegt wird. Mein Kollege Sven-Christian Kindler hat zu Recht darauf hingewiesen, dass doch klar ist, dass dieser Ergänzungshaushalt erst in den nächsten Wochen mit Leben gefüllt werden kann. Und zur Demut, Herr Dobrindt, würde auch dazugehören, dass Sie vor der Menge der Herausforderungen, vor der wir stehen, akzeptieren würden – vielleicht auch eingestehen würden –, dass dieser Ergänzungshaushalt nicht gleichzeitig mit dem ersten Regierungsentwurf hier vorgelegt werden kann, sondern dass es ein bisschen länger dauern kann.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Seit wann kennen Sie denn die Erklärung des Bundeskanzlers?)

Das wäre seriöse Opposition – nicht der Klamauk, den Sie hier gemacht haben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit Blick auf den Regierungsentwurf können wir festhalten, dass die von der Vorgängerregierung geplante Nettokreditaufnahme in Höhe von 99,7 Milliarden Euro gehalten wurde, und zwar trotz 25 Milliarden Euro an Mehrausgaben für die Bekämpfung der Coronapandemie.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Trotz 60 Milliarden Euro verfassungswidriger Schulden, die Sie aufgenommen haben!)

Es ist das Verdienst des Bundesfinanzministers, auf die strikte Ausgabendisziplin hier beharrt und das auch in der mittelfristigen Finanzplanung so durchgehalten zu haben.

All dies gelingt – auch darauf hat Christian Lindner hingewiesen –, obwohl wir umfangreiche Mittel zur Verfügung stellen, um die Aufgaben, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, umzusetzen und anzuschieben. Wir werden mit dem Energie- und Klimafonds – zukünftig: Klima- und Transformationsfonds – 200 Milliarden Euro bereitstellen, um bis 2026 die richtige Schwerpunktsetzung zu ermöglichen.

Wir werden in den Haushaltsberatungen auch über das Sondervermögen zur Ertüchtigung der Bundeswehr sprechen. Herr Dobrindt, Sie erinnern sich an die Regierungserklärung; so haben Sie es formuliert. Ich erinnere mich daran, wie euphorisch Sie geklatscht haben, als der Bundeskanzler die 2-Prozent-Quote als zukünftiges Ziel ausgewiesen hat. Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass Sie von dieser Euphorie ziemlich weit weg sind. Das Hin und Her, das Sie formulieren, wirkt offensichtlich so, als ob Sie eher einen Grund suchen, warum Sie diese 100 Milliarden Euro Sondervermögen nicht mittragen wollen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei haben Sie die Truppe im Regen stehen lassen, dabei haben Sie sie in den letzten 16 Jahren kaputtgespart, und zwar Sie, Herr Dobrindt, maßgeblich in federführender Verantwortung.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sie werden den 2 Prozent zustimmen müssen: die SPD, die FDP und die Grünen!)

– Ja, und Sie auch, Herr Dobrindt. Wenn Sie in den letzten Wochen die Wahrheit formuliert haben, wenn das, was Sie von der Union in den letzten Jahren formuliert haben, zutreffend war, werden auch Sie diesem Sondervermögen zustimmen müssen, wenn Sie einen Rest an Glaubwürdigkeit als Oppositionsfraktion haben wollen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)

Der Krieg in Europa, die veränderte Sicherheitslage und die Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft werden die Handlungsspielräume – auch das gehört dazu – weiter begrenzen. Steuererhöhungen hat unsere Koalition ausgeschlossen. Die Schuldenbremse versperrt richtigerweise die Aufnahme von übermäßigen Schulden. Vor diesem Hintergrund ist die Maßgabe des Koalitionsvertrages, Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen – und zwar in den nächsten Jahren, nicht im Jahr 2022 –, genau der richtige Weg. Nur durch Priorisierung von Ausgaben werden wir uns Handlungsspielräume erweitern können,

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Welche Ausgaben sind das denn?)

und dies ist umso wichtiger, da parallel die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft durch den Ukrainekrieg herausgefordert wird.

Wir werden Wachstumsimpulse schaffen müssen – auch darauf hat der Bundesfinanzminister hingewiesen –, und wir müssen vor allem darauf hinwirken – auch das ist im Koalitionsvertrag bereits angelegt –, dass privates Kapital Zukunftsinvestitionen sichert, und zwar als Ergänzung zu den 200 Milliarden Euro, die wir staatlicherseits zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Durch Steuererhöhungen!)

Handlungsspielräume von Wirtschaft und Gesellschaft angesichts der finanziellen Auswirkungen des Krieges sicherzustellen, ist die Aufgabe der Stunde. Es wurde bereits viel darüber geredet. Wir haben ein erstes Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Wir werden über den Ergänzungshaushalt ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg bringen. Uns ist wichtig, dass dieses Entlastungspaket schnell und zielgerichtet wirkt und nicht erst nach Monaten bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Solide Finanzen und Wettbewerbsfähigkeit sind die Grundvoraussetzung für die Handlungsfähigkeit Deutschlands in Krisenzeiten; das ist oft betont worden. Dieser Haushalt schafft dafür genau die richtige Grundlage. Er ist schon sehr gut.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Er hat doch lauter Leerstellen!)

Wir werden ihn in den Beratungen sicherlich noch ein wenig besser machen. Ich freue mich darauf in den nächsten Wochen und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Christian Haase spricht jetzt zu uns für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534583
Wahlperiode 20
Sitzung 23
Tagesordnungspunkt Allgemeine Finanzdebatte
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