22.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 23 / Einzelplan 08

Antje TillmannCDU/CSU - Allgemeine Finanzdebatte

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Lindner, Sie mussten heute sehr tapfer sein. Einer Ihrer Lieblingssätze dieser Tage ist: Die Schuldenbremse ist keine politische Entscheidung, sondern eine Vorgabe der Verfassung. – Das ist ein bisschen wie das Singen im Dunkeln; denn alle anderen Reden Ihrer Koalitionspartner haben damit nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie selber halten die Schuldenbremse schon im Kernhaushalt nicht ein. Die Aussetzung ist durch Coronamaßnahmen bedingt; aber Sie wissen sehr genau, dass Personalkostenerhöhungen und Ausgaben für den Straßenbau überhaupt nichts mit Corona zu tun haben.

Sie haben ganz verschämt angekündigt, dass der Ergänzungshaushalt durch eine Ausweitung der Schuldennotlagenregelung wegen des Ukrainekriegs erhöht werden soll. Ich bin gespannt, wann Sie offiziell eine neue Notlage verkünden wollen.

(Otto Fricke [FDP]: Das entscheidet ja wohl das Parlament!)

Ich bin auch gespannt, ob Sie dann die zweite Regelung einhalten, wonach Sie mit dem Ergänzungshaushalt auch einen Tilgungsplan vorlegen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und nein, Herr Kollege Hönel, das Energiegeld ist dann nämlich nicht aus diesem Ergänzungshaushalt zu finanzieren. Das wäre ganz klar verfassungswidrig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

All die hier geäußerten Wünsche können im Ergänzungshaushalt nicht mehr untergebracht werden, wenn die Notlage mit dem Ukrainekrieg begründet wird – und ansonsten sind sie nicht finanzierbar.

Herr Minister, ich bin sicher: Sie werden mit dem Ergänzungshaushalt eine Berichtigung Ihrer Wachstumsprognose vorlegen. 3,6 Prozent Wirtschaftswachstum planen Sie ein. Ich bin sicher: Sie werden durch den Konjunkturrückgang ungefähr 10 Milliarden Euro im Ergänzungshaushalt einsparen müssen.

Im Haushalt sind die degressive Abschreibung, die Ausweitung der Verlustverrechnung und die Homeoffice-Pauschale berücksichtigt. Wir begrüßen das ausdrücklich, obwohl der Entlastungseffekt nicht sehr groß ist; denn tatsächlich handelt es sich um Gewinnverschiebungen, und die Homeoffice-Pauschale geht fast immer im Werbungskostenpauschbetrag unter. Anders als Sie gesagt haben, ist das Steuerentlastungspaket eben nicht im Haushalt eingepreist, jedenfalls nicht als Steuerentlastungspaket. Sie haben über eine globale Mindereinnahme 3,8 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. 1,9 Milliarden Euro macht das Steuerentlastungspaket schon aus. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, Sie wissen: Dieser Haushalt hat dann noch einen Spielraum von 1,9 Milliarden Euro. Damit werden Sie absolut nichts aus Ihrem Koalitionsvertrag finanzieren können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dann gucke ich mir an, was Sie als Einzelmaßnahme im Haushalt stehen haben. Zur Grundfreibetragserhöhung: Sie lassen sich für 4,7 Milliarden Euro Entlastung feiern. Davon entfallen 3 Milliarden Euro auf den Grundfreibetrag. Die Erhöhung des Grundfreibetrags ist verfassungsrechtlich geboten. Übrig bleiben die Erhöhung der Fernpendlerpauschale mit einer Entlastung von 300 Millionen Euro und die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags mit einer Entlastung von 1,1 Milliarden Euro.

(Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])

Es ist immer gut, Arbeitnehmer zu entlasten. Aber warum Sie diejenigen, die keine zusätzlichen Kosten haben, mit 1,1 Milliarden Euro entlasten – das ist der Arbeitnehmerpauschbetrag – und diejenigen, die an der Tankstelle nicht mehr weiterwissen, mit 300 Millionen Euro abspeisen, ist Ihr Geheimnis, das Sie uns vielleicht in den Haushaltsberatungen verraten werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie verabschieden sich mit diesem Haushalt – das muss Ihnen klar sein, liebe Koalitionäre – von allem, was Sie im Koalitionsvertrag stehen haben.

(Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Woher nehmen Sie das denn?)

Zur Kindergrundsicherung: Liebe Kollegin Paus, es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass die Kindergrundsicherung 20 Euro ausmacht. Da waren wir ja ohne Kindergrundsicherung doppelt so gut. Das Bürgergeld wird nicht kommen, das Energiegeld wird nicht kommen, die Superabschreibung wird nicht kommen, von der Thesaurierungsbegünstigung und anderem ganz abgesehen. Sie haben diesen Haushalt und die mittelfristige Finanzplanung bis auf den letzten Euro ausgelaugt.

(Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie erzählen doch bewusst Unwahrheiten hier!)

Sie haben mit 3,6 Prozent Wachstum in diesem und 2,3 Prozent Wachstum im nächsten Jahr gerechnet. Sie werden keine zusätzlichen Einnahmen haben. Damit verabschieden Sie sich mit Ihrem Haushalt direkt von Ihren Koalitionsvorstellungen. Der Rest der Legislatur kann für Sie eigentlich nur noch traurig enden.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])

Zu ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag hat nun die Kollegin Frauke Heiligenstadt für die SPD das Wort.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534592
Wahlperiode 20
Sitzung 23
Tagesordnungspunkt Allgemeine Finanzdebatte
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