Mechthild HeilCDU/CSU - Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Geywitz, es ist gut und schön, dass es nun den Einzelplan 25 in dieser Legislaturperiode gibt. Aber eines haben Sie vergessen, liebe Frau Ministerin, hier zu erwähnen – die eine oder andere hier im Haus wird sich noch daran erinnern –: Das letzte selbstständige Bundesbauministerium wurde 1998 von der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder aufgelöst.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ist der eigentlich noch in der SPD?)
Viele behaupteten damals, Deutschland sei fertig gebaut. Man sieht daran, dass Gerhard Schröder bei dieser Frage, wie bei vielen anderen Fragen, bis heute falsch liegt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Gerd-Gas!)
Der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum in Deutschland ist heute riesig, gerade – aber nicht nur – in den Ballungsgebieten. Die Ampelparteien haben das in ihrem Koalitionsvertrag auch festgestellt und sich wirklich große Ziele gesetzt. Sie haben gesagt: Wir wollen 400 000 Wohnungen in Deutschland bauen, davon natürlich auch 100 000 Sozialwohnungen. – Sehr ambitioniertes Ziel, kann ich nur sagen. Aber leider lassen weder der Koalitionsvertrag noch Ihr Geschäftsverteilungsplan noch dieser erste Haushaltsentwurf erkennen, wie Sie dieses Ziel nun wirklich erreichen wollen. Im Koalitionsvertrag findet sich leider außer wolkigen Worten nichts Konkretes.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das neue Ministerium mit dem schönen Titel „Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen“ – schon der Name zeigt, dass Bauen von der Ampel gar nicht so wichtig genommen wird –
(Lachen des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])
ist, wie mein Kollege Ulrich Lange sagte, ein Königreich ohne Land. Wichtige Kompetenzen sind bei den anderen Ministerien angesiedelt: im Wirtschafts- und Klimaministerium, im Justizministerium oder auch im Finanzministerium. Leider müssen wir feststellen: Dem ehrgeizigen Ziel von 400 000 neuen Wohnungen kommen Sie mit Ihrem wolkigen Koalitionsvertrag und auch mit dieser Geschäftsverteilung nicht viel näher.
Die Bundeswohnenministerin – das klingt zwar komisch, aber wir werden uns daran gewöhnen; denn Sie haben den Namen ja so gewählt – kann einem fast schon ein bisschen leidtun. Recht häufig wird sie in Zukunft darauf verweisen müssen:
(Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie noch was in der Sache?)
Ich habe nichts damit zu tun; tut mir leid, das ist nicht mein Ressort. Wenden Sie sich bitte an die anderen Ministerien! Ich bin daran nicht schuld.
(Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie nichts Inhaltliches beizutragen?)
Ich frage mich, ob die anderen Häuser die Verantwortung mit Ihnen teilen, wenn Sie, Frau Ministerin Geywitz, die beabsichtigten Zahlen an Neubauten nicht erreichen werden. Was wird Herr Habeck sagen? Was wird Herr Lindner sagen? Oder was wird Herr Buschmann als Justizminister dazu sagen? Wird er die Verantwortung für die nicht erreichten Ziele übernehmen? Ich bin gespannt.
Das neue Ministerium wird aber nicht nur im Koalitionsvertrag und bei den Kompetenzen kurzgehalten, sondern wir sehen heute: Es wird auch bei den Haushaltsmitteln kurzgehalten. Zwei Beispiele will ich Ihnen nennen.
(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht’s da um heute?)
Fangen wir beim sozialen Wohnungsbau an. 100 000 neue Wohnungen, haben Sie gesagt, wollen Sie pro Jahr bauen, und natürlich sollen die möglichst klimafreundlich sein. Sehr gut, wunderbar! Das wären viermal so viele Wohnungen, wie in den letzten Jahren jedes Jahr gebaut wurden. Wir sehen auch eine Erhöhung der Mittel. Sehr gut! Aber wie Sie es auch drehen und wenden: Auf eine Vervierfachung der Mittel kommen Sie nicht.
Selbst wenn Sie auf eine Vervierfachung kämen – das hat ein Kollege eben schon angesprochen –: Wir haben steigende Baukosten, und Sie planen weitere Verschärfungen beim Klimaschutz. Das wird dazu führen, dass die Mittel nicht ausreichen. Sie brauchen mehr als eine Vervierfachung der Mittel. Aber davon finde ich nichts in Ihrem Haushaltsplan.
(Beifall bei der CDU/CSU – Anja Liebert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht haben wir bessere Ideen!)
Sie haben natürlich noch einen Ausweg. Auch den finden wir nicht; aber Sie kommunizieren ja auch nicht mit den Ländern. Ihr Ausweg könnte sein: Sie geben die Aufgabe dahin, wo sie hingehört, nämlich an die Länder, und sagen: Es ist eure Aufgabe. Stellt ihr die Mittel zur Verfügung! – Aber das haben Sie bislang nicht gesagt. Ich bin gespannt, ob Sie es in Zukunft sagen. Wenn, dann wäre Ihr Koalitionsvertrag auch in diesem Punkt ein Vertrag zulasten Dritter.
Thema zwei: Städtebauförderung. Seit einigen Jahren sieht der Bundeshaushalt bei steigenden Preisen dafür die gleiche Summe vor – Frau Geywitz, Sie haben es erwähnt –: 790 Millionen Euro. Das ist kein Ruhmesblatt, mit dem Sie sich schmücken können. 2021 hatte Olaf Scholz, damals Bundesfinanzminister, nämlich eine Erhöhung dieser Mittel verhindert. Und das, obwohl wir zum Beispiel gesagt haben: Wir brauchen ein Brachflächensanierungsprogramm.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das wollten wir; aber es gab keine weiteren Mittel dafür.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Herr Seehofer hieß er, nicht Scholz! Seehofer! Da war ich doch selbst dabei! Ihr Pharisäer!)
Für 2022 möchte Olaf Scholz als Bundeskanzler jetzt offenbar auch seiner vertrauten Bundeswohnenministerin keine Erhöhung der Mittel für diesen wichtigen Aufgabenbereich zugestehen.
Ich könnte diese Aufzählung bis ins Unendliche fortsetzen, und das Bild würde sich nicht ändern. Das neue Ministerium ist leider – das muss ich sagen – ein Etikettenschwindel, und mit diesem Haushalt werden Sie Ihre Ziele, die Sie verkündet haben, niemals erreichen. Wenn Sie nicht erheblich nacharbeiten, ist es offensichtlich, dass Sie Ihre Ziele aufgeben, noch bevor Sie mit der Arbeit angefangen haben. Sie bauen im Moment Luftschlösser.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Jetzt kommt das, was Sie wollen, oder?)
Ich glaube, ehrlich gesagt, die Menschen in Deutschland haben von Ihnen etwas anderes erwartet, und Sie haben auch etwas anderes vorgestellt.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Vorgefunden jedenfalls! – Heiterkeit bei der SPD)
Ich hoffe, Sie liefern noch; aber mit diesem Haushalt tun Sie das nicht.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Kassem Taher Saleh das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534604 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 23 |
Tagesordnungspunkt | Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen |