23.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 24 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 04

Linda TeutebergFDP - Bundeskanzleramt (einschl. Ostdeutschland, Integration und Kultur)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland inzwischen beim Kanzleramt angesiedelt ist, ist, finde ich, eine gute Entscheidung,

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

und zwar nicht so sehr, weil nicht auch ein Fachressort – zuständig war vorher das Bundesministerium für Wirtschaft – gute Arbeit machen und sich der Anliegen annehmen könnte, sondern weil es kein rein ökonomisches Anliegen ist. Die innere Einheit unseres Landes ist eine Querschnittsaufgabe, und allein deshalb ist das richtig.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sosehr übrigens Bill Clinton mit seinem Ausspruch „It’s the economy, stupid“ in mancherlei Hinsicht recht hatte – Wirtschaft ist wahrlich wichtig –, ist sie nicht alles. Insofern – auch wenn es manche nicht gern hören wollen – sage ich – aus dem Osten unseres Landes kommend – noch mal: Viele der strukturellen, nachhaltigen wirtschaftlichen Probleme und auch die der Eigentums- und Vermögensverteilung bestehen wegen der Vorgänge in den Jahren vor 1989 und nicht wegen jener danach.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Es lohnt, sich daran zu erinnern; denn in diesen Tagen vor 50 Jahren wurden die letzten privaten Familienunternehmen in Ostdeutschland verstaatlicht – 11 000 Betriebe gab es noch –; am 13. Juli 1972 meldete Erich Honecker den Abschluss der Verstaatlichungskampagne an Breschnew. Damals und noch viel früher wurden die Probleme geschaffen, die wir zum Teil heute noch haben. Es ist gut, dass manche durchgehalten und nach der Wiedervereinigung wieder investiert haben oder das Unternehmen, in dem sie zuvor als Angestellter im ehemals eigenen Betrieb tätig sein mussten, wiederbelebt haben. Ich nenne als Beispiele die Sika Werke in Leipzig, die Firma Kathi in Halle oder Schuke Orgelbau in Potsdam; sie stehen für viele.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer unser Land durch eine Brille der Unterschiede betrachtet, der wird zwangsläufig irgendwo in allen Himmelsrichtungen Spaltungen erkennen. Es gibt aber viele Themen, die für unser ganzes Land wichtig sind. Es geht um gleichwertige – nicht um gleiche – Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Es geht um Mobilität, Bildung, Chancen, Demografie und Fachkräfte, und das beschäftigt viele Regionen in unserem Land.

Der Osten unseres Landes sollte sich darauf konzentrieren, eigene Stärken zu entwickeln und auszubauen, statt andere Regionen zu kopieren. Und wir haben dort Stärken, nämlich eine starke Wissenschaftslandschaft und die Verkehrsinfrastruktur. Wir haben aber in ganz Deutschland einiges zu tun, um unser Planungs- und Genehmigungsrecht zu vereinfachen. Davon würde die ganze Republik profitieren,

(Christian Dürr [FDP]: Richtig! Richtig!)

aber auch und gerade Ostdeutschland. Unser Planungs- und Genehmigungsrecht muss ein Ermöglichungsrecht werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

Wir müssen in Generationen denken, unsere Vorhaben aber endlich in überschaubaren Zeitfenstern realisieren.

Was mir besonders wichtig ist, ist, dass wir viel mehr gesamtdeutsche Debatten brauchen, schon im Allgemeinen, aber jetzt ganz besonders über unser Geschichtsbild. Was ist eigentlich unsere historische Verantwortung, auch gegenüber unseren Nachbarn in Europa? Ich sage das hier nicht, um ohne Grund Kritik zu üben, auch nicht aus Häme. Aber mich hat es beschämt, was in den letzten Jahren zum Teil los war, zum Beispiel, als 2017 durch mein Bundesland NATO-Truppentransporte stattfanden, weil die Polen und Balten nach der Annexion der Krim und den Ereignissen in Georgien darum gebeten hatten. Da hat der Ministerpräsident meines Bundeslandes die Sicherheitsbedenken Polens als „Befindlichkeiten“ disqualifiziert.

Kollegin Teuteberg, wir haben Ihre drei Minuten wirklich verteidigt gegen die Überziehung.

Ja. – Wir sollten deutlich machen: Wir werden gemeinsam außenpolitisch und sicherheitspolitisch erwachsen, wir machen Außen- und Sicherheitspolitik mit und nicht gegen unsere Nachbarn.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU/CSU hat nun der Kollege Sepp Müller das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534700
Wahlperiode 20
Sitzung 24
Tagesordnungspunkt Bundeskanzleramt (einschl. Ostdeutschland, Integration und Kultur)
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