23.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 24 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 05

Carsten KörberCDU/CSU - Auswärtiges Amt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es herrscht Krieg in Europa. Stand heute dauert der Angriffskrieg, den Russland gegen die Ukraine führt, exakt vier Wochen. Seit einem Monat töten russische Raketen, Bomben und Granaten. Sie töten Frauen, Kinder, junge und alte Männer, unschuldige Zivilisten und Soldaten. Die Opfer Wladimir Putins gehen in die Zigtausende. Zu diesen Opfern zähle ich ausdrücklich auch die einfachen russischen Soldaten. Ihre Befehlshaber haben ihnen gesagt, es gehe ins Manöver, und plötzlich fanden sie sich in einem Krieg gegen Brüder, gegen Freunde, gegen Verwandte wieder. Für eine solche Tragödie die richtigen Worte zu finden, ist wahrlich nicht leicht.

Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Frau Baerbock, die Art und Weise, wie Sie als Außenministerin unser Land in den vergangenen Wochen repräsentiert haben – sei es auf einer Pressekonferenz mit dem notorischen Lügner und russischen Außenminister Lawrow, sei es vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen –, Ihr Auftreten, aber auch Ihre klaren Worte haben unserem Land zur Ehre gereicht. Dafür danke ich Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Eine solche Klarheit in der Sprache, eine solche Haltung und eine solche Präsenz würde ich mir allerdings auch vom Bundeskanzler wünschen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was Bundeskanzler Scholz hier abliefert – oder eben auch leider nicht abliefert –, verletzt beinahe schon die Würde des Amtes.

(Frank Schwabe [SPD]: Unverschämtheit!)

Wo ist der Bundeskanzler? Wo ist seine politische Führung? Wo war er am vergangenen Donnerstag? „ Schande“, „Blamage“, „Tiefpunkt“, „würdelos“, „zum Fremdschämen“, so lauteten am Freitag vergangener Woche die Schlagzeilen zum Abtauchen des Bundeskanzlers nach der Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Das muss man erst mal fertigbringen: Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wird in aller Öffentlichkeit von einem Staatsoberhaupt in höchster Not persönlich angesprochen. Und was tut der Kanzler? Nichts. Er sitzt mucksmäuschenstill auf der Regierungsbank. Es wäre Scholz’ moralische Pflicht gewesen, dem ukrainischen Präsidenten direkt zu antworten.

Warum hat der Bundeskanzler nicht reagiert? Ich verstehe es nicht. Kanzler und Bundesregierung haben doch in den letzten Wochen eine durchaus beeindruckende Reihe von Entscheidungen getroffen, etwa die Zustimmung für das 100-Milliarden-Euro-Paket für die Bundeswehr. Darauf könnte man doch stolz sein. Warum also dieses Schweigen? Ich kann es mir nur so erklären, dass die Bundesregierung die öffentliche Debatte scheut, damit die Widerstände oder auch die widerstrebenden Interessen innerhalb der Ampelkoalition nicht zutage treten.

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Genau! Deshalb haben wir eine Sondersitzung gemacht! Ganz genau! Damit es nicht auffällt!)

Wir brauchen aber in dieser Zeit eine Regierung, die einig und geschlossen ist, und zwar nach innen und nach außen. Als Bürger dieses Landes hoffe ich wirklich, dass sich diese Koalition noch finden wird.

Ob der Ampel dabei ausgerechnet der aktuelle Haushaltsentwurf weiterhilft, darf gerne bezweifelt werden. Der Finanzminister und sein Staatssekretär haben in der vergangenen Woche den Regierungsentwurf vorgestellt, in unserer Arbeitsgruppe, aber auch im Haushaltsausschuss. Und da war mit Händen greifbar, wem beide politisch näherstehen und mit wem sie lieber regieren wollten, wenn sie denn könnten.

(Frank Schwabe [SPD]: Sagen Sie es mal! Verraten Sie es mal!)

Aber Regieren ist kein Wunschkonzert, und das lernt die Ampel gerade.

Wir debattieren jetzt den Etat des Auswärtigen Amts. Liebe Frau Baerbock, Sie haben offensichtlich gut mit dem BMF verhandelt. In den Verhandlungen ist für den Einzelplan 05 noch einiges dazugekommen. Aber Knackpunkt bei diesem Einzelplan ist und bleibt der stark abknickende Finanzplan. Da hat sich Finanzminister Lindner leider ein schlechtes Beispiel an seinem Amtsvorgänger genommen. Die Finanzplanung ist allerdings Regierungshandeln; das Parlament, aber auch wir Haushälter haben darauf leider relativ wenig Einfluss. Trotzdem kann ich Ihnen die Unterstützung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der Frage des abknickenden Finanzplans versichern.

Liebe Frau Baerbock, lassen Sie sich bitte von dem vielleicht auch unerwartet klaren und starken Lob zu Beginn nicht täuschen.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Auftreten ist zweifelsohne beeindruckend.

(Michael Roth [Heringen] [SPD]: Sie wissen doch, warum Sie sie gelobt haben!)

Das heißt aber nicht, dass wir uns in den nächsten Wochen den Etat nicht ganz genau anschauen. Das ist keine Drohung, sondern im besten Sinne ein Versprechen. Ich freue mich auf gute, spannende, konstruktive Beratungen über einen neuen Etat – mit alten und neuen Kollegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als letzter Redner für diesen Einzelplan erhält das Wort für die SPD-Fraktion Christian Petry.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534732
Wahlperiode 20
Sitzung 24
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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