Wolfgang StefingerCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich hatte in meiner letzten Rede zum entwicklungspolitischen Bericht schon darauf hingewiesen, dass sich der Entwicklungsetat in den letzten 16 Jahren unter Angela Merkel verdreifacht und in der Amtszeit von Gerd Müller verdoppelt hat.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Ja, wer hat es durchgesetzt?)
Ich hatte Ihnen in der letzten Debatte gesagt, dass Sie meinen Respekt haben, wenn Ihnen Ähnliches gelingt. Ich stelle heute fest: 16 Jahre Unionsregierung: Anwachsen des Etats. 100 Tage Ampel: Kürzung um 12,6 Prozent.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine schallende Ohrfeige für unsere Partnerländer. Sie senden damit ein fatales Signal in diese krisengeschüttelte Welt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Volkmar Klein [CDU/CSU]: Schwache Ministerin!)
Ich will Ihnen das auch begründen. Thema Menschenrechte: Bei allen Besuchen in den Ländern, bei allen Programmen und Projekten fordern wir zu Recht – zu Recht! – von unseren Partnerländern die Einhaltung der Menschenrechte ein. Wir fordern Rechtsstaatlichkeit, unabhängige Justiz und Demokratie. Ich frage Sie von der Ampel jetzt allen Ernstes: Was erzählen Sie denn unseren Partnern nach dem Hofknicks von Minister Habeck in Katar, einem Land, das bekanntlich kein Vorzeigeland bei den Themen „Menschenrechte“ und „gute Arbeitsbedingungen“ ist? Wie wollen Sie dieses Thema weiterhin glaubwürdig vertreten?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber was mich wirklich ärgert, Frau Ministerin: dass Sie kein einziges Wort – kein einziges Wort! – dazu verlieren, dass nun auch mit Katar eine Wasserstoffkooperation eingegangen wird. Ich frage Sie: Was ist mit Afrika? Was ist mit den begonnenen Energiepartnerschaften mit Marokko, mit Tunesien? Was ist mit der Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie, der Partnerschaften mit den Ländern Afrikas?
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist kein Entweder-oder!)
Wann, wenn nicht jetzt, Frau Ministerin, hätten Sie ein Signal nach Afrika senden können – ein Signal der vertieften Zusammenarbeit, ein Signal der Kooperation, ein Signal an die Staatschefs, dass sich Reformen lohnen!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihr Haus, Frau Ministerin, heißt auch „wirtschaftliche Zusammenarbeit“. Dazu hört man von Ihnen nichts, nur eines – das zeigt ein Blick in den Haushalt –: Die Mittel werden gekürzt. Ich erwarte eine Antwort von Ihnen, wie Sie eigentlich neue Jobs auf dem afrikanischen Kontinent fördern und unterstützen wollen – ohne Wirtschaftskooperationen, ohne wirtschaftliche Zusammenarbeit. Afrika braucht 20 Millionen Jobs pro Jahr, und ich höre von Ihnen nichts. Wie setzen Sie den Marshallplan mit Afrika um? Wie wollen Sie die deutsche Wirtschaft unterstützen, in Afrika zu investieren?
Ich frage Sie: Haben Sie Minister Habeck darauf hingewiesen, dass wir eine hervorragende Ausgangslage bei den Energiepartnerschaften mit afrikanischen Ländern haben und dass es eine Win-win-Situation wäre, hier auf Afrika zuzugehen? Das würde in diesen Ländern Wachstum, Jobs und Wohlstand sowie gleichzeitig Energie für Deutschland und Europa bedeuten.
Interessant wird auch die neue Freundschaft der Grünen mit Katar beim Thema „feministische Außen- und Entwicklungspolitik“ werden.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich habe im Übrigen in Ihrem Haushalt keinen Ansatz für Ihre feministische Entwicklungspolitik gefunden. Vielleicht zeigen Sie mir mal den Titel. Ansonsten war es nur heiße Luft, eine Schlagzeile, ein Schaufensterthema und am Ende sogar noch Etikettenschwindel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob Sie Ihren Koalitionsvertrag nicht neu verhandeln müssen. Sie schreiben in Ihrem Koalitionsvertrag, dass Sie sich „für nachhaltige Entwicklung, den Kampf gegen Hunger und Armut, Klimagerechtigkeit, Biodiversität“ einsetzen. Alles hehre Ziele! Die Wahrheit ist: Sie kürzen die Mittel für das Welternährungsprogramm um 56 Prozent.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Pfui!)
Sie kürzen das Sonderprogramm „Eine Welt ohne Hunger“ um 60 Millionen Euro.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Pfui!)
Meine Damen und Herren, wir steuern auf die größte Hungersnot seit Jahren zu, und Sie kürzen die Mittel für Hungerbekämpfung.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Unglaublich!)
Der Chef des World-Food-Programms hat dieser Tage gesagt: Ich muss entscheiden, ob ich die Kinder in der Ukraine, im Jemen oder in Äthiopien hungern lasse, weil das Geld nicht reicht.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Pfui!)
Das ist Ihre Politik. Gleichzeitig kürzen Sie die Mittel zur Stabilisierung für Nordafrika um über 20 Millionen Euro, also für genau die Staaten, die von den ausbleibenden Weizenlieferungen am meisten betroffen sind.
Frau Ministerin, es reicht nicht, hier schöne Reden zu halten, heiße Luft zu produzieren. Heute las ich wieder die Schlagzeile: Sie warnen vor der Hungersnot. – Ich sage Ihnen etwas: Warnen Sie nicht, handeln Sie!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie treiben die Länder in die Hände Chinas, wenn Sie so weitermachen.
Aber ich frage mich ohnehin, was die außenpolitische Rolle dieser Regierung ist. Offenbar sollten die Kollegen der FDP recht behalten, die in der Haushaltsdebatte 2020 gesagt haben – ich zitiere –: Wenn Olaf Scholz Kanzler wird, rutscht Deutschland in die internationale Bedeutungslosigkeit ab.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Ja, so ist es offenbar. Aber die FDP macht mit. Bravo! Herzlichen Glückwunsch!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lesen wir weiter im Koalitionsvertrag – er ist ja ein spannendes Märchenbuch –: Wir fördern die Zivilgesellschaft, die Gewerkschaften, die politischen und privaten Stiftungen und die Kirchen. – Die Wahrheit ist: Sie kürzen bei den Medien – Stichwort „Pressefreiheit“ – 10 Millionen Euro. Sie kürzen bei den politischen Stiftungen – Stichwort „Demokratiebildung vor Ort“ –, Rückgang um 15 Millionen Euro. Sie kürzen bei der Entwicklungszusammenarbeit der Kirchen – Brot für die Welt, Misereor etc. –, Rückgang um 20 Millionen Euro.
(Zuruf von der CDU/CSU: Skandalös!)
Glaubwürdigkeit sieht anders aus.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber bei einem Punkt kürzen Sie nicht: wenn es um die Versorgung von Genossen geht. 20 neue hochdotierte Stellen im Ministerium, mehrere Millionen Euro Pensionsrückstellungen pro Jahr nicht mitgerechnet: Hier wird nicht gekürzt.
Frau Ministerin, Sie haben mit Christian Lindner schlecht verhandelt. Die Haushaltspolitik dieser Regierung ist eines: Sie ist unsolide, undurchsichtig und hat mit nachhaltiger Finanzplanung nichts zu tun. Sie wird vor allem der Rolle Deutschlands in keiner Weise gerecht. Sie halten Versprechen nicht ein. Sie lassen den Globalen Süden im Stich. Ich sage Ihnen: Hören Sie auf mit dieser Schaufensterpolitik und den Solidaritätsbekundungen! Hören Sie auf mit warmen Worten und Warnungen! Handeln Sie endlich!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Deborah Düring für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534763 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 24 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |