24.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 25 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 15

Tino SorgeCDU/CSU - Gesundheit

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Bundesgesundheitsminister, ich habe wirklich das Gefühl: Täglich grüßt das Murmeltier. – Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier in der Haushaltsdebatte mal wirklich über Grundsatzfragen des Haushaltes reden,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dass wir darüber reden, wie wir langfristig unser Gesundheitssystem finanzieren, und nicht, dass Sie hier schon wieder die Impfpflichtdebatte vom Zaun brechen. Aber das zeigt mir einmal mehr, dass offensichtlich eine sehr hohe Nervosität bei Ihnen herrscht; denn die allgemeine Impfpflicht, für deren Mehrheit Sie hier werben, hat in diesem Haus keine Mehrheit, lieber Kollege Lauterbach.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Man kann sagen, dass Haushaltsdebatten auch immer etwas ganz Besonderes sind; denn wir debattieren eben über grundsätzliche Fragen. Aber in Anbetracht dessen, was die Ampel und was auch Sie sich in den letzten Tagen wieder geleistet haben, ist das hier überhaupt nichts. Es gibt widersprüchliche Aussagen des Bundesgesundheitsministers zur Finanzierung des Gesundheitssystems. Da gibt es einen Referentenentwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, der publik wird, und einen Tag später sagen Sie, es gebe gar keinen Entwurf. Deshalb: Lieber Bundesgesundheitsminister, machen Sie endlich ernst! Bessere Kommunikation hatten Sie versprochen und angekündigt. Davon ist leider nichts zu sehen. Vielleicht klappt das ja in den nächsten Wochen und Monaten mal wieder besser.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auch wieder konstatieren, dass offensichtlich diese Einigkeit in der Ampel so nicht besteht, wenn der Bundesgesundheitsminister bei der Frage, wie er die Finanzierungslücke im Bereich der GKV decken will, verkündet, das sei mit dem Kanzler abgesprochen, das sei mit dem Bundesfinanzminister abgesprochen, und einen Tag später der Bundesfinanzminister Lindner sagt, das seien individuelle Vorstellungen des Kollegen Lauterbach. Wenn dann auch noch der Finanzstaatssekretär sagt, man warte erst mal die Ergebnisse des Schätzerkreises im Herbst ab, dann kann ich nur sagen: Wer so widersprüchlich Finanzplanung betreibt, wird keinen Erfolg haben, und – noch viel schlimmer – wer solche Kabinettskollegen hat, der braucht wahrlich keine Opposition, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es scheint ja mittlerweile schon zum guten Ton zu gehören, dass auch innerhalb des Bundeskabinetts Ihre Vorstöße, lieber Herr Bundesgesundheitsminister, nur noch zu Schulterzucken führen. Beim Infektionsschutzgesetz haben Sie den Bundesjustizminister bei der Frage der Hotspots überrascht,

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wegen!)

beim GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ausgerechnet den Finanzminister. Insofern kann ich Ihnen nur sagen: Die Finanzierung des Gesundheitssystems ist eine Teamaufgabe, und diese Teamaufgabe sollten Sie in der Ampelkoalition auch erfüllen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich würde ja auch mal was Positives sagen. Aber wenn ich mir ganz objektiv die Fakten anschaue, dann kann ich bisher sagen: Jedes einzelne Projekt der Ampel ist ein Flop. Ich sage Ihnen auch, warum. Feststellung der Pandemielage: im November, in die Delta-Welle hinein, aufgehoben. Genesenenstatus: Chaos mit Ansage, deutscher Sonderweg; alle europäischen Länder machen was anderes.

(Enrico Komning [AfD]: So ist es!)

Finanzstabilisierungsgesetz: auf Eis gelegt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie sieht es denn mit eurem Finanzkonzept aus?)

Allgemeine Impfpflicht: entgegen der Behauptung, die Sie hier aufstellen, keine Mehrheit im Parlament. Infektionsschutzgesetz: ging haarscharf am Koalitionsbruch vorbei. Triage-Entwurf: offene Arbeitsverweigerung gegenüber dem Bundesverfassungsgericht.

Und letztendlich – das darf ich und das kann ich Ihnen hier leider auch nicht durchgehen lassen –: Sie stellen sich hierhin, loben die Pflegekräfte, loben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im medizinischen System, im Gesundheitssystem. Seit über vier Monaten warten wir auf den Coronabonus für die MFAs, für die ZFAs. Jetzt machen Sie endlich ernst mit den Ankündigungen! Wir haben hier einen Antrag gestellt. Stimmen Sie diesem Antrag zu,

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

um diese Wertschätzung auch tatsächlich konkret den Menschen vor Ort zu zeigen!

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da klatscht sogar Die Linke!)

Und: Die Liste wird ja immer länger. Das Schlimme an der ganzen Situation ist, dass man sich hier vorkommt wie der Mahner und das Gefühl hat: Täglich grüßt das Murmeltier. – Wir haben Sie schon vor Wochen gebeten, dass Sie als BMG mal eine Vorhabenplanung vorlegen. Sie sind mittlerweile über 100 Tage im Amt. Es gibt keine konkrete Vorhabenplanung.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen schon, was los ist, oder? Wissen Sie schon, oder? Ein bisschen was mitgekriegt haben Sie vielleicht!)

Es gibt keine Planung, welche Vorhaben Sie wann, wie, in welcher Zeitschiene umsetzen wollen.

(Beifall der Abg. Emmi Zeulner [CDU/CSU])

Und auf das, was Sie sagen, kann man sich wegen der Halbwertszeit ja leider nicht wirklich verlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Weil wir bei den Problemen sind: Ich hätte mir schon gewünscht, dass Sie hier auch mal einige Sätze dazu sagen, wie es bei den Krankenkassenfinanzen weitergehen soll, wie es im Herbst weitergeht und insbesondere wie es bei der Pflegeversicherung weitergehen soll. Sie vertagen die Frage der auskömmlichen Finanzierung der Pflegeversicherung auf 2023 und verlagern sie in eine Kommission. Sie geben keine Perspektive bei der Frage der Krankenhauslandschaft. Ich kann Ihnen sagen: Diese Aufschieberitis wird Ihnen auf die Füße fallen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampelkoalition.

(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt 16 Jahre lang aufgeschoben! 16 Jahre lang! – Gegenruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das kann doch keiner mehr hören! – Weiterer Gegenruf des Abg. Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Meine Güte!)

– Kommen Sie jetzt nicht mit dem Argument, wer in den letzten Jahren regiert hat; das waren nämlich auch die Kollegen der SPD. Aber ich will uns das jetzt alles ersparen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, ist auch besser!)

Was ich bemerkenswert finde, ist, dass die Ampel in der Haushaltsplanung für 2023 vorsieht – meine Kolleginnen und Kollegen werden dazu noch konkreter was sagen –, den Etat des BMG um zwei Drittel zu kürzen. Da frage ich Sie allen Ernstes: Ist das genau die Wertschätzung, die Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesgesundheitsministeriums, die Sie dem Gesundheitssystem entgegenbringen, die Sie hier immer proklamieren? Das ist fahrlässig. Das Gesundheitsressort spart am falschen Ende, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Deshalb lassen Sie mich zum Schluss, lieber Herr Bundesgesundheitsminister, noch sagen: Sie haben vor einigen Tagen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Brief geschrieben, in dem Sie ihnen nach 100 Tagen im Amt gedankt haben. Sie haben geschrieben, dass Sie den Beschäftigten für die Arbeit im Ausnahmezustand ausdrücklich danken. Das ist richtig. Sie haben gleichzeitig aber auch darauf hingewiesen, dass die Arbeitsbelastung, also der permanente Ausnahmezustand im Arbeitsalltag, letztendlich zu vermeiden sein sollte. Deshalb kann ich leider nur sagen: Wenn Sie das getan hätten, was Sie sagen, dann hätten Sie keine Kürzung des BMG-Etats von 65 Prozent bereits im Entwurfsstadium zugelassen.

Und deshalb meine Bitte, die Bitte unserer Fraktion: Lassen Sie sich bei den Haushaltsberatungen nicht vom Bundesfinanzminister über den Tisch ziehen. Sprechen Sie vorher mit den Kolleginnen und Kollegen, sodass das, was Sie hier ankündigen, auch synchron zu dem ist, was Sie dann tatsächlich machen.

Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Sorge. – Wir kommen jetzt zur Kollegin Dr. Paula Piechotta für Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534807
Wahlperiode 20
Sitzung 25
Tagesordnungspunkt Gesundheit
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