24.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 25 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 06

Andrea LindholzCDU/CSU - Inneres und Heimat

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Investitionen in die Sicherheit – sie sind nicht immer populär, aber sie sind zwingend notwendig. Deshalb hat auch schon die letzte Bundesregierung unter der Führung der Union in den letzten acht Jahren massiv in die innere Sicherheit investiert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben den Haushalt des Bundesinnenministeriums von 5,9 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf knapp 15 Milliarden Euro im vergangenen Jahr fast verdreifacht. Es ist gut, Frau Ministerin, dass Sie diesen Weg weiter gehen; es ist gut, dass wir weitere Aufwüchse sehen. Und ich unterstütze ausdrücklich auch die Wiedereinführung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage und sehe das als ein sehr gutes Zeichen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Daniel Baldy [SPD] – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Aha!)

Zum Thema Bevölkerungsschutz will ich an dieser Stelle aber kritisch anmerken – ich werde dazu später noch kommen –: Das reicht leider bei Weitem nicht aus. Um Sicherheit zu gewährleisten, brauchen wir neben Geld auch Weitsicht, und wir brauchen die Bereitschaft, Führungsverantwortung zu übernehmen. Und das, liebe Frau Ministerin, vermisse ich an der einen oder anderen Stelle.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mit Ihrem Aktionsplan Rechtsextremismus betreiben Sie vor allem eines, und das ist Augenwischerei. Denn vieles aus dem Plan hatten wir schon in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht. Ich nenne hier das Förderprogramm „Demokratie im Netz“ oder auch den Lagebericht über Rechtsextremismus im öffentlichen Dienst.

Um rechtsextreme Netzwerke auch effektiv aufdecken zu können, brauchen die Sicherheitsbehörden aber an moderne Methoden angepasste Befugnisse. Es reicht nicht, dass ich den Festnetzanschluss abhören oder SMS-Nachrichten lesen darf. Wenn ein entsprechender Verdacht vorliegt, dann muss es mir auch möglich sein, Messengerdienste mit Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung zu erfassen.

(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])

Da ist es eben nicht ausreichend, wenn wir hier keine entsprechenden Befugnisse haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der Aufnahme der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine verweigern Sie beharrlich die Übernahme der Führungsverantwortung in unserem Land. Nach wie vor kommen täglich teilweise mehr als 10 000 Frauen und Kinder nach Deutschland.

(Zuruf der Abg. Dunja Kreiser [SPD])

Seit Wochen warnen Polizei und Helfer vor Pädophilen und Menschenhändlern, die dieses Chaos ausnutzen. Und trotzdem: Es gibt zwar in der Zwischenzeit endlich mehr Präsenz der Bundespolizei an den Bahnhöfen,

(Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

aber es gibt immer noch keine Schutzzonen und keine geordnete Aufnahme. Und das geht einfach nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Johannes Fechner [SPD])

Es gibt auch bis heute, trotz Ihrerseits immer wieder vorgenommener Ankündigungen, keine systematische Registrierung bei der Einreise, so wie es die Polen machen. Wir wissen eben nicht genau, wer in unser Land kommt. Die Verteilung in unserem Land funktioniert eben nicht reibungsfrei. Sie muten hier den Kommunen ganz massive Belastungen zu.

Bei mir im Wahlkreis ist gestern ein Bus mit Flüchtlingen angekommen, die eigentlich nach Niedersachsen hätten fahren sollen. Sie waren zutiefst verunsichert, sie waren verängstigt, und es war auch für die Helfer vor Ort eine sehr schwierige Situation.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Ich wollte auch lieber nach Niedersachsen! – Zuruf der Abg. Dunja Kreiser [SPD])

Vor drei Tagen sind bei uns Busse überhaupt nicht angekommen, obwohl die Helferinnen und Helfer stundenlang gewartet haben – um dann kurz vor Mitternacht zu erfahren, dass die Busse gar nicht erst abgefahren sind. Ich bringe das bewusst als Beispiel; sie sind in Berlin nicht abgefahren.

(Zurufe der Abg. Sebastian Hartmann [SPD] und Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Gegenruf des Abg. Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Hört doch wenigstens mal zu! Es ist nicht komisch!)

Es ist wichtig, dass wir den Ehrenamtlern danken. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Ministerin, damit frustrieren Sie die Ehrenamtler. Dieses Chaos müssen Sie sofort abstellen! Wir müssen wissen, wer kommt, und die Kommunen vor Ort müssen informiert sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es braucht den nationalen Krisenstab, und es braucht auch den nationalen Flüchtlingsgipfel. Und wenn Sie hier schon nicht auf die Union hören, damit Verbesserungen eintreten, dann hören Sie doch wenigstens auf die kommunalen Spitzenverbände, die das fordern, auf die Hilfsorganisationen wie die Diakonie, auf die Länder und auf Ihre Koalitionspartner; denn die alle wissen aus gutem Grund, warum sie diesen Gipfel fordern. Das ist keine Zeit des Abwartens, das ist auch keine Zeit für Befindlichkeiten einer Ministerin, sondern es ist eine Zeit des Handelns. Bitte handeln Sie hier endlich!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wirklich große Sorge bereitet mir der Umgang der Ampel mit dem Bevölkerungsschutz. Am Dienstag sagte Bundesfinanzminister Lindner hier an dieser Stelle – ich zitiere aus dem Protokoll –: „Fraglos ist der Zivilschutz im Kern natürlich eine Aufgabe der Länder.“ Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist fraglos falsch. Gemäß Artikel 73 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes ist der Zivilschutz ausschließlich Aufgabe des Bundes, und der Bund unterstützt die Länder auch im Katastrophenfall.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Da muss ich mich wirklich wundern: Nach zwei Jahren Corona, nach der Flut und jetzt nach der wirklich erschreckenden Bedrohung durch Russland ist diese Ahnungslosigkeit des Bundesfinanzministers in keinster Weise mehr nachvollziehbar.

(Zuruf von der CDU/CSU: Erschreckend!)

Sie fordern zu Recht, dass die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro gestärkt wird. Das ist gut, das ist richtig, und das ist wichtig. Aber das Bundesamt für Bevölkerungsschutz ist mindestens auch wichtig, wenn nicht ebenso wichtig, weil es die zweite Seite der Medaille der äußeren und inneren Sicherheit darstellt.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz wird mit mickrigen 10 Millionen Euro jetzt im zweiten Entwurf zusätzlich gefördert. Armin Schuster, der Präsident des BBK, hat angekündigt, dass er noch 135 Millionen Euro braucht, um all das, was wir in der letzten Legislaturperiode beschlossen haben, umzusetzen. Er bekommt zusätzlich 10 Millionen. Das ist viel zu wenig und reicht gerade einmal, um Warn-SMS zu versenden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie investieren keinen zusätzlichen Euro in Sirenen, in die NINA-Warn-App, in die nationale Reserve für Trinkwasser, Notstrom, Gesundheit und Notunterkünfte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist fahrlässig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben doch gesehen, was wir brauchen: Wir brauchen ein resilientes Deutschland. Wir haben hier im vergangenen Jahr, in der letzten Legislaturperiode, die Neuausrichtung des BBK mit seiner Zentralstellenfunktion beschlossen. Wenn Sie wollen, dass dieses Amt den Anforderungen gerecht werden kann, dann braucht es, verdammt noch mal, eine bessere finanzielle Grundausstattung; sonst schaden Sie dem Bevölkerungsschutz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bitte Sie dringend, an der Stelle nachzubessern – dringend!

Ich will zum Abschluss sagen: Wenn Sie es ernst meinen mit der zivilen Verteidigung, mit der Warnung, mit der Neuausrichtung des BBK und seiner Zentralstellenfunktion, dann brauchen wir für die nächsten zehn Jahre ein Sondervolumen von mindestens 10 Milliarden Euro. Deshalb bitte ich Sie alle nachdrücklich: Wir müssen an dieser Stelle für einen Zivilschutz und einen besseren Bevölkerungsschutz in Deutschland nachbessern.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Lindholz. – Als nächste Rednerin erhält die Kollegin Jamila Schäfer, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534858
Wahlperiode 20
Sitzung 25
Tagesordnungspunkt Inneres und Heimat
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