Christina StumppCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben es bereits gesagt, doch ich möchte noch einmal darauf hinweisen, weil man es gar nicht häufig genug sagen kann: Sie stocken im Haushalt das Personalbudget um 20 Prozent auf, und die Land- und Forstwirtschaft hat die Abstriche zu verkraften.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte deshalb gerne aufzeigen, wo das Geld in Ihrem Ressort nötiger gebraucht wird als im Aufbau eines Beamtenapparats.
Der deutsche Wald ist die grüne Lunge und wichtiger Klimaschützer unseres Landes. Er bindet rund 14 Prozent des jährlichen CO2-Ausstoßes. Außerdem ist er ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und sichert viele Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen. Seine Bedeutung, aber auch seine Gefährdung nimmt durch den Klimawandel ständig zu. Deshalb müssen wir den Wald der Zukunft jetzt gemeinsam gestalten.
Um die Wälder klimaresistenter aufzuforsten, sind im vorliegenden Haushalt für den Zeitraum 2022 bis 2026 nun 900 Millionen Euro vorgesehen. Das sind 180 Millionen Euro pro Jahr. Zwar ist eine grundsätzliche Unterstützung für den Umbau unserer Wälder begrüßenswert, aber dazu wird das Geld bei Weitem nicht reichen. Das Thünen-Institut geht davon aus, dass dafür in den kommenden 30 Jahren insgesamt 14 Milliarden Euro notwendig sein werden, eher sogar 43 Milliarden Euro, weil Dürre, Stürme und Borkenkäferplagen von Jahr zu Jahr zunehmen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bricht man den Betrag auf die Jahre herunter, bedeutet das, dass wir für den Waldumbau zwischen 466 Millionen und 1,4 Milliarden Euro pro Jahr veranschlagen müssen. 180 Millionen Euro sind da viel zu knapp bemessen und somit ein Tropfen auf den heißen Stein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Frage, wie die Honorierung von Ökosystemleistungen für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung pragmatisch erfolgen soll, ist noch offen. Aber eines ist gewiss: Auch dafür werden wir öffentliche Gelder bereitstellen müssen; das hat selbst die EU mit ihrer Waldstrategie 2030 festgehalten.
Aber wir brauchen nicht nur Gelder für den Waldumbau, sondern auch für den Bereich der Tierhaltung. Wenn wir den gesellschaftlichen Forderungen, mehr für das Tierwohl zu tun, nachkommen wollen, werden dafür finanzielle Fördermittel notwendig sein; denn ohne zusätzliche Gelder kann auch dieser Umbau nicht gelingen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Bundesregierung will eine verbesserte Tierhaltung erreichen, indem sie sich für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung und eine EU-weit einheitliche Regelung einsetzt.
(Beifall der Abg. Esther Dilcher [SPD])
Die EU will diese Option für weitere bestimmte Lebensmittel prüfen und gegebenenfalls bis zum vierten Quartal 2022 einen Vorschlag vorlegen. Aber vom Warten werden keine Ställe umgebaut, und es wird auch nicht mehr Tierwohl erzeugt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Frankreich hat es im Rahmen eines Modellprojektes vorgemacht: Ab dem 1. März dieses Jahres müssen dort Restaurants und Kantinen die Herkunft des angebotenen Schweine-, Geflügel- und Lammfleischs angeben. Wir brauchen in Deutschland deshalb eine Kombination aus Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichnung wie die 5‑D-Kennzeichnung, die garantiert, dass das jeweilige Tier in Deutschland geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet und verarbeitet wurde, und zwar so schnell wie möglich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das gibt unseren Verbraucherinnen und Verbrauchern die notwendige Gewissheit und sichert das Tierwohl. Unsere Landwirtinnen und Landwirte brauchen dafür Rechtssicherheit beim Baurecht und beim Immissionsschutz, aber sie brauchen auch Fördergelder; denn mehr Tierwohl wird sich nicht nur durch den Ladenpreis finanzieren lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Borchert-Kommission hat hierzu Vorschläge für die Finanzierung gemacht, beispielsweise über eine höhere Mehrwertsteuer für alle Fleischprodukte. Die Konzepte liegen auf dem Tisch. Setzen Sie sie bitte um!
(Beifall bei der CDU/CSU – Carina Konrad [FDP]: Das ist ja ein toller Vorschlag!)
Nicht nur die Borchert-Kommission hat bereits hervorragende Arbeit geleistet; auch die Zukunftskommission Landwirtschaft, kurz: ZKL, hat ausgezeichnete Vorschläge ausgearbeitet, damit unsere heimische Landwirtschaft auch weiterhin ein starker und wertvoller Bestandteil in unserem Land bleiben kann. Dafür, so die ZKL, brauche es Wertschätzung, Wertschöpfung, die Steigerung des Klima- und Umweltschutzes und der Biodiversität sowie wirtschaftliche Tragfähigkeit und Planungssicherheit für die Landwirtschaft, insbesondere für unsere Junglandwirtinnen und Junglandwirte.
(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Machen wir ja! Haben Sie 16 Jahre nicht gemacht!)
Die Empfehlungen dafür wurden im Spannungsfeld von Agrar-, Umwelt- und Gesellschaftspolitik gemeinsam errungen. Deshalb sollten die Kompromisse der ZKL unbedingt in die Arbeit der Regierung mit einbezogen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Wandel unserer Landwirtschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ökologisches Handeln muss in ökonomischen Erfolg umgesetzt und finanziell angemessen unterstützt werden. Die ZKL hat gezeigt, wie sinnvoll runde Tische sind.
Sehr geehrter Herr Minister, ich möchte zum Abschluss noch einen Appell an Sie richten: Berufen Sie jetzt einen Lebensmittelgipfel ein!
(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)
Die Auswirkungen des schrecklichen Krieges in der Ukraine zeigen uns, wie fragil der Markt auch hier in Deutschland ist. Sie zeigen uns, dass alle voneinander abhängig sind und wir gerade in solch einer schwierigen Situation wie dieser oftmals zu wenig Verständnis für die Nöte der anderen haben. Deshalb brauchen wir jetzt unter Einbeziehung der Politik einen runden Tisch –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– mit den Vertretern der gesamten Wertschöpfungskette: vom Acker über die Ladentheke bis hin zum Verbraucher.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.
Denn wie sagte der Agrarwissenschaftler und Friedensnobelpreisträger Norman Borlaug: „Mit leeren Mägen und menschlichem Elend kann man keine friedliche Welt aufbauen.“
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein Zitat von einem Nobelpreisträger geht noch; aber achten Sie bitte ein wenig auf Ihre Redezeiten. – Als nächste Rednerin erhält das Wort für die SPD-Fraktion Peggy Schierenbeck.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534889 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 25 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |