24.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 25 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 10

Peggy SchierenbeckSPD - Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin! Sehr geehrter Minister Cem Özdemir! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In dem Spruch „Der Mensch ist, was er isst“ liegt sehr viel Wahrheit, und deswegen brauchen wir eine Ernährungsstrategie. Kaum ein Politikbereich betrifft die Menschen in unserem Land so unmittelbar wie die Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik; das merken wir gerade in diesen Tagen. Wir alle wollen gesundes Essen auf dem Tisch haben; doch in der Praxis ist das oft gar nicht so einfach. Dass wir etwas ändern müssen, darin sind wir uns alle einig. Es liegt also nicht an der Zielsetzung.

Wir wollen eine gesunde Ernährung zu angemessenen Preisen, Transparenz für den Verbraucher, Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei der Herstellung unserer Lebensmittel, eine artgerechte Tierhaltung und eine angemessene Entlohnung unserer Landwirte. Bisher ist es aber leider so: Die einfachste und billigste Wahl beim Essen und beim Einkauf ist oft die ungesunde: billig für die Hersteller, aber teuer für unsere Gesundheit und unsere Umwelt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Folge: Krankheiten, die durch eine unausgewogene Ernährung begünstigt werden, nehmen in Deutschland stark zu. Es gibt einen deutlichen Trend zu Übergewicht und Adipositas und dadurch zu Herz- Kreislauf-Erkrankungen. Ein großes Problem ist der viel zu hohe Konsum von verstecktem Zucker; in Deutschland liegt dieser deutlich über der Empfehlung der WHO.

Die Ampel steht für eine neue Ernährungspolitik, die auf Gesundheit und Nachhaltigkeit setzt und Verbraucherinnen und Verbraucher viel stärker als bisher unterstützt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir planen daher bis 2023 eine umfassende Ernährungsstrategie. Es muss für alle leichter werden, sich gesund zu ernähren, unabhängig von Bildungsstand, Herkunft und finanziellen Möglichkeiten. Studien zeigen, dass sich insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Familien ungesünder ernähren und dass sie häufiger von ernährungsbedingten Krankheiten betroffen sind. Für mich steht fest: Eine wirksame und nachhaltige Ernährungsstrategie muss insbesondere diese Kinder in den Blick nehmen; denn gesunde Ernährung ist auch eine Frage sozialer Gerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ziel der Strategie ist es, faire Ernährungsumgebungen zu schaffen. Das beinhaltet einen einfacheren Zugang zu nachhaltigen Angeboten, verständliche Informationen und mehr Preisanreize für die nachhaltigere Wahl. Zu den Bausteinen der Ernährungsstrategie gehören: Modellprojekte für eine kostenlose, gesunde und nachhaltige Schulverpflegung, keine an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett und Salz, ein verpflichtender Nutri-Score, und zwar europaweit, sowie verbindliche Reduktionsziele für den Gehalt von Zucker, ungesunden Fetten und Salz in Nahrungsmitteln. Der Blick in die Nachbarländer, zum Beispiel nach Großbritannien, zeigt, dass dies nicht zulasten des Geschmacks gehen muss.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese längst überfälligen Ziele wollen wir möglichst schnell in die Tat umsetzen. Für den Ernährungsbereich gilt: Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit. Wissenschaftler, Ärztinnen und Ärzte, Fachverbände, Krankenkassen und Verbraucherschützer/-innen fordern schon lange ein Umdenken in der Ernährungspolitik, zumal ernährungsbedingte Krankheiten jährlich rund 70 Milliarden Euro an gesundheitlichen Folgekosten verursachen – 70 Milliarden! Es ist also eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es geht um die Gesundheit und um die Entwicklungschancen unserer Kinder und Jugendlichen. Ein Weiter-wie-bisher ist die teuerste Lösung.

Damit es für alle leichter wird, sich gesund zu ernähren, drehen wir an vielen Stellschrauben. Dazu gehört, gesunde Produkte finanziell attraktiver und ungesunde Produkte entsprechend ihren Folgekosten teurer zu machen. Auch die Verursacher der Folgekosten müssen mehr zur Verantwortung gezogen werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem wollen wir eine pflanzenbasierte, proteinreiche Ernährung fördern. Weniger Fleisch und weniger tierische Produkte insgesamt sind gut fürs Klima und für die Gesundheit. Im Rahmen der Eiweißpflanzenstrategie wollen wir pflanzliche Alternativen stärken. An die Bundesregierung gerichtet, sage ich: Vielen Dank für die Unterstützung!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, genau das ist für mich eine aktiv gestaltende Ernährungspolitik. Es geht nicht darum, dass uns der Staat vorschreibt, was wir essen sollen,

(Klaus Stöber [AfD]: Aha! Das macht er aber!)

sondern es geht darum, dass er die Rahmenbedingungen – auch sozialpolitisch – schafft, damit eine gesunde Ernährung für alle leichter möglich ist.

An dieser Stelle möchte ich noch mal betonen, wie wichtig daher eine ressortübergreifende Zusammenarbeit ist. An der Ernährungsstrategie sollen neben dem BMEL auch das Gesundheits-, das Umwelt- sowie das Arbeits- und Sozialministerium beteiligt werden.

Ich freue mich darauf, zusammen mit unserem Ernährungsminister Cem Özdemir

(Die Rednerin weist auf die Regierungsbank)

und meinen Kolleginnen und Kollegen aus der Ampelkoalition den Aufbruch in der Ernährungspolitik voranzubringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es tut doch auch mal gut, hier eine gewisse Begeisterung für die Regierungsbank rüberzubringen; das ist ja nicht immer so.

Jetzt erhält das Wort für die AfD-Fraktion die Abgeordnete Ulrike Schielke-Ziesing.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534890
Wahlperiode 20
Sitzung 25
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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