25.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 26 / Einzelplan 11

Ulrike Schielke-ZiesingAfD - Arbeit und Soziales

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Heil! Meine Damen und Herren! Die Ampel ist mit großen Versprechungen angetreten. Zur Finanzierung der hehren Ziele von Klimarettung, Gleichstellung und Migrationspolitik sollten sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand. Von Priorisierung war im Koalitionsvertrag die Rede. Was damit gemeint ist, das sehen wir heute: mehr Geld fürs Klima, weniger für die Menschen.

Schon im ersten Entwurf des Bundeshaushaltes sollte am Etat für Arbeit und Soziales gespart werden, und nun, im vorliegenden zweiten Entwurf, wird noch weiter gekürzt. Konkret heißt das: 2,8 Milliarden Euro weniger will der Staat für Sozialleistungen ausgegeben, davon alleine 1,8 Milliarden Euro weniger für ALG‑II-Empfänger. Ich frage mich, was Sie zu diesem Optimismus verleitet, dass wir in Zukunft weniger Bedarf an sozialen Hilfen haben werden. Zwei Jahre Coronamisswirtschaft hat schon heute viele Betriebe und wirtschaftliche Existenzen gekostet. Viele hängen am Tropf des Kurzarbeitergeldes. Nun kommt der Krieg in der Ukraine dazu. Schon nach einem Monat sehen wir, welch verheerende Auswirkungen die Engpässe bei Benzin und Energie auf Liefer- und Produktionsketten haben. Die ersten Speditionen haben bereits aufgegeben. Viele Betriebe werden das nicht überleben.

Wir alle wissen: Die Rezession wird kommen, und der Bedarf an Sozialleistungen wird steigen, nicht sinken. Das bestätigt auch das ifo-Institut, das mit weniger Wachstum und hohen Inflationsraten rechnet, zudem mit einer deutlichen Zunahme von Kurzarbeit. Wie solide ist eine Haushaltsplanung, die das nicht berücksichtigt?

(Beifall bei der AfD)

Finanzminister Lindner hat ja angekündigt, wegen der Ukrainekrise einen Ergänzungshaushalt einzubringen. Dort werden wir dann sicher eine Erhöhung dieser Haushaltspositionen wiederfinden. Aber es ist dann doch Augenwischerei, in diesem Haushaltsentwurf zu sparen, in der Gewissheit, die fehlenden Gelder an anderer Stelle wieder einzubringen. Der Bundesrechnungshof sagt: Der Bundeshaushalt muss robust, resilient und nachhaltig gestaltet werden. -Man könnte ergänzen: auch mit Ehrlichkeit. Im aktuellen Entwurf wird der Bundesagentur für Arbeit ein Darlehen in Höhe von 1 Milliarde Euro eingeräumt. Im ersten Entwurf war noch von einem Zuschuss die Rede. Aber wir wissen doch schon heute: Das wird nicht reichen. Denn die BA hat bekanntlich keine Rücklagen mehr, und wir werden in Zukunft mit mehr statt mit weniger Kurzarbeit rechnen müssen, wohlgemerkt: das alles, bei möglichst gleichbleibenden Beiträgen. Am Ende heißt das: Aus den Krediten werden dann doch Zuschüsse. Das sollte man dann auch so benennen.

(Beifall bei der AfD)

Wesentlich bedenklicher ist aber Folgendes: Die Bundesregierung hat 2018 per Gesetz beschlossen, in den Jahren 2022 bis 2025 Sonderzahlungen von zunächst 500 Millionen Euro jährlich an die allgemeine Rentenversicherung als Finanzierungssockel zu überweisen. Im ersten Regierungsentwurf der alten Regierung finden wir diese Zahlen auch. Im aktuellen Regierungsentwurf sind sie verschwunden.

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Weil sie nicht gebraucht werden!)

Die Begründung aus der Kabinettsvorlage ist abenteuerlich. Dort heißt es – ich zitiere –: Laut der aktuellen Rentenschätzung wird die Beitragssatzobergrenze nach § 287a Absatz 1 SGB VI bis zum Jahre 2025 nicht überschritten. Damit entfällt die Notwendigkeit der Sonderzahlungen des Bundes an die allgemeine Rentenversicherung nach § 287a SGB VI.

(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Sie können ja lesen!)

Um das jetzt auch gesetzlich zu stützen, wurde im Referentenentwurf von Mittwoch dann mal eben der § 287a SGB VI aufgehoben – also: ein generelles Wegfallen des Zuschusses ab 2023 – und im Bundeshaushaltsgesetz der Zuschuss für 2022 gestrichen. So schnell geht das, wenn Wille und Geld nicht da sind. Das ist keine zukunftsorientierte Rentenpolitik; das ist Politik nach Kassenlage wie in einer Bananenrepublik.

(Beifall bei der AfD)

Herr Minister Heil, Sie haben vor drei Jahren gesagt: Die Rente ist ein „Kernversprechen des Sozialstaates“. Aber was ist aus diesem Versprechen geworden? Keine Einigung der Ampel auf eine Rentenreform, kein Sparen für die zu erwartende Rentenlücke ab 2025. Das ist keine vorausschauende Planung. Sie fahren auf Sicht.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Gelder für neue Maßnahmen, die im Koalitionsvertrag angekündigt waren, finden sich in diesem Entwurf überhaupt nicht, andere wichtige Maßnahmen wurden gekürzt. Beispielsweise beim Fonds zur Abmilderung von Härtefällen in der Rentenüberleitung. Nach vielen Jahren des Wartens fanden sich im ersten Entwurf der alten Regierung endlich 1 Milliarde Euro zum Aufbau dieses Fonds. Im zweiten Entwurf wurde der Betrag auf 500 Millionen Euro gekürzt. Diese 500 Millionen Euro sind ein Tropfen auf den heißen Stein und werden nicht einmal ansatzweise ausreichen. Beispielsweise beim Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, die Rentenversicherung mit einem Kapitalstock von 10 Milliarden Euro auszustatten. Darauf werden wir alle noch lange warten müssen, wenn nicht einmal zugesagte Zahlungen in Höhe von 500 Millionen Euro an die Rentenversicherung geleistet werden können.

Insgesamt ist der Haushalt, dieser Einzelplan enttäuschend. Ich stelle fest: Die Kürzungsvorgaben sind zu rigoros und die Prioritäten der Regierung falsch. Ich habe deshalb wenig Hoffnung, dass hier in den Haushaltsberatungen noch entscheidend nachgebessert werden kann.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der AfD)

Nächste Rednerin: für die FDP Claudia Raffelhüschen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534935
Wahlperiode 20
Sitzung 26
Tagesordnungspunkt Arbeit und Soziales
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