Kathrin MichelSPD - Arbeit und Soziales
Frau Präsidentin! Lieber Herr Minister Heil! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Cesceni knjenje a knjeza! Seit Dienstag beschäftigen wir uns hier im Parlament mit dem Haushaltsentwurf in all seinen Facetten. Wir haben viele Reden gehört, Reden über einen Haushalt in herausfordernden Zeiten. Doch eines habe ich in diesen Reden vermisst, etwas, das ich angesichts der aktuellen Lage und vielfältigen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, für besonders wichtig, ja, entscheidend erachte: das Übernehmen von Verantwortung – Verantwortung für Kommendes, Verantwortung dafür, in Zeiten wie diesen einen Haushalt aufzustellen, der gerecht und gleichermaßen auskömmlich ist. Denn wir stehen vor einer entscheidenden Zeitenwende: sicherheits- und energiepolitisch, wirtschaftlich wie auch gesellschaftlich. Es sozial gerecht zu gestalten, alle mitzunehmen, das muss doch unser aller Anspruch sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Jetzt ist nicht die Zeit für rückwärtsgewandte Schuldzuweisungen und Drohgebärden. Jetzt ist Zeit für kluge Entscheidungen, für konstruktive Zusammenarbeit.
(Beifall bei der SPD)
Es ist Zeit für fraktionsübergreifende Zusammenarbeit. Jetzt ist Zeit dafür, die Zeitenwende finanziell und sozial sicher zu gestalten. Und jetzt ist Zeit dafür, Verantwortung zu übernehmen. Genau dafür steht die Ampelkoalition mit unserem Bundeskanzler Olaf Scholz an ihrer Spitze.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP])
Im Einzelplan 11 des BMAS sind Ausgaben von über 160 Milliarden Euro vorgesehen – 160 Milliarden Euro für unseren Sozialstaat, 160 Milliarden Euro für die existenzielle Sicherheit eines jeden Einzelnen und 160 Milliarden Euro für den sozialen Frieden in Deutschland.
Eine globalisierte, sich schnell ändernde Arbeitswelt, die sich zusätzlich dem demografischen Wandel und der Digitalisierung zu stellen hat, verlangt immer wieder nach neuen Antworten. Dachten wir zu Anfang, die Bewältigung der Covid‑19-Pandemie wäre unsere größte Herausforderung in diesen Zeiten: Weit gefehlt, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Putin führt einen verabscheuungswürdigen Angriffskrieg in der Ukraine und hat sich schuldig gemacht, dass Millionen von Ukrainerinnen und Ukrainern aus ihrer Heimat flüchten müssen. Sie flüchten in ihre Nachbarländer, aber auch zu Tausenden nach Deutschland. Es liegt doch jetzt in unserer Verantwortung, auch diesen Menschen in Deutschland Sicherheit und, über den Moment hinaus gedacht, die Chance für einen Neuanfang zu bieten.
Wir gehen davon aus, dass viele der Ukrainerinnen und Ukrainer hier in Deutschland arbeiten wollen. Es sind überwiegend Frauen, die zu uns kommen, gut ausgebildet, mit Fachschulabschlüssen. Um sicherzustellen, dass sie eben nicht auf Helfertätigkeiten ausweichen müssen, sondern ihren Ausbildungen entsprechend eingesetzt werden können, ist die berufsbezogene Deutschsprachförderung zwingend notwendig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Bereits jetzt ist absehbar, dass die Deutschförderung nicht hinlänglich finanziert sein wird, und darum müssen wir gewährleisten, dass die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Grundlage des Haushaltsentwurfs waren Prognosen, die eine Erholung des Arbeitsmarktes nach der Covid‑19-Pandemie voraussagten. Nun lässt der Krieg unsere Lieferketten stocken, Energiepreise in die Höhe schnellen, und wieder sind Arbeitsplätze in Gefahr. Darum ist es für unsere Volkswirtschaft existenziell, dass wir das Kurzarbeitergeld weiter als stabile Brücke vorhalten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es ist das wirksamste Mittel, die Menschen in Arbeit zu halten und Entlassungen vorzubeugen.
Wir haben mit einem ausgewogenen Einzelplan sicherzustellen, dass das BMAS weiter so sicher und zuverlässig seinen zahlreichen Aufgaben nachgehen kann. Dazu gehört es, mittels einer gezielten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik entsprechend zu reagieren, aber auch im Besonderen vorausschauend agieren zu können. Ziel dabei ist es, dass so viele Menschen wie möglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Wir finanzieren Arbeit statt Arbeitslosigkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir wollen Mitbestimmung, Respekt und Sicherheit, und das gilt selbstverständlich auch für die Menschen, die neu zu uns kommen. Sie alle brauchen zur Teilhabe eine Perspektive, eine verlässliche Unterstützung, und dafür müssen wir entsprechende Beratungsangebote ausbauen.
Der Sozialstaat muss vor Lebensrisiken schützen und verlässlich bleiben. Damit der Sozialstaat leistungsfähig und verlässlich bleibt, müssen wir die nötigen Mittel klug und nachhaltig einsetzen. Ein Sparen um des Sparens willen wäre fatal und verantwortungslos.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir als SPD stellen ganz klar die Menschen in den Mittelpunkt der Sache. Das, was sie für eine gute Arbeit und eine auskömmliche soziale Sicherung in verschiedenen Phasen des Lebens benötigen, stellen wir ihnen zur Verfügung.
Die Bundesagentur für Arbeit ist das zentrale Organ für den sozialen Arbeitsmarkt. In Zeiten der Coronapandemie hat die Bundesagentur mit dem Instrument der Kurzarbeit eine Brücke gebaut, sodass Arbeitsplätze erhalten werden konnten und die Volkswirtschaft nicht größeren Schaden genommen hat. Nun führt Putin Krieg, und die aktuellsten Prognosen zeigen heute, dass eine Verdopplung der Zahl der ursprünglich erwarteten Bezieher/-innen von Kurzarbeitergeld mehr als wahrscheinlich ist – eine Verdopplung, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Das im vorliegenden Entwurf des Einzelplans 11 angedachte Darlehen für die Bundesagentur für Arbeit ist nicht das geeignete Mittel der Wahl.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Ulrike Schielke-Ziesing [AfD])
Es führt in Gänze zu einer Schwächung der Handlungswirksamkeit. Wir benötigen jetzt eine starke Agentur, die jederzeit in der Lage ist, angemessen und flexibel auf die sich abzeichnenden Herausforderungen zu reagieren – eine Agentur ohne Schulden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Helmut Schmidt sagte richtig: In der Krise zeigt sich der Charakter. – Wir stehen für den sozialen Zusammenhalt und ein solidarisches Miteinander. Diese Aufgabe steht im Mittelpunkt dieses Haushalts. Das ist unsere Verantwortung. Das ist Sicherheit im Wandel. Ich freue mich auf erfolgreiche Beratungen.
Vielen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7534939 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |