25.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 26 / Tagesordnungspunkt 1

Bettina HagedornSPD - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2022

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Kommen wir zurück zur Sachebene.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Sachlicher geht’s nicht! Schauen wir mal, wie viele Zahlen jetzt kommen!)

– Lieber Herr Kollege Oßner, um es denen zu sagen, die es nicht wissen: Ich bin seit 20 Jahren im Haushaltsausschuss.

(Otto Fricke [FDP]: Kann ich bestätigen!)

Das ist heute das 21. Mal, dass ich in der Schlussrunde einer ersten Lesung eines Bundeshaushaltes bin, und ich dachte, ich hätte schon alles erlebt. Diese Lesung hat mir gezeigt: Nein, das ist nicht so.

Weil das so ist, lieber Kollege Oßner, kann ich mich auch sehr lebhaft an drei Große Koalitionen erinnern, wo ich mit den Kolleginnen und Kollegen der Union im Haushaltsausschuss besser zusammengearbeitet habe, als das manche in der Öffentlichkeit wahrhaben wollten. Und weil das so ist, bin ich bitter von Ihnen enttäuscht, nicht nur von Ihrer Rede jetzt, sondern leider von fast allen Debattenbeiträgen in dieser Woche. Um zu erkennen, dass das, was Sie hier die ganze Woche mantraartig vortragen, die Quadratur des Kreises bedeutet, „da reicht Grundschule Sauerland vierte Klasse, die vier Grundrechenarten“, hätte unser alter Chef Franz Müntefering gesagt.

Auf der einen Seite stellen Sie immer neue Forderungen – jetzt gerade wieder Steuersenkungen; Otto Fricke kann seine Liste noch ein bisschen verlängern –, auf der anderen Seite fordern Sie Mehrausgaben, machen keine Kürzungsvorschläge, wollen natürlich keine Steuererhöhung, auch nicht bei den Reichen, sondern Steuerentlastung. Das Ganze ist natürlich unsolide. Dass Sie dann gegenüber uns und dem Finanzminister einen unsoliden Haushalt bemängeln,

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Weil es so ist!)

das ist geradezu absurd.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diese Ampelregierung ist schon in den Koalitionsverhandlungen in dem Bewusstsein gestartet, dass wir große Krisen zu schultern haben, deren Bewältigung, lieber Kollege Bury, eben so wichtig für die nächste Generation ist. Man kann Krisen meistens nicht bewältigen, indem man in sie hineinspart, sondern man muss schon investieren, um den Kindern eine gute Zukunft mit einer guten Infrastruktur zu ermöglichen. Die Bewältigung der Klimakrise, des Klimawandels ist eine ganz große, zentrale Aufgabe dieser Ampelregierung, zu der wir uns bekennen. Auf der anderen Seite haben wir eine zweijährige Coronapandemie, von der wir hofften – hofften! –, dass wir sie bald bewältigen würden

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Aber Sie haben doch beschlossen, dass sie vorbei ist! Die FDP hat beschlossen, dass sie vorbei ist! – Christian Haase [CDU/CSU]: Die ist doch vorbei nach Ihrer Meinung!)

dank guter Impfstoffe und auch dank guter Prognosen, was unsere wirtschaftliche Entwicklung anbelangt. Und dann folgte jetzt am 24. Februar der Überfall Putins auf die Ukraine mit heute noch gar nicht absehbaren Folgen. Wir wissen nicht, wie lange der Krieg dauert. Wir wissen nicht, wie viele Tote, wie viele Opfer, wie viele Flüchtlinge er bringen wird. Und wir wissen auch nicht, was dieser Krieg mit der Wirtschaft, nicht nur in Europa und in Deutschland, sondern in der ganzen Welt, macht.

Alle, die mal Haushaltspolitik gemacht haben, wissen, dass dies Einfluss auf die Eckdaten hat, nämlich die Prognosen, wie viele Steuern wir wohl einnehmen werden, wie viele Sozialbeiträge wohl eingezahlt werden, wie viel wir für Kurzarbeitergeld und andere Dinge ausgeben müssen, die uns immer – auch in der Großen Koalition – gut durch die Krisen gebracht haben. Wir haben das gemeinsam gemacht.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sie haben doch vorher alles schlechtgeredet! Das ist aber ganz neu!)

Und das, was wir gemeinsam gemacht haben, kritisieren Sie heute. Das ist komplett geschichtsvergessen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Weil das so ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es ausgesprochen klug, dass diese Regierung verabredet hat, jetzt einen ersten Entwurf vorzulegen, den Herr Merz hier deswegen verspottet hat, weil er „Kernhaushalt“ genannt wurde. In Wahrheit ist es aber so. Und es ist für die Regierung auch alternativlos,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: „Alternativlos“!)

wenn sie uns als Parlament so früh wie möglich in die Haushaltsberatungen miteinbeziehen will. Darum war es richtig, dass die Regierung nach ihren Beratungen, ihren Ressortgesprächen, die ja schon abgeschlossen waren, als der Ukrainekrieg begann, uns diesen Haushalt vorgelegt hat. Wir haben ihn diese Woche debattiert. Beschämend ist aber, dass viele Rednerinnen und Redner der CDU/CSU der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut haben – das ist noch eine harmlose Formulierung; man könnte auch sagen: belogen haben –, indem sie kritisiert haben, was in diesem Haushalt alles noch nicht drinsteht.

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Ja, was steht denn drin? – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Was ist denn daran eine Lüge? Bleiben Sie mal bei der parlamentarischen Ausdrucksweise!)

Kann es ja auch gar nicht, weil es ja einen Ergänzungshaushalt gibt! Am 27. April werden wir uns, wie der Minister gerade gesagt hat, damit befassen. Wir Haushälter – Herr Oßner, Sie sind doch nicht erst seit gestern im Haushaltsausschuss,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Eben, deshalb! Erzählen Sie doch mal die Wahrheit hier!)

Sie wissen es doch – werden bis zur Bereinigungssitzung am 19. Mai diese Haushalte zusammenführen, wir werden sie verändern; denn das ist das Budgetrecht des Parlamentes.

(Zuruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU])

Wir werden auch den 100‑Milliarden-Topf für die Bundeswehr beraten. Wir werden dafür sorgen, dass es starke parlamentarische Rechte bei den Entscheidungen und der Kontrolle über diesen Etat gibt. Das ist in Anbetracht der Krisen und der Herausforderungen, vor denen wir stehen, eine sehr angemessene, eine verantwortungsvolle Arbeit.

Und wissen Sie was? Statt das zu kritisieren, sollten Sie lieber was dazu sagen: Was ist eigentlich Ihre Rolle in einer solchen Krise? Was erwarten die Menschen von Ihnen? Sie erwarten von Ihnen, dass Sie konstruktiv mitmachen. Ich würde mir wünschen, dass Sie dazu zurückkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Huch! Ich habe Wasser verschüttet.

Einen kleinen Moment bitte noch! Wir müssen hier vorne etwas reparieren.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534984
Wahlperiode 20
Sitzung 26
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2022
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