25.03.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 26 / Tagesordnungspunkt 1

Ingeborg GräßleCDU/CSU - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2022

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch die Damen und Herren Minister begrüßen. Ich finde es beachtlich, dass Sie hier sind. Jetzt haben wir 35 Stunden miteinander den Haushaltsentwurf debattiert. Herr Kollege Fricke, es ist der Haushaltsentwurf der Regierung und nicht der der Opposition.

(Beifall bei der CDU/CSU)

35 Stunden ungefähr saßen wir hier zusammen. Ich muss Ihnen sagen – das ist meine erste Haushaltsberatung im Deutschen Bundestag; aber ich habe schon ein paar Jahre im Landtag verbracht, und ich habe 15 Jahre im Europaparlament verbracht –: Ihr müsst hier etwas ändern. Ihr müsst anders miteinander umgehen. Das kann so nicht bleiben.

(Otto Fricke [FDP]: Das sagt die Richtige!)

Ich bin überrascht über die Plattitüden und die Belehrungen, die hier ganz junge Leute, die ganz, ganz, ganz unerfahren sind, den anderen geben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Was für eine Arroganz! – Gegenruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das ist doch das, was wir hier die ganze Zeit gehört haben!)

Warum tut ihr das? Ihr benehmt euch, als hättet ihr das Rad und das Schießpulver gleichzeitig erfunden.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das ist ja ein Trauerspiel! Schlimm! Kinderstube?)

Im Zweifel müssen bei euch Eigenlob und Schuldzuweisungen herhalten, und das ist dann eine Haushaltsberatung.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist einfach zu viel Arroganz bei der CDU-Fraktion!)

Ich möchte schon einmal darauf zurückkommen, was eigentlich der Kern der Kritik der Union ist. Der Kern der Kritik der Union ist, dass wir einen Haushaltsentwurf beraten, in dem alles falsch ist. Die Zahlen sind falsch. Die Einnahmen sind falsch. Die Ausgaben sind falsch. Und Sie beschäftigen uns damit, dass Sie sagen, dass das doch so sein muss.

(Florian Oßner [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Ich kann Ihnen sagen: Nein, es muss nicht sein.

(Marianne Schieder [SPD]: Kann es sein, dass Ihre Wahrnehmung falsch ist?)

Das Europäische Parlament hätte der Kommission einstimmig über alle Parteigrenzen hinweg diesen Haushaltsentwurf zurückgegeben. So doch nicht!

(Otto Fricke [FDP]: Frau Kollegin, Sie reden vom Haushalt des Bundes!)

Unsere Kritik besteht doch darin, dass wir gerne einen Haushaltsentwurf hätten, mit dem wir wirklich arbeiten können. Dann sagt die Frau Kollegin Hagedorn: Kommt noch, kommt noch. – Ja, prima, es kommt noch. Aber wir wollen die Dinge einfach beurteilen können.

Wir möchten übrigens auch gut behandelt werden. Gestern hat der Herr Finanzminister vor der Tür eine Pressekonferenz gegeben und dort ein Paket mit Entlastungen erklärt. Hier nicht. Wir haben hier zusammengesessen, und hier wurde davon nicht gesprochen. Der Einzige, der ein bisschen was angedeutet hat – dafür bin ich dankbar –, war der Herr Landwirtschaftsminister. Ich habe mir diese 35 Stunden wirklich angetan. Aber so kann man doch nicht miteinander umgehen, mit uns nicht, aber mit Ihnen doch auch nicht. Was lassen Sie sich alles von Ihren eigenen Leuten gefallen? Das ist ja beängstigend.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es besorgt mich, dass man mit Ihnen offensichtlich alles machen kann. Herr Kollege Kindler, mit denen, mit denen man es machen kann – das sage ich Ihnen aus langjähriger Erfahrung mit Regierungen –, mit denen macht man es auch. Warum bestehen Sie nicht darauf, dass Sie anständig behandelt werden?

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das doch mal Ihrer Fraktion!)

Das hätte den angenehmen Nebeneffekt, dass wir vielleicht auch besser behandelt werden.

Ich möchte noch sagen, was wir hier zum Thema Schuldenbremse gesehen haben. Die ganze Woche über hat beim Thema Schuldenbremse, Herr Finanzminister, nur die FDP geklatscht – immerhin. Aber nur mit der FDP werden Sie es nicht hinbekommen. Wir haben so viele Sollbruchstellen in diesem Haus gesehen, und wir fürchten natürlich, dass Sie der Finanzminister sein werden, der die größte Neuverschuldung ever in diesem Haus zu präsentieren hat. Genau auf diesem Weg sind wir inzwischen. Und warum sind wir auf diesem Weg? Weil der Haushaltsentwurf natürlich mitnichten konsolidiert ist, weil der Haushaltsentwurf überhaupt keine Einsparungen vorsieht. Er sieht auch überhaupt keine bessere Mittelverwendung vor. Aber ohne die geht es nicht. Dann aber zu sagen: „Jetzt müsst ihr aber mal den Vorschlag machen“, halte ich für ziemlich gewagt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese Woche war interessant. Wir haben in dieser Woche die Rückverpuppung der Ampel vom Schmetterling zur Raupe erlebt.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Ich kann verstehen, dass man damit fertig werden muss. Aber es kann doch nicht sein, dass wir in Selbstmitleid und in Schockstarre versuchen, eine Woche hinter uns zu bringen, die eigentlich dazu da ist, miteinander und gemeinsam Lösungen zu finden.

(Kevin Kühnert [SPD]: Es zwingt Sie niemand dazu! – Manuel Höferlin [FDP]: Sehr selbstgefällige Rede!)

Wir haben das Faktum, dass die Koalition in wesentlichen Fragen keine Mehrheit hat. Das ist der Elefant im Raum, um den es geht: die fehlenden Mehrheiten. Das haben wir beim Bundeswehrfonds, und das haben wir beim Infektionsschutzgesetz. Deswegen haben wir auch genau die Probleme, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Wir haben ein Infektionsschutzgesetz, das unter seinen Möglichkeiten bleibt, und deswegen haben wir hohe Inzidenzen. Deswegen geht die Coronapandemie weiter.

(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Statt einer Entideologisierung bei der Energiewende haben wir eine ideologisierte Energiewende mit dem Problem, dass wir dann Deutschland eben nicht sicher durch den Winter bringen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich verstehe ja, dass es schwierig ist, weil da viele über ihren Schatten springen müssen. Aber eine angemessene Unterstützung der Ukraine hätte Sie und uns von der Verantwortung vor der Geschichte entlastet. Sie werden sehen, die Lesart wird sein: Wir haben den Fehler gemacht, Aggression erst möglich gemacht zu haben.

(Marianne Schieder [SPD]: Das ist ja wohl bodenlos! Habt ihr das gehört?)

Vor diesem Diktum der Geschichte fürchte ich mich. Ich möchte auf jeden Fall, dass wir die alten Fehler nicht noch einmal machen. – Das tut weh; ich verstehe es.

Worüber ich eigentlich sprechen möchte, ist, dass wir neue Planungs- und Genehmigungsverfahren brauchen. Wir müssen Dinge verändern in diesem Land, und da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Erneuerbare Energien ausbauen? Unbedingt. Aber dazu gehört natürlich auch der Netzausbau. Ich weiß, Herr Wirtschaftsminister – Sie sind dran –: Mehr Windmühlen sind nicht das einzige Problem. Wir haben letztes Jahr 1 Milliarde Euro an Windkraftbetreiber gezahlt, damit sie die Windmühlen abschalten. Ich meine, was nützt es denn, wenn wir mehr Windmühlen aufstellen? Wir müssen die Probleme da lösen, wo sie sind. Da, muss ich sagen, hat die unterkomplexe Problemanalyse, die ich in all diesen Tagen gehört habe, auch nicht geholfen.

Ich habe es gestern gesagt: Wir haben in Schwäbisch Gmünd versucht, eine Wasserstofftankstelle zu machen. Da müssen Gemeinden eine Regelung umsetzen, wie sie für Großanlagen geplant ist. Das ist bitter; denn für einige ist es ein großer Aufwand. Andere Länder sind da besser. Es wäre gut, wenn wir hier eine Regulatorik hätten, die den Projekten und auch einer schnellen Umsetzung der Energiewende angemessen ist.

Ich möchte schon sagen, dass wir mit dem Paket gesehen haben, dass Dinge möglich sind, die am Dienstag noch für unmöglich erklärt wurden, zum Beispiel die Entlastung an der Zapfsäule. Ich finde es gut, dass Menschen an der Zapfsäule entlastet werden. Aber, Herr Finanzminister, die Entlastung über die Lohnsteuer ist schon ein bisschen gewagt und ziemlich pfiffig; denn die Hälfte bleibt gleich bei Ihnen.

Kollegin, –

Ja, ich weiß; ich muss aufhören.

– auch auf der Ersatzuhr leuchtet auf, dass Sie tatsächlich schon über die Redezeit sind.

Entschuldigen Sie bitte.

Setzen Sie bitte jetzt den Punkt.

Ich möchte Ihnen sagen, dass wir Ihnen im Haushaltsausschuss helfen werden.

(Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Oh!)

Aber Sie müssen auch dafür sorgen, dass man Ihnen helfen kann.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war wirklich sehr konfus! – Otto Fricke [FDP]: Na, wenigstens zum Schluss wurde es vernünftig!)

Während hier alles vorbereitet wird, ein Hinweis an die glücklicherweise wieder anwesenden Besucher, aber auch all diejenigen, die uns zuhören und zusehen: Wir sind in der Schlussrunde zu den Beratungen zum Haushalt 2022, welche von Dienstagmorgen bis jetzt andauerten.

Der voraussichtlich letzte Redner in dieser Haushaltsdebatte ist nun der Kollege Dennis Rohde für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7534994
Wahlperiode 20
Sitzung 26
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2022
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