06.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 27 / Zusatzpunkt 1

Patricia LipsCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Massaker der russischen Truppen an ukrainischen Zivilisten in Butscha

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Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ist es das Bild der rot lackierten Fingernägel einer ermordeten Frau? Ist es der Schlüsselbund mit Europafahne neben der Hand eines weiteren ermordeten Zivilisten? Oder ist es doch die laut tönende Sprachlosigkeit Präsident Selenskyjs in Butscha, die uns ebenso fassungs- wie sprachlos macht? Es sind Bilder von schwersten Menschenrechtsverletzungen und schlimmsten Kriegsverbrechen, die uns aus der Ukraine erreichen. Und nicht nur sie zeigen: Es geht bei diesem Angriffskrieg von Putin und seinen Schergen um die systematische Zerstörung eines ganzen Volkes, einer freiheitlichen Nation. Hier ist ein Kriegsverbrecher am Werk, der keine Grenzen mehr kennt.

Aber sehen wir solche Bilder wirklich zum ersten Mal? Nur 45 Kilometer von Butscha entfernt liegt Babyn Jar. 1941 ermordete hier die SS Tausende jüdische Männer, Frauen und Kinder. Vor genau 30 Jahren – nachher kommt noch die Debatte dazu in diesem Haus – begann die Belagerung der bosnischen Hauptstadt Sarajevo. Was folgte, war das schreckliche Sterben von Srebrenica. Haben wir das alles noch in Erinnerung? Deshalb, Kolleginnen und Kollegen, gilt doch heute umso mehr: Die Situation in der Ukraine ist fundamental und historisch. Der Ausgang dieses Krieges hat vor allem Auswirkungen für die Menschen dort, aber auch für unsere eigene Zukunft.

EU, NATO und weite Teile der Staatengemeinschaft stehen zusammen. Ein Sanktionspaket folgt dem nächsten. Und, ja Frau Lambrecht, es gilt: „Kein eigenes militärisches Einschreiten!“, um einen noch größeren Weltenbrand zu verhindern. Aber dann müssen wir doch diejenigen, die am Ende auch unsere Freiheit verteidigen – und das ist wörtlich zu nehmen –, umfassend in die Lage versetzen, dies tun zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sicher, auch unser Land tut viel. Allein die Hilfsbereitschaft unzähliger Menschen in diesem Land ist unschätzbar. Aber ich stelle dennoch die Frage: Kann diese Bundesregierung wirklich mit ruhigem Gewissen sagen: „Wir tun alles, um Putin zu stoppen“? Muss man nicht vielmehr sagen: „Von Anfang an stand der Eindruck im Raum, dass Deutschland mehr reagiere als agiere, und das oft auch nur auf Druck von außen, zumeist auf den letzten Metern, bis heute“?

Die Regierung hat beschlossen, Waffen zu liefern, so der Bundeskanzler noch vor wenigen Minuten an anderer Stelle hier in diesem Hause. Das ist gut. Aber, Herr Bundeskanzler, zur Wahrheit gehört doch, dass wir es erst getan haben, als alle anderen Partner bereits ihre Waffen auf den Weg gebracht hatten. Das gehört zur Wahrheit dazu! Wir liefern zu wenig, zu langsam und zu spät.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Kolleginnen und Kollegen, die weiteren Entwicklungen in diesem Krieg werden schneller kommen, als wir es heute erwarten – das ahnen wir doch jetzt schon –, auch beim Thema Energie. Ist dieses Land, ist diese Regierung darauf vorbereitet? Deshalb: Liefern Sie umgehend die Waffen, die die Ukraine jetzt benötigt, und nicht die, die Sie gegebenenfalls selbst für sinnvoll halten! Es ist möglich. Vor allem: Setzen Sie sich bei allen Sanktionen an die Spitze der Bewegung! Das ist keine Hybris; es wird von uns erwartet.

Aktuell prüfen Sie, ob es ein eigenes Gesetz braucht, um Rechtssicherheit bei der Umsetzung der Sanktionen zu bekommen. Okay! Aber wir haben in der Zwischenzeit das fünfte Sanktionspaket. Und jetzt fängt Deutschland an, zu prüfen, ob wir die Sanktionen überhaupt rechtssicher umsetzen können? Kein Wunder, dass Sie in diesem Haus Fragen gestellt bekommen, wie viel Sie von den Vermögenswerten der Oligarchen hier schon einfrieren konnten! Der Ukraine hingegen läuft die Zeit davon.

Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen. Darüber sind wir uns hier alle einig. Aber dann übernehmen Sie sichtbar Verantwortung und Führung in Deutschland, in Europa, in der Gemeinschaft unserer Partner.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der nächste Redner in der Debatte ist Jürgen Trittin, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535075
Wahlperiode 20
Sitzung 27
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Massaker der russischen Truppen an ukrainischen Zivilisten in Butscha
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