Thomas ErndlCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Massaker der russischen Truppen an ukrainischen Zivilisten in Butscha
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bilder, die wir täglich sehen, sind schockierend. Die Ukraine muss sich gegen einen brutalen Angriffskrieg, gegen schrecklichste Kriegsverbrechen zur Wehr setzen. Mutige Ukrainerinnen und Ukrainer stehen an der Front, in der direkten militärischen Auseinandersetzung. Aber angegriffen wurde nicht nur die Ukraine. Angegriffen wurde ganz Europa, und das, meine Damen und Herren, muss auch wirklich jeder in unserem Land verstehen. Wir können es uns nicht einfach weiter bequem machen, während in jeder Minute Menschen in der Ukraine sterben.
Darauf darf selbstverständlich auch der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hinweisen, den manche hier kritisieren, der unbequem ist – auch für uns –, aber dem ich danke, dass er in dieser schrecklichen Situation, in der Lage, in der sein Land ist, die bestmögliche Unterstützung für sein Land erreichen will.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, Butscha war ein Zivilisationsbruch. Butscha reiht sich ein in die schwersten Kriegsverbrechen in Europa, in schauderhafte Abgründe, von denen wir glaubten, dass wir sie in Europa nie wieder haben werden. Ganze Familien auf offener Straße erschossen – für nichts. Ganze Dörfer ausgelöscht – für nichts. Ganze Landstriche verwüstet – für nichts. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wieso lassen wir zu, dass aus dem „Nie wieder“ ein „Schon wieder“ in Europa geworden ist?
Es stehen schlimmste Wochen bevor. Die ukrainische Regierung hat vor wenigen Momenten wegen der erwarteten Großoffensive die Zivilbevölkerung dazu aufgerufen, die Ostukraine zu verlassen und alles für Evakuierungen zu tun. Da hilft letztendlich nur eines: entsprechende Verteidigungsfähigkeit.
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Ja!)
Wir müssen endlich alles dafür tun, dass dieser Kriegsverbrecher Putin gestoppt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da – das muss ich ehrlich sagen – ist die Zögerlichkeit dieser Bundesregierung in vielen Fragen nicht zu ertragen. Wir als Opposition haben gesagt, dass wir die Regierung in allem, was sie tut, um diesen Krieg zu stoppen, unterstützen. Aber wir können natürlich nicht das Nichtstun unterstützen.
Ich finde wichtig, dass Sie, Herr Bundeskanzler, zu dieser Aktuellen Stunde gekommen sind. In der Befragung der Bundesregierung vorhin aber zu sagen, diese Regierung liefere schließlich Waffen, was die vorhergehende nicht gemacht habe, das ist zu wenig; denn es muss immer auch an der Situation gemessen werden, in der wir sind. Frau Verteidigungsministerin, es ist kein überzeugendes Bild, das Sie abgeben. Die Geheimhaltung kann kein Feigenblatt für Untätigkeit sein, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Oje, oje, oje! Lieber Thomas, das kannst du besser!)
Das ist kein Bild, das wir uns ausdenken, sondern es sind die Fragmente, die wir aus Europa und der Ukraine bekommen, die dieses Bild zusammensetzen.
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Lesen hilft!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Führung bedeutet, ein klares Ziel zu formulieren, und das muss sein: Russland darf diesen Krieg nicht militärisch gewinnen, Russland darf in der Ukraine militärisch nicht erfolgreich sein. An diesem Ziel müssen wir unser Handeln ausrichten. Das bedeutet auch, dass wir in der Lage ankommen, dass wir hier nicht mit unserer „9 bis 16 Uhr“-Bürokratie unterwegs sein können.
Das heißt konkret, dass wir akzeptieren, dass dieser Krieg nicht in Wochen vorbei sein wird. Das heißt konkret, dass auch schwere Waffen einbezogen werden müssen. Es ist unverständlich, dass diese bisher immer von den Listen gestrichen worden sind und die Verantwortung zwischen Verteidigungsministerium und Kanzleramt hin- und hergeschoben wird. Diesem Ziel alles unterordnen heißt konkret, dass wir auch schwere Waffen westlicher Bauart brauchen werden. Meine Damen und Herren, es ist eine Entscheidung der Freunde in der Ukraine, ob sie diese personelle und zeitliche Investition tätigen wollen, und nicht unsere. Wir müssen uns darüber wenig Gedanken machen. Alles dem Ziel unterordnen, dass Russland nicht erfolgreich ist, heißt konkret auch, dass es nicht Wochen dauern darf, bis Genehmigungen erteilt werden für Gerät, welches in unserer Rüstungsindustrie verfügbar ist und sofort geliefert werden kann. Und – auch das ist wichtig – das heißt konkret, dass wir das Signal geben, dass die internationale Gemeinschaft Waffen, Munition, Betriebsstoffe liefert, solange es nötig ist.
Meine Damen und Herren, Butscha war aus Sicht von Wladimir Putin nur der Anfang. Er will die Ukraine auslöschen. Er will die Ukraine vernichten. Putin hat das öffentlich gesagt. Wir müssen ihn beim Wort nehmen. Ich rufe dazu auf, dass wir wirklich alles tun, um das zu verhindern. Ich rufe die Bundesregierung auf: Legen Sie das Zögern ab, gehen Sie beherzt voran! Dann haben Sie auch unsere Unterstützung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die letzte Rednerin in der Aktuellen Stunde: Derya Türk-Nachbaur, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535079 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 27 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Massaker der russischen Truppen an ukrainischen Zivilisten in Butscha |