Johannes Huberfraktionslos - Vereinbarte Debatte zum 30. Jahrestag des Kriegsbeginns in Bosnien-Herzegowina
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Eure Exzellenz! Während wir hier des Ausbruchs und der Folgen des blutigen Krieges in Bosnien gedenken, steht das Land in diesem Moment am Rande des nächsten Krieges. Der russische Botschafter Igor Kalabuchow droht unverhohlen mit einem ukrainischen Szenario, falls Bosnien den europäischen Weg einschlagen sollte.
Die Geschichte wiederholt sich nicht. Die Geschichte wiederholen Menschen. Wie vor 30 Jahren steht auch heute die westliche Wertegemeinschaft verwirrt daneben und träumt weiter von einem bosnischen EU- oder NATO-Beitritt. Doch das aus den Nöten des Krieges eilig zusammengezimmerte Dayton-System hat sich in der Zwischenzeit in etwas Surreales entwickelt: in ein kompliziertes System aus staatlichen, kantonalen und republikanischen Ebenen plus den Distrikt Brcko. Dieses System beschäftigt so viele Minister und Abgeordnete wie kein anderes Land in Europa. Über die Hälfte des BIP geht an diese Verwaltung, die in sich so korrupt und ineffizient ist, dass sie nur noch mehr Chaos schafft – ein Chaos, das dieses schöne Land leider so unlebenswert macht, dass Bosnien weltweit an der dritten Stelle bei der Talentabwanderung steht.
Wenn jemand die Möglichkeit hat, verlässt man das Land – es sei denn, man kann nicht oder man ist in das Klientelnetzwerk der ethnopolitischen Clans eingebunden. Diese Clans können nur in diesem Biotop existieren, und so tun sie auch nichts, um die Situation für die Menschen im Land zu verbessern. Im Gegenteil: Sie verhindern seit Jahrzehnten, dass Bosnien ein Wahlrecht bekommt, in dem jeder bosnische Bürger das gleiche Wahlrecht hat, unabhängig von Ethnie und Religion. Eine der wichtigsten Machtsäulen ist zudem der Hass gegen die andere Ethnie. Also wird versucht, das Prinzip der ethnischen Matrize in jeden Aspekt des Lebens zu zwängen.
Diese bosnische Misere ist nun schon seit 27 Jahren am Glimmen, und es hätte vielleicht noch 30 Jahre so weitergehen können. Doch jetzt stehen wir vor einer komplett neuen Ausgangssituation; denn die persönlichen und finanziellen Verbindungen von Dodik nach Russland sowie das Auftreten von Putins Diplomaten auf dem gesamten Balkan sprechen nicht dafür, dass es beim Glimmen bleibt.
Ich schließe daher mit einem Appell an den Hohen Repräsentanten Christian Schmidt, den mir bosnische Bürger persönlich zugetragen haben: Befreien Sie – so sagten sie mir – die bosnischen Bürger aus der Geiselhaft dieser ethnopolitischen Clans, und nutzen Sie dafür die Bonner Befugnisse! Ansonsten müssen wir alle zusehen, wie Europa in einen weiteren Krieg mit allen bekannten Konsequenzen hineingezogen werden kann. Das muss uns bewusst sein.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag erteile ich das Wort Philip Krämer, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535094 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 27 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zum 30. Jahrestag des Kriegsbeginns in Bosnien-Herzegowina |