06.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 27 / Tagesordnungspunkt 5

Tim KlüssendorfSPD - Steuerliche Entlastung für Bürger und Mittelstand

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mir den Antrag der AfD so anschaue

(Enrico Komning [AfD]: Drei Anträge!)

– ich spreche aber speziell zum steuerpolitischen Antrag –,

(Enrico Komning [AfD]: Das müssen Sie aber sagen!)

unabhängig von meiner grundsätzlichen Ablehnung – Sie können auch weiterreden; ich habe das Mikro, ich bin lauter –,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Enrico Komning [AfD]: Natürlich rede ich weiter!)

dann stellen sich mir zwei Fragen, zum einen nach der Absicht, nach der Motivation und zum anderen nach dem Handwerk, nach der Umsetzbarkeit.

Ich will mit der Umsetzbarkeit anfangen. Wir haben eben schon eine Menge gehört; der Kollege Mordhorst hat ja fein säuberlich ausgearbeitet, wie es mit dem Handwerk aussieht. Um noch mal auf Europa einzugehen: Dass Polen das jetzt versucht, heißt nicht, dass es dadurch rechtmäßiger wird. Alle anderen europäischen Staaten versuchen nämlich andere Wege, den Weg, den wir auch eingeschlagen haben, nämlich den zulässigen Weg über die Energiesteuer, und zwar über eine Absenkung und nicht über eine Abschaffung bzw. Aussetzung. Das ist auch der richtige Weg, der wird uns weiterbringen, und deswegen vertreten wir ihn auch.

(Beifall bei der SPD)

Was mich aber an dieser Debatte wirklich ärgert – deswegen möchte ich darüber auch ein bisschen ausführlicher sprechen –, ist, dass Sie – das hat auch Herr Gottschalk hier sehr ausführlich dargelegt – sich immer als Vertreter des kleinen Mannes und der kleinen Frau verkaufen.

(Enrico Komning [AfD]: Das sind wir!)

– Das sind Sie eben nicht.

(Enrico Komning [AfD]: Doch! Das sind wir!)

Wenn man nämlich die Wissenschaft zurate zieht – und ich weiß ja, dass Sie weder Freund der Wissenschaft noch der Demokratie sind –,

(Enrico Komning [AfD]: Fragen Sie doch mal den kleinen Mann!)

dann sollte man sich das Gutachten des ZEW aus dem letzten Jahr anschauen, das die Steuerprogramme der unterschiedlichen Parteien nebeneinanderlegt. Dann kann man nämlich sehen, welche Auswirkungen die gesamten steuerpolitischen Forderungen auf das verfügbare Jahreseinkommen haben. Ich habe mir vorhin noch mal die Zahlen angeschaut. Für alle Bruttojahreseinkommen bis 40 000 Euro werden Ihre Steuerentlastungen gerade mal 85 Euro mehr verfügbares Jahreseinkommen bringen.

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Bei den Jahreseinkommen bis 30 000 Euro werden es nur noch 22 Euro sein. Und bei Jahreseinkommen bis 20 000 Euro brutto gewinnen die Leute gerade mal 4 Euro dazu. Auf der anderen Seite: Bei einem Jahreseinkommen von 250 000 Euro plus sorgen Sie für 18 000 Euro mehr im Jahr. – Das ist Ihre Politik. Das ist wirklich eine Umverteilung von unten nach oben, wie sie nicht mal die FDP zu ihren besten Zeiten vorgeschlagen hat.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Sie müssen mal rechnen lernen in der Schule!)

Wenn Sie sich hierhinstellen und über Inflation sprechen und darüber, wie sehr die kleinen Leute darunter zu leiden haben, dann kann ich nur sagen: Ihr Antrag ist unglaubwürdig, weil er überhaupt nicht in Ihr steuerpolitisches Konzept passt. Wenn man sich nämlich anschaut, welche Steuern Sie alle abschaffen wollen – Grunderwerbsteuer, Grundsteuer, Erbschaftsteuer – und dass Sie die Vermögensteuer nicht wieder einsetzen wollen,

(Enrico Komning [AfD]: Gute Idee!)

dann ist klar, dass dadurch die Abhängigkeit von der Umsatzsteuer noch viel, viel größer würde. Und die wollen Sie jetzt absenken? Sie haben eh schon den Vorschlag mit dem größten fiskalischen Loch. Es stimmt hinten und vorne nicht. Das kann man nur ablehnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

Ihr Antrag ist also weder gut gemeint noch gut gemacht. Und die letzten fünf Sekunden gebe ich Ihnen noch zum Nachdenken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

Vielen Dank, Herr Kollege Klüssendorf. Schöner Ansatz, fünf Sekunden werden aber nicht reichen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der nächste Redner ist der Kollege Dr. Klaus Wiener, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535120
Wahlperiode 20
Sitzung 27
Tagesordnungspunkt Steuerliche Entlastung für Bürger und Mittelstand
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