Janosch DahmenDIE GRÜNEN - Impfpflicht gegen SARS-CoV-2
Liebe Kollegin Warken, lieber Kollege Sorge, vielleicht lassen Sie mich mit einer Bemerkung vorab starten: Demokratie besteht nicht daraus, dass man einen wirkungslosen, halbfertigen Antrag in den Raum wirft, dann die Tür verschließt und nicht mehr ans Telefon geht. Demokratie besteht vielmehr daraus, einen Gesetzentwurf vorzulegen,
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Warum haben Sie es dann nicht gemacht?)
in Verhandlungen zu gehen und hier, im Parlament, Kompromisse zu schließen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das haben Sie in vier Monaten nicht hinbekommen.
Nach vier Monaten intensiver Debatte in der Gesellschaft und im Parlament zur Frage, ob es eine Impfpflicht als vorsorgendes Instrument aus der Pandemie geben soll, ist heute der Tag der Entscheidung. Ich lege mit vielen Abgeordneten aus den Oppositionsfraktionen und den Regierungsfraktionen einen funktionierenden Gesetzentwurf vor, der im Kern eine Impfpflicht ab 60 Jahren vorsieht, der wirksam ist, der rechtssicher ist und der vernünftig ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Als Arzt möchte ich Ihnen sagen – die Frage kam gerade auf –, dass die Altersgrenze keineswegs willkürlich, sondern mit Bedacht und medizinscher Evidenz gewählt ist. Zwischen 50 und 60 Jahren steigt das Risiko für einen schweren Verlauf noch einmal extrem an. Das heißt, eine Impfpflicht ab 60 Jahren erfüllt zwei Ziele: Zum einen schützt sie die besonders gefährdeten Menschen, zum anderen schützt sie unser Gesundheitssystem vor neuerlicher Überlastung und uns alle vor einem weiteren Pandemieherbst und ‑winter. Deshalb verdient dieser Gesetzentwurf Ihre Stimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Die Pandemie ist eine von mehreren Simultankrisen, mit denen wir in unserer Zeit aktuell konfrontiert sind. Die beste Krisenpolitik ist Krisenprävention. Nach zwei Jahren Pandemie, nach Flutkatastrophe, nach Energieabhängigkeit von einem russischen Diktator möchte ich mir nicht vorwerfen lassen, in der Gesundheitspolitik keine Vorsorge getroffen zu haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vorsorge heißt, dafür zu sorgen, dass die Pandemie im Herbst und Winter nicht wieder unser öffentliches Leben lahmlegt. Vorsorge heißt, heute zu handeln, um die Freiheit von morgen zu sichern.
(Zuruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU])
Die Prävention in Form der Impfpflicht bringt uns raus aus dieser Pandemie.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Katrin Helling-Plahr [FDP])
Aus guten Gründen soll es bei dieser medizinethischen Frage keine Fraktionsdisziplin geben. Wenn ich nun aber höre, dass Unionsabgeordnete intern schriftlich aufgefordert werden, bei dem Vorschlag einer Impfpflicht ab 60 Jahren nicht mit Ja zu stimmen, dann habe ich den Eindruck, dass sich die Union bei einer besonderen Gewissensfrage besonders gewissenlos benimmt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Neben dem Virus, das Menschenleben tötet, gibt es in der Politik offensichtlich ein Virus der Parteitaktik, und dieses Virus der Parteitaktik tötet das Vertrauen in demokratische Institutionen.
Wir alle in diesem Parlament haben eine gemeinsame Verantwortung für dieses Land gegenüber den Menschen, die nach vier Monaten mehrheitlich weiterhin eine Impfpflicht wollen. Wir haben die Verantwortung, jetzt Vorsorge für den Herbst zu treffen. Liebe Union, auch Sie stehen in der Verantwortung. Besinnen Sie sich darauf, und stimmen Sie für den vorliegenden Gesetzentwurf!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Nächster Redner: für die Fraktion der AfD Martin Sichert.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535142 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 28 |
Tagesordnungspunkt | Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 |