Thorsten FreiCDU/CSU - Impfpflicht gegen SARS-CoV-2
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Minuten und auch in den letzten zweieinhalb Stunden gehört, wo der Hase im Pfeffer liegt: Sie haben keine eigene parlamentarische Mehrheit; deswegen flüchten Sie sich in die Gruppenanträge. Das ist der einzige Grund. Und am Ende dieser Debatte ist es so, dass Sie versuchen, mit einer nicht angemessenen Reihenfolge der Abstimmungen das Verfahren zu torpedieren. Das akzeptieren wir nicht. Das ist ein deutlicher Beweis dafür, dass Sie der Überzeugungskraft Ihrer eigenen Vorlagen misstrauen. Das ist rechtsmissbräuchlich, und deswegen lehnen wir das ab.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Worum geht es im Kern? Wir haben eine lange parlamentarische Tradition, dass immer zunächst über den weitestgehenden Antrag abgestimmt wird. So machen das Tausende Gemeinderäte bei uns in Deutschland. So machen das 16 Länderparlamente. Der Bundesrat macht es so; der hat es sogar in § 30 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung normiert. Und so macht es der Deutsche Bundestag seit Jahrzehnten.
(Zuruf von der FDP: Das ist schlicht falsch!)
Es gibt praktisch keine Ausnahmen davon.
(Katja Mast [SPD]: Doch!)
Wenn ich eine finden wollte, dann wäre das vielleicht die im Jahr 2009 gewesen,
(Christian Dürr [FDP]: Aha!)
als es um die gesetzlichen Regelungen für die Patientenverfügung ging. Seinerzeit ging es darum, dass man im Grunde genommen nicht exakt sagen konnte, welches denn der weiter gehende Antrag war. Hier ist es aber vollkommen klar: Fluchtpunkt ist die Realität, der gesetzliche Status quo. Und wer am weitesten vom gesetzlichen Status quo abweicht, der hat den weitestgehenden Antrag, und über den muss als Erstes abgestimmt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Bundesregierung ist der Auffassung, dass wir keine Maskenpflicht mehr brauchen. Diese Bundesregierung war – wenigstens für einige Stunden – der Auffassung, dass wir keine Quarantäne für Infizierte mehr brauchen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dirk Wiese [SPD]: Das hat doch nichts mit Geschäftsordnung zu tun!)
Diese Bundesregierung und diese Fraktionen hier im Parlament wollen uns aber weismachen, dass eine Impfpflicht mit einem klaren Eingriff in die Grundrechte nicht der weitestgehende Antrag sei. Das nimmt Ihnen doch kein Mensch im Land ab. Das ist einfach nicht schlüssig. Und deswegen bitte ich Sie, hier richtig abzustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich will noch auf eines hinweisen.
Herr Kollege Frei, Sie sprechen aber jetzt zur Geschäftsordnung, nicht zu den Inhalten.
Ja, das will ich gerne machen, Frau Präsidentin.
(Zurufe von der SPD)
Die Güte der parlamentarischen Demokratie zeigt sich nicht darin, dass am Ende die Mehrheit entscheidet; das ist selbstverständlich. Sie zeigt sich darin, dass die Mehrheit auch Schranken akzeptiert – Schranken, die auch hergebrachtes Recht hier im Parlament darstellt.
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
Und darauf müssen sich Abgeordnete auch verlassen können. Darum geht es: Tauschen Sie nicht billiges machtpolitisches Kalkül gegen politische Kultur in diesem Haus ein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ein Letztes will ich noch sagen, dann komme ich zum Ende, Frau Präsidentin.
Sie müssen jetzt bitte zum Schluss kommen.
Wir haben bei dieser Frage eine starke Polarisierung hier bei uns im Land. Es geht auch darum, sie zu überwinden. Der von Ihnen vorgeschlagenen Abstimmungsreihenfolge, die letztlich nur zum Ziel hat, den eigenen Antrag zum Erfolg zu bringen, wird ein Makel anheften, sollte es Ihnen gelingen, hierfür eine Mehrheit zu gewinnen. Das wird die Akzeptanz nicht fördern.
Herr Kollege Frei, kommen Sie bitte zum Schluss.
Das wird die Rechtssicherheit nicht fördern. Und es wird nicht dazu führen, dass Gräben in unserem Land zugeschüttet werden. Deswegen bitte ich um Zustimmung für unseren Antrag.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine wichtige Debatte; die müssen wir auch ordentlich führen. Aber man sollte bei einer Geschäftsordnungsdebatte nicht unter Überziehung der Zeit auf die Geschäftsordnung eingehen. Dafür möchte ich noch einmal eindringlich plädieren.
(Zuruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU])
Jetzt erhält das Wort Katja Mast für die SPD.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535169 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 28 |
Tagesordnungspunkt | Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 |