Katja LeikertCDU/CSU - Gleichstellungsbericht der Bundesregierung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müsste der Name Karin Dorrepaal jedem ein Begriff sein; sie hat im Jahr 2004 geschafft, was noch keiner Frau in Deutschland vorher gelungen war: Sie war die erste Frau im Vorstand eines DAX-Konzerns. Von da an hat es lange 15 Jahre gedauert, bis der nächste Meilenstein erreicht war und mit Jennifer Morgan 2019 zum ersten Mal eine Frau das CEO-Büro in einem DAX-Konzern bezog.
Jetzt herrschen heute nicht mehr die Verhältnisse von 2004. Aber ein Frauenanteil in den Vorstandsbüros der 200 größten Unternehmen von gerade einmal 15 Prozent zeigt, dass die Chancengleichheit für Frauen in vielen Unternehmen immer noch Utopie ist. Sehr geehrter Kollege Ehrhorn, ob Sie es glauben oder nicht, es ist gar keine angeborene Eigenschaft von Frauen, nach dem zweiten oder dritten Kind freiwillig zu Hause zu bleiben oder nur halbtags zu arbeiten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist die Aufgabe von uns allen hier, diese Zustände endlich zu ändern; denn auch außerhalb der Vorstandsetagen sieht es mit Frauen in der IT‑Branche mager aus. 2021 lag der Frauenanteil in dieser Branche in Deutschland bei 18 Prozent. In Informatikstudiengängen liegt der Frauenanteil bei knapp einem Viertel. Auf offene Positionen im Bereich „Programmierung und IT“ bewerben sich je nach Position nur 10 bis 20 Prozent Frauen. Im Start-up-Umfeld ist es kaum besser: In den Gründungsteams von vorwiegend digitalen Geschäftsmodellen und Plattformen sind nicht einmal 16 Prozent Frauen vertreten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf so nicht bleiben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Viele dieser Entwicklungen stützt auch der Dritte Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, den wir heute hier beraten. Auf 276 Seiten legt die Sachverständigenkommission dar, wo der Handlungsbedarf für die Gleichstellung von Frauen in der Digitalbranche, in einer digitalisierten Gesellschaft besteht. Dass es im Jahr 2022 noch einen 276-seitigen Bericht zu dem Thema braucht, veranschaulicht genau die großen Herausforderungen, vor denen Frauen heute stehen, wenn sie im digitalen Kosmos Fuß fassen wollen.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen – das sollten wir hier alle gemeinsam tun –, müssen wir ein zweischichtiges Problem angehen: Erstens müssen wir uns der Tatsache stellen, dass Frauen immer noch zu selten in digitalen Jobs und Studiengängen vertreten sind. Zweitens müssen wir das Problem angehen, dass Frauen noch immer zu selten in Führungspositionen zu finden sind.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Arbeitgeber können es sich schlichtweg nicht leisten, auf weibliche Fachkräfte zu verzichten. Was es hier braucht, ist ein Dreiklang: Früh Aufmerksamkeit schaffen, Vorbilder aufzeigen und – ja, liebe Männer! – Karrieren von Frauen nicht im Weg stehen.
(Beifall der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU] und Nicole Bauer [FDP])
Es muss bei Mädchen bereits im jungen Alter Aufmerksamkeit für die MINT-Berufe erzeugt werden. Zielgerichtete Kampagnen – die Initiative „YouCodeGirls“ ist da eine von vielen –, verpflichtende Angebote in Kitas und Grundschulen und geschultes Personal sind von großer Bedeutung. Ganz zentral sind natürlich auch Vorbilder – das wissen wir Frauen am allerbesten –: weniger Klischees, mehr Role Models. Wir brauchen weibliche Führungskräfte in IT‑Berufen, die die Diversität in Unternehmen erhöhen und einen Multiplikatoreffekt haben. Unbewusste Vorurteile, dass DAX-Vorstände grauhaarige Anzugträger zu sein haben, müssen endlich der Vergangenheit angehören.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Was es hierfür eben auch braucht – auch das muss im Jahr 2022 immer noch angesprochen werden –, sind Männer in Führungspositionen, die diesem gesamtgesellschaftlichen Prozess offen gegenüberstehen; denn sie sind es meistens, die Einstellungen vornehmen und über Beförderungen entscheiden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich könnte jetzt noch weiter ausführen, wie wichtig genügend Kitaplätze und Betreuungsangebote sind. Ganz unabhängig von der Branche, digital oder analog, möchte ich die Bundesregierung gerne dazu auffordern, sich weiter für den Ausbau dieser Plätze einzusetzen.
Sehr verehrte Damen und Herren, ich hoffe inständig, dass es zukünftig keines fast 300-seitigen Berichts mehr bedarf, um Frauen gleichzustellen, und dass solche Berichte bald der Vergangenheit angehören. Bitte lassen Sie uns endlich PS auf die Straße bringen!
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächste Rednerin erhält Dr. Carolin Wagner für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535213 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 28 |
Tagesordnungspunkt | Gleichstellungsbericht der Bundesregierung |