Markus HerbrandFDP - Steuernachzahlung bei Kurzarbeitergeld
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja schon angedeutet worden: Dieser Antrag ist mir nicht ganz unbekannt, um es mal vorsichtig auszudrücken. Eigentlich müsste man Lizenzgebühren dafür verlangen; denn er ist eins zu eins abgeschrieben worden.
(Zuruf von der CDU/CSU: Quellensteuer!)
Man könnte ansatzweise auch eine Urheberrechtsklage daraus machen. Aber es ist halt schlecht gemacht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Denn gute Ideen sind nur dann gut, wenn sie auch zum richtigen Zeitpunkt kommen, und gute Ideen verlieren ihre Wirkung, wenn sie zum falschen Zeitpunkt kommen. Sie kehren ihre Wirkung teilweise geradezu um. Das werde ich Ihnen gleich erläutern.
Aber auch ich komme nicht umhin, kurz darauf zurückzukommen, was der Progressionsvorbehalt eigentlich ist. Wir haben in Deutschland Einkünfte, die steuerfrei sind, und andere, die steuerpflichtig sind. In der Mitte liegen die Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen. Es ist ja schon erläutert worden, dass alle Einkünfte berücksichtigt werden, um den Steuersatz zu ermitteln. Da es in den meisten Fällen diesbezüglich zu Nachzahlungen kommt – nicht in allen, aber in den meisten Fällen –, hat der Gesetzgeber vorgesorgt und sieht eine Erklärungspflicht für diese Fälle vor.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will Ihren Antrag nicht nur aus formalen Gründen ablehnen. Vielmehr gibt es dafür, Herr Kollege Görke, handfeste inhaltliche Gründe.
Im Ursprung hatte dieser Antrag im Jahr 2020 eine sehr nachvollziehbare und gute Agenda. Der Gesetzgeber kann frei darüber entscheiden, ob er Einkünfte steuerfrei stellt, ob er Einkünfte steuerpflichtig stellt oder ob er Einkünfte dem Progressionsvorbehalt unterwirft. Damals hat die Große Koalition unseren Antrag abgelehnt und gesagt: Wir wollen daran nichts ändern, Stichwort: „Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit“.
Wir hätten uns damals dafür entscheiden können, diesen coronabedingten Progressionsvorbehalt und auch die Erklärungspflicht auszusetzen. Das wäre seinerzeit eine große Unterstützung für die Menschen gewesen, es wäre auch eine Unterstützung für die Verwaltung gewesen. Nun aber, in 2022, ist es eigentlich zu spät – nein, es ist nicht eigentlich zu spät, es ist zu spät –, diesen Fehler der damaligen Großen Koalition zu beheben.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ihr seid doch in der Regierung!)
Es würde geradezu zu neuen Ungerechtigkeiten führen; denn Sie wollen gleiche Sachverhalte in der Zukunft anders behandeln als in der Vergangenheit.
Und Sie werden nicht, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, für Bürokratieentlastung sorgen. Vielmehr werden Sie sogar für deutlich mehr Bürokratie sorgen. Denn: Wie wollen Sie das in der Praxis handhaben? Das müssten Sie mir mal erläutern. Die Erklärungen für 2020 sind ja schon längst abgegeben – jedenfalls in den meisten Fällen –, auch die 2021er-Fälle. Die müssten dann ja rückwirkend korrigiert werden. Wollen Sie das nur auf Antrag machen? Soll das die Verwaltung von Amts wegen machen? Ist das rechtlich überhaupt noch möglich? Es interessiert Sie vermutlich gar nicht, ob das rechtlich möglich ist.
(Beifall bei der FDP)
In der Tat, dieses Prozedere ist einfach zu kompliziert. Es führt aus meiner Sicht zu einer erheblichen Mehrarbeit für die Verwaltung, wenn die 2020er- und 2021er-Fälle jetzt wieder aufgerollt werden müssen. Deshalb, denke ich, ist dieser Antrag überhaupt nicht durchdacht, jedenfalls mit Blick auf die Vergangenheit.
Ehrlich gesagt, überlege ich immer noch, ob es eher für mich spricht, dass Sie diesen Antrag abgeschrieben haben, oder ob es eher gegen Sie spricht, dass Sie ihn so unreflektiert übernommen haben, auch unter Berücksichtigung der Vergangenheit.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Olav Gutting [CDU/CSU]: Gute Haltungsnote!)
Vielen Dank. – Als nächster Redner erhält das Wort für die SPD-Fraktion Parsa Marvi, und es ist seine erste Rede im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535229 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 28 |
Tagesordnungspunkt | Steuernachzahlung bei Kurzarbeitergeld |