Annette Widmann-MauzCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED IRINI
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Berliner Libyen-Konferenz ist es der Bundesregierung vor zwei Jahren gelungen, einen erfolgreichen diplomatischen Prozess zu etablieren, der die internationale Unterstützung für Libyen und den Friedensprozess im Land vorangebracht hat.
Seither übernimmt Deutschland in der EU-Mission Irini Verantwortung für die wichtigen Übereinkünfte dieser Konferenz: den Waffen- und Ölschmuggel über das Mittelmeer von und nach Libyen zu verhindern und Netzwerke von Schleuserkriminalität und Menschenhandel zu bekämpfen. Ich danke unseren Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr für ihren Einsatz und für ihren Beitrag zur Rückkehr von Frieden und Stabilität in Libyen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir uns nichts vor: Die Situation in Libyen ist heute anders als vor einem Jahr. Die für das letzte Jahr angesetzten Wahlen wurden abgesagt. Seit Mitte Februar konkurriert neben der Übergangsregierung eine weitere Regierung um die Macht im Land. Und trotz des großen internationalen Engagements gibt es auch weiter Verstöße gegen das Waffenembargo.
Die Operation Irini allein wird diese Probleme nicht lösen; sie selbst hat ihre Beschränkungen, zum Beispiel das Veto eines Flaggenstaats für entsprechende Kontrollen. Aber wir dürfen die Operation auch nicht kleinreden; denn sie schafft Rahmenbedingungen. Seit Beginn fanden über 6 000 Abfragen von Frachtschiffen statt, in 22 Fällen wurden verdächtige Schiffe auch durchsucht. Und die Operation steht nicht allein: Deutschland engagiert sich auch mit erheblichen Mitteln im Bereich der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit.
Eine dauerhafte politische Lösung und Frieden in Libyen kann es aber nicht geben, solange Waffen geliefert werden und die Konfliktparteien sich durch illegale Ölexporte finanzieren.
Die Bundeswehr hat Irini deshalb von Anfang an unterstützt, mit Fregatten, einem Aufklärungsflugzeug und Stabspersonal. Deutschland hat damit unterstrichen, dass es zu seiner Verpflichtung, substanzielle Unterstützung für Einsätze im Rahmen der GSVP der Europäischen Union zu leisten, steht.
Die Grünen haben im letzten Jahr ihre Zustimmung zum Mandat noch mit der Begründung verweigert, das Operationsgebiet würde Flüchtlingsrouten bewusst ausschließen. Mit dem Mandat, das die Bundesregierung heute vorlegt, sind die Grünen jedenfalls in der harten Regierungsrealität angekommen; denn weder am Einsatzgebiet noch an der Verpflichtung zur Seenotrettung hat sich tatsächlich etwas verändert.
Im Mandat der EU-Operation ist auch die Ausbildung der libyschen Küstenwache und Marine beschrieben. Diese Ausbildungskomponente ist unbestreitbar ein schwieriger Aspekt des Mandats. Die Führung der Operation selbst äußert in ihren Einsatzberichten Besorgnis über das Vorgehen der libyschen Küstenwache. Aus genau diesem Grund hat es bislang keine Ausbildung gegeben; zu unterschiedlich waren und sind die Vorstellungen zwischen der Europäischen Union und Libyen über die Ausbildungsinhalte. Die Bundesregierung – wir haben es gerade gehört – hat diesen Auftrag jetzt aus dem deutschen Mandat herausgenommen.
Damit bin ich bei einem wesentlichen Punkt: Eigentlich müssten wir doch gemeinsam das Interesse haben, dass die libysche Küstenwache nach internationalen Standards und unter Beachtung der Menschenrechte handelt und dafür auch ausgebildet wird. Welches Signal sendet Deutschland an seine Partner in der Europäischen Union, wenn wir eine Komponente des Mandats für uns von vornherein ausschließen? Und das in Zeiten, in denen wir eh international bereits als Zögerer und Zauderer gelten. Statt einsame Wege zu gehen, sollten wir besser gemeinschaftlich agieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das gilt im Übrigen auch für die Operation Atalanta am Horn von Afrika und die Ausbildungsmission EUTM Mali, bei denen die Regierung ihren Rückzug entweder bereits angekündigt hat oder erwägt. Bevor wir uns irgendwo ausnehmen oder zurückziehen, müssen wir doch bedenken, welche Konsequenzen damit verbunden sind, und vor allen Dingen, wem wir dadurch das Feld überlassen: Akteuren wie Russland und China? Das wäre weder im deutschen noch im europäischen Interesse, und das verheißt ganz bestimmt auch nichts Gutes für die Menschenrechte.
Also: Wir haben im weiteren parlamentarischen Verfahren einiges zu beraten: Was wollen wir eigentlich im nördlichen Afrika erreichen? Was sind dort unsere politischen Ziele? Was sind wir bereit dafür zu tun? Es ist an der Zeit, diesen Mandatstext und das weitere militärische Engagement Deutschlands im Sahel in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Das sollten wir jetzt auch dringend tun.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Max Lucks hat das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535253 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 28 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED IRINI |