Manfred GrundCDU/CSU - Unterstützung der Republik Moldau
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – In einer repräsentativen Umfrage in Moldau haben sich 60 Prozent der Moldauer, die daran teilgenommen haben, bei der Frage „Wo seht ihr die Zukunft von Moldau?“ für einen Weg in Richtung europäische Integration entschieden. Das ist auf doppelte Weise erstaunlich. Warum?
Zum einen ist es erstaunlich, weil Moldau alle Probleme hat, die ein Transformationsland der ehemaligen Sowjetunion bis heute mit sich umherschleppen muss. Zum anderen gibt es – das ist angesprochen worden – verschiedene Eigenheiten und Besonderheiten, die das Leben in dieser Republik besonders schwer machen.
Dazu gehört zum Ersten der nach wie vor anhaltende Transnistrien-Konflikt. Zum Zweiten sind die Gagausen angesprochen worden, die im Süden Moldaus leben, die stark russlandaffin sind und die sich eher der Eurasischen Wirtschaftsunion anschließen würden. Zum Dritten sind viele Moldauer ins Ausland abgewandert und arbeiten dort. Moldau und Rumänien sind stark lateinischsprachig geprägt, sodass eine Verständigung in Spanien, Frankreich und Italien relativ gut geht. Es arbeiten mehr Moldauer im Ausland, als es Beschäftigte im Land gibt. Eine große Zahl der Moldauer finanziert das Leben ihrer Familien aus dem Ausland heraus. Auch deswegen sind die 60 Prozent erstaunlich.
Zu dem anderen Aspekt, den Problemen eines Transformationslandes: Korruption, Amtsmissbrauch, Vetternwirtschaft, Diebstahl – das ist angesprochen worden –, Rechtmissbrauch, all das gibt es in Moldau. Trotzdem sagen 60 Prozent Ja zur europäischen Integration.
Das hat viel mit der neuen Regierung zu tun: mit der Präsidentin Maia Sandu, mit Natalia Gavrilita und ihrer Regierung und auch mit der Mehrheit im Parlament. Im Gegensatz zu fast allen Vorgängerregierungen gibt es keinen Skandal, keine Korruption, keinen Amtsmissbrauch, keine Vorwürfe, keine Schattenwirtschaft, keine oligarchische Verdächtigung, die mit dieser jetzigen Regierung oder mit der Präsidentin in Verbindung gebracht werden. Das ist ein großes Glück für Moldau. Und: Es sind Frauen, die das machen; denn die Männer haben vorher meistens schon versagt.
Meine Damen und Herren, Natalia Gavrilita hat einmal als Erklärung, warum es diesen Umschwung gibt, gesagt: Die Bürger der Republik Moldau haben genug von Regierungen, die lügen, von Politikern, die stehlen, von öffentlichen Diensten, die nicht für die Menschen arbeiten, von Entscheidungen, die das öffentliche Interesse nicht berücksichtigen.
In der kurzen Zeit, die diese Regierung und die Präsidentin bisher arbeiten konnten, hat es wenigstens drei existenzielle Krise gegeben, die Moldau getroffen haben. Zum Ersten Corona, das so ein kleines, so ein einkommensschwaches Land natürlich besonders trifft. Zum Zweiten sind schon vor der jetzigen Energiekrise die Gaspreise von Russland um 340 Prozent erhöht worden. Das kann eigentlich kein Mensch in Moldau bezahlen, auch nicht die Regierung. Auch deswegen braucht es unsere Unterstützung. Zum Dritten – es ist angesprochen worden – ist es die Ukrainekrise mit den ukrainischen Flüchtlingen.
Mehr als 100 000 Ukrainer sind bisher geblieben, etwa 400 000 Flüchtlinge sind durch das Land durchgereist. Die Situation ist gut organisiert; auch das ist angesprochen worden. Wir müssen davon ausgehen: Falls Putin seinen Angriff auf Odessa ausweitet und die Bevölkerung von Odessa losläuft – es sind 45 Kilometer bis Moldau –, dann wird sich diese Zahl erheblich vergrößern. Die Menschen aus der Ukraine wollen in Moldau bleiben – das ist angesprochen worden –, wegen der Sprache, wegen der Schulen, aber auch wegen der Nähe zur Heimat.
Die Frage ist: Was braucht Moldau? Sie brauchen Geld, wenn es geht, Budgethilfe: Unterstützung direkt ins Budget, in unterschiedlicher Größenordnung von vielleicht 500 Millionen Euro bis 1 Milliarde Euro, möglicherweise sogar über mehrere Jahre. Sie brauchen weitere Unterstützung im Rechtsstaatsprozess. Da muss Brüssel stärker hinschauen, was mit dem Geld und den Instrumenten, die Brüssel gibt, gemacht wird, damit das effizient eingesetzt wird und die Leute eine Veränderung sehen. Moldau möchte seine Exportquote für Produkte, die sie bisher limitiert in die Europäische Union verkaufen können, erhöhen: Moldauischer Wein, moldauische Früchte, Äpfel, gehören dazu. Die Exportquote zu erhöhen, ist ein Punkt. Ein weiterer Punkt – auch das wurde angesprochen – ist die Verbindung der Stromnetze über Rumänien, Interkonnektoren eingekoppelt in das europäische Netz, das dann hoffentlich noch genügend Strom hat, um auch Moldau mitzuversorgen. Das ist noch nicht gesichert. Ich glaube, eine EU-Beitrittsperspektive – auch das ist angesprochen worden – wäre als Zielvorstellung wichtig. Das wird sicherlich ein langer Prozess. Eine Beitrittsperspektive wäre auch wichtig, um die Menschen zu motivieren; 60 Prozent befürworten einen EU-Beitritt; das ist nicht schlecht.
Der Kollege Schwabe hat den Antrag der Union fast gelobt, zu Recht. Wir loben auch die Außenministerin Baerbock für ihre Arbeit; wir unterstützen das ausdrücklich. Wenn wir jetzt bei der Abstimmung zur Sofortabstimmung kommen könnten und den Antrag nicht erst in die Ausschüsse schieben, wäre das nicht nur für Moldau, sondern auch für unser Parlament eine gute Sache.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Johannes Schraps [SPD])
Ich bitte, auf das Wiederanlegen der Maske zu achten.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ich war so aufgeregt!)
Für die SPD-Fraktion hat nun Johannes Schraps das Wort.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535273 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 28 |
Tagesordnungspunkt | Unterstützung der Republik Moldau |