07.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 28 / Tagesordnungspunkt 13

Gereon BollmannAfD - Änderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit einer Änderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Schaut man sich den Gesetzentwurf aber einmal genauer an, so ist die Enttäuschung groß; denn – Kollegin Wulf hat es ja schon erwähnt – es geht nicht um Inhalte, es geht um eine Stellenbesetzung.

(Kaweh Mansoori [SPD]: Die Inhalte kommen im zweiten Schritt!)

Die Besetzung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle wurde in letzter Zeit mehrfach – wir haben es auch schon gehört, von Herrn Lehmann – mit einer Konkurrentenklage angefochten. Nun trifft man aber nicht etwa eine rechtmäßige Auswahlentscheidung, sondern lässt den Posten vier Jahre lang vakant stehen, und jetzt soll es der Gesetzgeber möglichst schnell regeln. Der Bewerber soll nicht mehr auf den Vorschlag der Bundesregierung durch die Familienministerin ernannt, sondern er soll vom Bundestag gewählt werden.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Da können Sie mitwählen! Das ist doch super!)

Wie schön aber auch, dass man jetzt einen passenden Bewerber ins Amt hieven kann, ohne eine unliebsame Konkurrentenklage befürchten zu müssen!

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oje!)

Liebe Kollegen, im öffentlichen Dienst werden doch Tag für Tag zahlreiche Dienstposten vergeben. Nur weil man im Familienministerium zu einem rechtmäßigen Auswahlverfahren nicht in der Lage ist, muss man doch kein Gesetz ändern, Herr Lehmann.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat auch was mit Aufwertung und Wichtigkeit des Themas zu tun! Wenn Sie sich dessen mal bewusst werden würden!)

Es genügt einfach die strikte Einhaltung der Bestenauslese. Nehmen Sie da doch mal Nachhilfe!

(Beifall bei der AfD)

Natürlich funktioniert dies nicht, wenn man unbedingt einem politischen Günstling zu dieser Position verhelfen will.

(Zuruf von der SPD: Was ist denn das für eine komische Rede!)

– Geben Sie sich doch mal ein bisschen mehr Mühe mit den Einwürfen!

Nach dem Gesetzentwurf soll der Bewerber durch den Bundestag gewählt werden. Aber hinter den Kulissen verbleibt die Entscheidung nach wie vor bei der Exekutive; denn ohne einen Vorschlag der Bundesregierung findet eine Wahl doch gar nicht statt. Es ist also ein Märchen. Die Leitungsstelle erhält durch einen Wahlvorgang gerade nicht eine Aufwertung.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)

Denn die Exekutive hält die entscheidenden Fäden doch nach wie vor in der Hand.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich ist das eine Aufwertung!)

– Ja, meinen Sie.

Die Neuregelung widerspricht außerdem einer zentralen Bestimmung unseres Verfassungsrechts, nämlich dem Gewaltenteilungsprinzip aus Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes.

(Zuruf des Abg. Sönke Rix [SPD])

– Schauen Sie da doch mal rein, Herr Rix. – Nach diesem Prinzip hat sich der Bundestag auf gesetzgeberische Tätigkeiten und die Kontrolle der Regierung zu beschränken. Die Besetzung eines Dienstpostens in der öffentlichen Verwaltung ist aber weder Gesetzgebung noch Kontrolle.

(Beifall bei der AfD – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen Jurist sein und haben null Ahnung!)

Auch mit der Wahl des Bundeskanzlers kann man dies nicht vergleichen; denn die Kanzlerwahl ist eine Ausnahme, und Ausnahmen sind immer restriktiv zu handhaben. Deshalb wählt der Bundestag auch nicht die Minister, die Staatssekretäre oder sonstige Bewerber für den Höheren Dienst in Bundesoberbehörden.

(Beifall bei der AfD)

Die Personalrekrutierung ist im Gegenteil die vornehmste Aufgabe der Exekutive.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schreien macht es auch nicht besser!)

Und wenn wir hier schon keine Minister wählen: Weshalb sollte es dann mit Blick auf die Gewaltenteilung richtig sein, einen Verwaltungsposten innerhalb eines Ministeriums durch eine Wahl zu besetzen? Mir erschließt sich das jedenfalls nicht.

(Stephan Brandner [AfD]: Mir auch nicht! – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen ja nicht mitwählen!)

Wieder einmal missachtet ein Gesetzentwurf der Koalition unser Grundgesetz. Es hat schon etwas Erbärmliches, wieder ansehen zu müssen, wie mit tragenden und unveränderlichen Säulen eines freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaates sorglos umgegangen wird, wie abendländische Errungenschaften ignoriert werden, die so herausragende Denker wie Aristoteles, John Locke oder Montesquieu entwickelt haben, um ein Staatswesen durch die Teilung der Gewalten zu stabilisieren.

Wir lehnen die Wahl für diesen Dienstposten durch den Bundestag ab. Wir werden mit Spannung zuschauen, wie viele sonstige Freunde unser Grundgesetz in diesem Hohen Hause wohl noch hat.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD – Katja Mast [SPD]: Alte weiße Männer! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war unqualifiziert! Menschenskinder! Sie haben ja gar nichts verstanden! – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind Sie für ein unkultivierter Mensch! Wo haben Sie Ihre Erziehung genossen?)

Für die FDP-Fraktion erhält nun die Kollegin Gyde Jensen das Wort.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535283
Wahlperiode 20
Sitzung 28
Tagesordnungspunkt Änderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes
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