Carlos KasperSPD - Steuerentlastungsgesetz 2022
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen derzeit vor großen Herausforderungen. Die gestiegenen Energiekosten belasten uns alle. Vor allem aber treffen sie kleine und mittlere Einkommen. Ich vertrete das Chemnitzer Umland hier im Bundestag; das ist eine eher ländlich geprägte Region. Es gibt dort viele Kleinstädte und Dörfer, der ÖPNV ist nicht gut ausgebaut, und die Menschen sind auf ihr Auto angewiesen. Das gilt insbesondere für diejenigen, die in Schichten arbeiten und zum Beispiel zur Nachtschicht in das VW-Werk nach Mosel pendeln müssen oder zur Frühschicht in das Krankenhaus nach Lichtenstein. Aber gerade zu diesen Zeiten gibt es keine Busse und Bahnen, die fahren. Viele brauchen schlichtweg ihr Auto, wenn sie zur Arbeit kommen wollen.
Das Chemnitzer Umland – aber auch ganz Sachsen – ist leider auch eine Region mit sehr niedrigen Löhnen. Beispielsweise wird fast die Hälfte der im Erzgebirge beschäftigten Menschen von der Mindestlohnerhöhung im November profitieren. Aber wie soll jemand, der noch nicht einmal 12 Euro pro Stunde verdient, jetzt auch noch die gestiegenen Sprit- und Heizkosten stemmen? Sie können es sich schlichtweg nicht leisten, noch mehr Geld für Sprit, fürs Heizen und für Nahrungsmittel auszugehen. Deswegen brauchen wir jetzt und heute Entlastungen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Mit dem Steuerentlastungpaket setzen wir genau da an.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das tun Sie ja gerade nicht!)
Wir bringen einen ganzen Strauß voller Maßnahmen auf den Weg, die direkt bei den Menschen ankommen und die direkt wirken. Wir werden die Energiesteuern auf Diesel und Benzin vorübergehend und befristet senken. Ganz konkret heißt das: Benzin wird 30 Cent billiger und Diesel 14 Cent. Das kommt allen zugute: nicht nur den abhängig Beschäftigten, sondern auch den kleinen und mittleren Betrieben, die auf ihr Auto angewiesen sind und deren Beschäftigte mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen, zum Beispiel dem ambulanten Pflegedienst oder dem kleinen Handwerksbetrieb von nebenan.
Bei dieser vorübergehenden Steuersenkung ist mir eins aber ganz besonders wichtig: Wir müssen die Konzerne dazu verpflichten, diese Steuersenkung direkt weiterzugeben. Die Preise müssen an der Zapfsäule sinken. Auf keinen Fall darf sich wiederholen, was wir in den vergangenen Wochen gesehen haben: Raffinerien haben die Spritpreise überdurchschnittlich getrieben und damit unverschämte Gewinne gemacht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin mir sicher, dass insbesondere auch das Finanzministerium auf die Weitergabe der Senkung achtet.
Sehr geehrte Damen und Herren, eine weitere Maßnahme, die wir auf den Weg bringen, ist die Erhöhung der Pendlerpauschale. Wer mehr als 21 Kilometer zur Arbeit fährt, kann künftig 38 Cent pro Kilometer über die Steuererklärung abrechnen. Diese Regelung wird rückwirkend ab dem 1. Januar gelten und bis 2026 befristet sein. Auch hier haben wir die Menschen im ländlichen Raum im Blick.
Aber es sind nicht nur die gestiegenen Spritpreise, die uns vor große Herausforderungen stellen. Auch die Heizkosten explodieren derzeit. Deswegen bringen wir ein weiteres wirklich sehr wichtiges Instrument auf den Weg: Jede Arbeitnehmerin, jeder Selbstständige erhält 300 Euro als Direktzahlung zum Ausgleich der hohen Heizkosten. Dieses Geld kommt schnell bei den Menschen an und ist sichtbar auf jedem Lohnzettel bzw. bei der Steuervorauszahlung. Es ist nicht nur schnell wirksam, sondern auch sehr sozial; denn die 300 Euro werden mit der Einkommensteuer gegengerechnet. Wir entlasten hier also insbesondere Geringverdienende, die sowieso kaum Einkommensteuer zahlen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir befinden uns in einer Krise. Aber: In der Krise liegt auch eine Chance – eine Chance, langfristig die Weichen für eine soziale und nachhaltige Zukunft zu stellen. Jetzt ist der richtige Moment, um umfassend in erneuerbare Energien zu investieren. Jetzt ist der richtige Moment, um wegzukommen von fossilen Energieträgern. Und jetzt ist der richtige Moment, um den Sozialstaat so auszurüsten, dass diejenigen mit kleinem Geldbeutel diese Transformation mitgehen können.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind bereit, diesen Moment zu nutzen. Deswegen haben wir uns starkgemacht für soziale Instrumente. Deswegen führen wir die Direktzahlungen ein, und deswegen greifen wir Verbraucherinnen und Verbrauchern mit der befristeten Energiesteuersenkung unter die Arme. Wir schauen gerade auch in den ländlichen Raum und entlasten hier gezielt diejenigen, die sich schlichtweg Mobilität nicht mehr leisten können.
In meiner ersten Rede hier im Bundestag habe ich gesagt: Wir machen Politik, die wirkt. – An diesem Entlastungspaket sieht man, dass sie wirkt, und zwar sozial gerecht.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Liebe Kollegen, könnten Sie die Unterhaltung an der Regierungsbank an einer anderen Stelle fortführen?
(Stephan Brandner [AfD]: Oder gar nicht!)
– Oder gar nicht. Das wäre auch gut. – Vielen Dank.
Der nächste Redner für die AfD-Fraktion ist Klaus Stöber.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535363 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 29 |
Tagesordnungspunkt | Steuerentlastungsgesetz 2022 |