08.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 29 / Tagesordnungspunkt 7

Natalie PawlikSPD - Ukrainehilfe, Nahrungsmittelversorgung weltweit

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit über sechs Wochen herrscht Krieg in der Ukraine. Völkerrecht, Kriegsrecht und Menschlichkeit werden gebrochen. Die Menschen erleben unbeschreibliches Leid. Die schrecklichen Bilder aus Butscha lassen das Ausmaß der Grausamkeiten dieses Krieges nur erahnen. Doch der Krieg hat nicht nur dramatische Folgen für die Ukraine, Russland oder Europa, sondern für die ganze Weltgemeinschaft. Denn Putin schafft nicht nur unendliches Leid in der Ukraine, sondern auch Hunger in der Welt. Die Ukraine und Russland sind wichtige Produzenten und Exporteure für Lebensmittel. Allein im letzten Jahr wurden knapp 70 Millionen Tonnen an Getreide aus der Ukraine exportiert. Das Welternährungsprogramm bezieht etwa 30 Prozent des Getreides aus der Ukraine. Der Wegfall der Ukraine als Nahrungsmittelproduzentin bedeutet, dass viele Länder ihren Bedarf an Getreide nicht mehr decken können und Millionen Menschen die Hungersnot droht. Betroffen sind vor allem Länder des Globalen Südens, die auf das Welternährungsprogramm und auf Getreideimporte angewiesen sind. Es sind Länder wie der Jemen, Nigeria und Bangladesch, die sowieso schon zu den Ärmsten der Armen gehören. Es ist unsere humanitäre Verpflichtung, einen Beitrag zu leisten und für die Nahrungsmittelsicherheit in der Welt zu sorgen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir benötigen schnelle internationale Lösungen, um eine weltweite Hungerkrise zu verhindern. Dazu gehört natürlich auch, dass wir die Lebensmittelproduktion in Europa steigern und alles dafür tun, um die Märkte offen zu halten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Konsequenz hat die CDU/CSU-Fraktion aber auch gefordert, den 12‑Euro-Mindestlohn für die Landwirtschaft zu verschieben, genauso wie die 70‑Tage-Regelung für die Saisonbeschäftigten auszuweiten.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Buh!)

Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, dann kommen Sie mit Lohndumping.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass einige von Ihnen sich nicht in Menschen einfühlen können, die gerade am Ende des Monats sich entscheiden müssen, ob sie ihr Auto volltanken oder ob sie Lebensmittel einkaufen gehen. Nicht wenige davon arbeiten in der Landwirtschaft. Diese Menschen brauchen gerade jetzt eine Solidargemeinschaft, die ihnen zur Seite steht. Die Erhöhung des Mindestlohns ist eine Frage des Respekts.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und auch wenn Sie selbst in Ihrer letzten Antragsfassung die Forderung nach der Verschiebung der Erhöhung des Mindestlohns wieder rausgenommen haben, bleibt es dabei, dass Sie diese Krise dafür nutzen wollen, um sozialpolitische und ökologische Rückschritte zu erreichen. Das werden wir als Sozialdemokratie so nicht mittragen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Krise darf nicht auf dem Rücken derer ausgetragen werden, die hart arbeiten, aber wenig haben. Vor allem ist der Vorschlag realitätsfern. Denn wenn wir die Arbeits- und Lohnbedingungen in der Landwirtschaft nicht verbessern, wird es am Ende keine Arbeitskräfte mehr geben, die diese Arbeit verrichten. In Zeiten des Fachkräftemangels werden andere Sektoren die Fachkräfte abwerben. Lohndumping vertreibt Arbeitskräfte.

Der Krieg in der Ukraine, die steigenden Preise für Energie und Dünger, aber auch Benzin belasten die Landwirtschaft enorm. Natürlich wird sich der Mindestlohn auch für die Landwirtinnen und Landwirte finanziell bemerkbar machen. Für die Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe haben wir aber auch einige Instrumente in unserem Koalitionsvertrag festgehalten, die wichtig sind. So wollen wir zum Beispiel Untergrenzen einführen, die dafür sorgen, dass der Verkaufspreis nicht unter die Kosten der Produktion und der Arbeitskraft fällt. Auch wollen wir eine Herkunftskennzeichnung, um die regionale Landwirtschaft zu stärken. Knochenjobs auf dem Acker für Löhne, von denen man nicht leben kann, sind hingegen keine Antwort auf die Krise. Das ist Ausbeutung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen faire Preise für hochwertige Produkte; aber diejenigen, die diese Produkte produzieren, müssen sich diese auch leisten können. Das gehört zum Anstand dazu.

Ihr Antrag ist nicht weitgehend genug. Sie spalten unsere Gesellschaft.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Deswegen werden wir diesen ablehnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Peter Felser.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535372
Wahlperiode 20
Sitzung 29
Tagesordnungspunkt Ukrainehilfe, Nahrungsmittelversorgung weltweit
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta