Artur AuernhammerCDU/CSU - Ukrainehilfe, Nahrungsmittelversorgung weltweit
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Berichten zufolge ist in der Ukraine noch eine Fläche von 20 Millionen Hektar nicht bestellt. Es fehlt an Diesel, es fehlt an Dünger, es fehlt an Saatgut, und – noch viel schlimmer – es fehlen die Menschen, die den Traktor fahren, weil sie im Panzer sitzen.
Ich bin etwas verwundert, dass man diese Debatte zu unserem Antrag auch dazu nutzt, um jetzt wieder alle Themen aufzumachen, und sich nicht konzentriert auf die Bewältigung dieser humanitären Katastrophe, die auf uns zukommt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Manuel Gava [SPD]: Hängt alles zusammen! – Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie nicht zugehört?)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin immer mehr verwundert über das Verhalten der FDP. Sie machen ja teilweise kluge Vorschläge.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das ist nichts Neues, Herr Kollege!)
Ihr wisst schon, dass ihr in einer Ampelkoalition seid? Ihr solltet euch mal über die Osterfeiertage mit der Koalition eine Eheberatung suchen oder irgendwas, damit das besser funktioniert.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Protschka [AfD] – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, da habe ich Besseres zu tun!)
Denn was wir in diesem Land nicht gebrauchen können und was die Ukraine nicht gebrauchen kann, ist eine Bundesregierung, die nicht handelt. Wir müssen jetzt handeln.
Es geht jetzt darum, dass wir unsere ökologischen Vorrangflächen – das sind deutschlandweit 170 000 Hektar – nutzen.
(Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Habe ich Ihnen erklärt! – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Sie haben 16 Jahre Zeit gehabt, Herr Kollege!)
Ich gebe Ihnen teilweise recht – also nicht der FDP, sondern den Grünen –, dass nicht jeder Quadratmeter davon effektiv zu nutzen ist,
(Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Das wissen wir!)
weil es Grenzertragsstandorte sind; die habe ich selber. Aber wenn ich von 170 000 Hektar 100 000 nutzen kann, wenn ich auf diesen 100 000 Hektar Lebensmittel produzieren kann, dann leiste ich, auch wenn es nur auf 1 Hektar ist, damit einen Beitrag dazu, die Welternährung zu sichern. Das braucht es und nicht, wie Sie sagen, andere Ansätze.
(Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Ich weiß, dass Sie mich jetzt wieder was fragen wollen.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?
Also, na ja.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre eine nette Frage! Haben Sie jetzt verpasst!)
– Wenn Frau Künast mir glaubhaft versichert, sie habe eine nette Frage, dann lasse ich diese zu.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich nehme das als ein Ja.
Ja, selbstverständlich.
Bitte schön, Frau Künast.
Die nette Frage ist: Möchten Sie sich nicht in Ihrem Redebeitrag auf was anderes konzentrieren? Weil ich nämlich jetzt gehört habe, dass im Bundesrat der Vorschlag von Cem Özdemir gerade durchgegangen ist.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Also, der Aufwuchs der Flächen, ein bestimmter Anbau kann stattfinden. Das ist doch so weit erst mal gut. Rechtlich, zeitlich ist es eh nicht mehr änderbar. Also lassen Sie uns über die Zukunft reden! Die Bauern werden diesen einen Teil gerne nutzen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Liebe Frau Künast, ich bin dankbar für diese nette Frage, weil Sie mir damit mehr Redezeit geben.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wenn Sie die Beratung im Bundesrat verfolgt haben, dann wissen Sie: Es gab einen Antrag, dass auf diesen Flächen auch landwirtschaftliche Nutzung zugelassen werden sollte mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, mit dem Einsatz von Düngemitteln. Dieser ist abgelehnt worden.
(Natalie Pawlik [SPD]: Ja! – Dr. Franziska Kersten [SPD]: Ja!)
Jetzt ist nur genehmigt worden, dass man diese Flächen zum Anbau von Futtermitteln nutzen kann.
(Natalie Pawlik [SPD]: Ja!)
Jetzt zu Ihrer Frage, liebe Frau Künast: Ich komme aus der Landwirtschaft, ich kenne die Feldfrüchte, die auf diesen Flächen stehen. Also, ich weiß nicht, ob die Kühe so begeistert sind, wenn man sie mit Disteln füttert. Also, mit diesem Beschluss leisten Sie keinen Beitrag zur Welternährung. Wir brauchen eine Aktivierung dieser landwirtschaftlichen Nutzflächen. – Und jetzt sollten Sie sich wieder setzen. Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Protschka [AfD] – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ja auch so, dass uns die Zeit davonläuft. Bereits am 23. März hat die EU-Kommission, hat Brüssel beschlossen: Wir können diese Flächen nutzen. – Vom 23. März bis zum letzten Wochenende waren die besten Aussaatbedingungen in Deutschland. Unsere Bäuerinnen, unsere Bauern hätten säen können. Sie hätten auch Hafer für Ihre Hafermilch, Frau Künast, säen können. Aber das konnten sie nicht, weil Sie mit Ihrer Bundesregierung es verhindert haben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
Auch die EU hat vorgegeben: Es muss innerhalb von 21 Tagen entschieden werden. – Der Entschluss, der jetzt parallel im Bundesrat gefasst wird, ist ein Minimalkompromiss, den wir – ja – mittragen; aber es wäre wesentlich mehr drin gewesen.
Wenn wir über die weitere Ausgestaltung der Agrarpolitik in den nächsten Jahren reden, dann ist eine klare Forderung, dass diese 4-prozentige Stilllegung ab 2023 in der GAP hinterfragt werden soll. Lasst uns doch drüber diskutieren, dass wir diese Stilllegung von 4 Prozent der Flächen jetzt nicht machen und dass wir im nächsten Jahr auch auf diesen Flächen Lebensmittel produzieren. Darüber, was in zwei, drei, vier, fünf Jahren ist, müssen wir dann wieder neu diskutieren.
Wir hatten in Europa schon mal eine Stilllegung von 10 Prozent. Daran können sich die nicht ganz Jungen vielleicht noch erinnern. Damals war die Stilllegungsquote so hoch, weil eine Überproduktion in Europa stattgefunden hat. Jetzt haben wir als Deutsche die Verantwortung, Lebensmittel auch für die Länder zu produzieren, die es nicht mehr können, für die Länder, die vom Klimawandel betroffen sind. Wir haben hier auch als Deutscher Bundestag eine humanitäre Verantwortung, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich will Ihnen noch mal sagen: Ich finde es ja gut, wenn wir gewisse ökologische Maßnahmen machen. Aber eines stellen wir zurzeit auch fest: Auf den ideologischen grünen Spielwiesen, da wächst kein Brotgetreide.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wiese ist immer grün! Sonst stimmt was nicht!)
Das muss uns klar sein. Die Menschen brauchen jetzt Ernährung. Die Menschen brauchen jetzt etwas zu essen und zu trinken.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das war aber kleines Karo!)
Vielen Dank, Herr Kollege Auernhammer. – Als nächste Rednerin erhält das Wort für die SPD-Fraktion Dr. Franziska Kersten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Christoph Hoffmann [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535383 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 29 |
Tagesordnungspunkt | Ukrainehilfe, Nahrungsmittelversorgung weltweit |