28.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 31 / Zusatzpunkt 3

Lars KlingbeilSPD - Umfassende Unterstützung für die Ukraine

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit über zwei Monaten führt Wladimir Putin einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Täglich sehen wir das Leid, das Putin und seine Vasallen über die Menschen im Land bringen: gezielte Tötung von Zivilisten, die Bombardierung von Krankenhäusern, von Schulen, von Kindergärten. Wladimir Putin trägt die Verantwortung für diesen Krieg. Er wird als Kriegsverbrecher in die Geschichte eingehen. Und wir werden alles daransetzen, dass er vor den zuständigen Gerichten dieser Welt für diesen brutalen Krieg zur Verantwortung gezogen wird.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist gut, dass wir heute hier im Parlament ein eindeutiges, ein unmissverständliches Signal aus der Mitte des Deutschen Bundestages setzen: Putin muss diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg beenden! Wir stehen an der Seite derjenigen, die mutig und tapfer in der Ukraine kämpfen. Wir stehen an der Seite der Ukraine. Das machen wir mit diesem gemeinsamen Antrag deutlich.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Merz, mir war wichtig, diesen Punkt am Anfang meiner Rede zu nennen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Bei Ihnen hat es fünf Minuten gedauert, bis Sie zum ersten Mal etwas zum Krieg und zum Leiden der Menschen in der Ukraine gesagt haben. Ich habe hier eigentlich auf meinem Zettel stehen: Dank an die Union. Herr Merz, ich muss Ihnen das in aller Emotionalität sagen: Das hätte heute von Ihnen eine staatspolitische Rede werden können.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist aber eine parteipolitische Rede geworden. Sie haben zu Ihren eigenen Leuten gesprochen.

Ich will Ihnen sagen, Herr Merz: Ich bin dankbar dafür, dass wir einen gemeinsamen Antrag auf den Weg gebracht haben. Danke an die vier Fraktionen und die Vorsitzenden! Aber hier ist kein Platz für parteipolitische Profilierung.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Herr Merz, ich will das anhand meiner eigenen Geschichte beschreiben. Ich bin 2009 in dieses Parlament gekommen. Die SPD ist damals in die Opposition gegangen. Das war schwierig für uns, weil wir lange regiert haben. Wir haben eine schwarz-gelbe Regierung erlebt, die nicht immer harmonisch war. Und trotzdem haben wir damals als SPD bei den großen internationalen Fragen, die abgestimmt wurden, nach dem Prinzip gehandelt: Erst das Land, dann die Partei.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Erinnern Sie sich, Herr Merz, an das Karfreitagsgefecht, das erste Mal, dass deutsche Soldaten im Ausland gefallen sind. Trotzdem hat die SPD am Afghanistan-Mandat festgehalten, hat ein klares Bekenntnis zur Bundeswehr abgegeben. Erinnern Sie sich an die großen Debatten über die Schutzschirme für Griechenland, für Spanien, den Eurorettungsschirm. Wir hätten uns das einfach machen können, aber wir haben damals nie gegen die Regierung gestimmt.

Lieber Herr Merz, ich habe mir in den letzten Tagen Sorgen um die Union gemacht,

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

als Sie kritisiert haben, dass Olaf Scholz nach Japan fährt, dass Olaf Scholz sich mit einem der wichtigsten westlichen Verbündeten trifft.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Die Frage ist, wann er es tut! – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ach, Herr Klingbeil!)

Da habe ich mich gefragt: Was ist nur aus der Union von Angela Merkel geworden? Was passiert da gerade in der Union?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ach, das ist doch Blödsinn! Die Frage ist, wann er es macht!)

Lieber Herr Merz, diejenigen, die am Antrag mitgeschrieben haben, haben nach dem Prinzip gehandelt: Erst das Land, dann die Partei!

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Machen Sie nur so weiter, Herr Klingbeil! Machen Sie nur so weiter! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Peinlich, Ihre Rede!)

Ich hätte mir gewünscht, dass diejenigen, die Ihre Rede geschrieben haben, auch nach diesem Grundsatz gehandelt hätten.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])

Aber zur Sache. Ich will ein paar Sätze zu diesem Antrag sagen, weil er mir wirklich wichtig ist. Dieser Antrag stützt das Handeln der Bundesregierung. Diese Regierung handelt, sie liefert, sie führt.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich will das an dieser Stelle sagen, weil Antragsberatungen ein Moment sind, wo man mal Danke sagen kann. Die Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung haben Entscheidungen mit einer Reichweite für die nächsten 10, 15, 20 Jahre zu treffen, mit einer Tragweite, die Leben und Tod betreffen. Es sind Entscheidungen, die man sich in der Regierung nicht einfach macht. Ich will hier stellvertretend Nancy Faeser, Christian Lindner, Annalena Baerbock, Christine Lambrecht, Robert Habeck und vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz für das danken, was wir in den letzten Wochen an guter Führung durch die Bundesregierung gemeinsam erlebt haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich habe in den letzten Tagen viele Bewertungen der Bundesregierung gelesen. Ich empfehle übrigens, mal die aktuelle Ausgabe der „Time“ zu lesen; da bekommt man einen Überblick, wie Deutschlands Rolle in der Welt gesehen wird. Lassen Sie uns einmal auf die Fakten schauen.

Fakt eins. Deutschland hat mit den Partnern Sanktionen vorbereitet und setzt diese massiv durch. Selten gab es ein so großes, umfassendes Sanktionspaket wie jetzt gegen Russland. Russland wird ökonomisch von den internationalen Märkten abgekoppelt und wird es über einen langen Zeitraum bitter zu spüren bekommen, was die Konsequenzen dieser Sanktionen sind.

Fakt zwei. Deutschland reduziert die Abhängigkeit von russischem Gas und russischem Öl. Das tun wir in einem größeren Tempo, als es im Koalitionsvertrag schon vorgesehen war. Ich bin dankbar dafür, dass wir das täglich in aller Entschiedenheit gemeinsam tun.

Fakt drei. Wir agieren eingebettet in die internationale Kooperation. Der Westen – die NATO, die Europäische Union – war lange nicht mehr so geeint und so stark wie jetzt. Ich sage: Daraus müssen wir etwas machen. Wir können nicht nur zusammenkommen, weil Putin uns treibt, sondern wir brauchen jetzt eine transatlantische Agenda für die Zukunft. Wir brauchen jetzt eine starke Europäische Union.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein Geschenk für uns, aber es kommt auf das Handeln der Bundesregierung an.

Und ja, Deutschland liefert Waffen. Diese Bundesregierung hat mit einem Prinzip gebrochen, das über Jahrzehnte in Deutschland galt. Wir liefern seit dem Beginn des Krieges, und wir sind jeden Tag einen Schritt weitergegangen: in der Qualität, in der Quantität dessen, was wir tun. Aber wir hatten auch hier Prinzipien. In dieser Kontinuität stehen die Entscheidungen der letzten Tage. Wir haben gesagt: Wir stimmen uns mit den internationalen Partnern ab. Wir haben gesagt: Wir gefährden nicht die eigene Landes- und Bündnisverteidigung. Und wir haben gesagt, dass wir selbst nicht zur Kriegspartei werden. Alles das tut die Bundesregierung.

Ich bin dankbar dafür – das ist der letzte Punkt, den ich ansprechen will –, dass wir eine Regierung haben, die weiß, dass sie konsequent und schnell entscheiden muss,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Peter Beyer [CDU/CSU]: Wahlversprechen des Tages!)

die aber nicht – Herr Merz, dieser Eindruck entsteht manchmal bei Ihnen – morgens aufwacht und überlegt: Was können wir heute tun? – Gerade in diesen Zeiten, gerade in Zeiten von Leben und Tod, von Krieg und Frieden geht es darum, dass man Grundüberzeugungen und Prinzipien hat und diese auch in einer Zeitenwende nicht über den Haufen wirft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Alice Weidel [AfD]: Dann gehen Sie aus der Ampel?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz aller parteipolitischer Differenzen will ich am Ende noch einmal betonen: Es ist richtig und wichtig, dass es hier aus der Mitte des Parlamentes ein klares Signal an Wladimir Putin und ein klares Signal an die Menschen in der Ukraine gibt, dass wir als Deutscher Bundestag auf der richtigen Seite der Geschichte stehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Aber ich sage Ihnen auch: Kleingeistigkeit und Kleinkariertheit, wie sie manches Mal gerade in der politischen Debatte erlebt werden, bringen uns nicht weiter.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir haben schwierige Entscheidungen vor uns, beispielsweise zum Sondervermögen. Herr Merz, das ist mein letzter Appell: Machen Sie deutlich, dass Sie an der Seite der Soldatinnen und Soldaten stehen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Herr Kollege Klingbeil.

Machen Sie deutlich, dass Sie bereit sind,

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Im Gegensatz zu Ihnen sind wir das! – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist einfach nur peinlich!)

die Fehler aus 16 Jahren unionsgeführtem Verteidigungsministerium zu korrigieren –

Herr Kollege.

– und mit der Ampel gemeinsam daran zu arbeiten, die Bundeswehr entsprechend auszustatten.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, machen Sie das mal!)

Das wäre ein richtiges Signal aus der Union.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Alice Weidel [AfD]: Das ist echt unglaublich! Soll er doch als Erster gehen!)

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Electoral Period 20
Session 31
Agenda Item Umfassende Unterstützung für die Ukraine
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