Nils SchmidSPD - Umfassende Unterstützung für die Ukraine
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schade, schade, Herr Wadephul, das war so eine gute Rede, bis auf ihren Schluss.
(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das tut einem weh! Die ganzen Putin-Versteher bei Ihnen!)
Zur Reise des Bundeskanzlers nach Japan will ich nur eines sagen: Japan ist in Asien der wichtigste Wertepartner Deutschlands, ein G‑7-Mitglied.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ja, deswegen muss er heute fliegen? Er kann doch morgen fahren!)
Wir haben alle gemeinsam die letzte Bundesregierung dazu beglückwünscht, eine Indopazifik-Strategie verabschiedet zu haben.
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Ausgerechnet heute! Das musst du mir mal erklären!)
Deshalb ist es gut, dass die erste Asien-Reise des neuen Bundeskanzlers Olaf Scholz gerade nach Japan geht
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Das kann er machen, aber doch nicht heute!)
und dass wir damit auch ein deutliches Signal setzen, wie wichtig uns Japan, wie wichtig uns Asien insgesamt ist.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Heute, das ist ganz wichtig! Das glaubt er ja wohl selber nicht!)
Genauso ist es wichtig, dass die deutsch-indischen Regierungskonsultationen demnächst stattfinden. Deshalb stehen wir voll hinter dieser Reise, auch zu diesem Zeitpunkt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist ja noch schlimmer!)
Historische und staatspolitische Reden kann man halten. Im Unterschied zur Unionsfraktion hat der Kanzler dies mit der „Zeitenwende“-Regierungserklärung zum Ukrainekonflikt schon getan. Dass wir jetzt hier im Deutschen Bundestag noch einmal gemeinsam klarziehen, dass wir hinter der Ukraine, hinter dem ukrainischen Volk stehen, dass wir dazu einen gemeinsamen Antrag verabschieden, ist ein unglaublich starkes Zeichen. Ich will dann doch insbesondere Herrn Wadephul noch einmal danken, dass er diese Gemeinsamkeit hervorgehoben hat, und ich setze darauf, dass diese Gemeinsamkeit für die Dauer des Krieges, aber auch für die langwierige Auseinandersetzung mit einem aggressiven Russland unter Putin möglichst lange erhalten bleibt. Und es ist auch ein gutes Zeichen, dass die Union jetzt dem Koalitionsantrag beitritt, ihn unterstützt. Wir haben sechs Wörter verändert, aber ansonsten ist der umfassende Antrag der drei Ampelparteien die Grundlage dieser gemeinsamen breiten Beschlussfassung.
Damit schließt sich auch die Union einem umfassenden Sicherheitsbegriff an, wo es eben nicht nur um Waffenlieferungen geht, sondern auch um die internationale Ordnung,
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber das ist doch nicht neu!)
die Verteidigung des Völkerrechts, die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen, die Auswirkungen auf die globale Ernährungssicherheit, die Rolle Chinas in diesem Konflikt. All das ist in diesem Antrag zu Recht aufgegriffen worden,
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, das ist das Ergebnis unserer Politik in den letzten Jahren!)
und im Ergebnis unterstützt dieser Antrag die sorgfältig abwägende Politik der Bundesregierung und des Bundeskanzlers. Deshalb sind jegliche Vorwürfe, da seien Zaudern und Führungsschwäche zutage getreten, völlig fehl am Platz. Mit diesem Antrag sind diese Vorwürfe hinfällig geworden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Mit diesem Antrag bekennt sich die große Mehrheit des Deutschen Bundestages auch zu den zwei tragenden Prinzipien der Politik Deutschlands während des Krieges Russlands gegen die Ukraine. Das erste Prinzip ist von der NATO schon sehr frühzeitig, vor Ausbruch des Krieges, festgelegt worden: Die NATO – und damit auch Deutschland – wird nicht Kriegspartei. Das ist ein Leitprinzip, das auch jeden Schritt dieser Bundesregierung leitet.
Das zweite Prinzip ist: Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Deshalb unterstützen wir die Ukraine mit allem, was wir zur Verfügung haben: politisch, diplomatisch, ökonomisch und natürlich auch, sehr wohl abgewogen, militärisch. Und natürlich wollen wir alle möglichst bald ein Ende des Krieges, aber – das sage ich auch Richtung Linkspartei – nicht um den Preis, dass der Aggressor gewinnt. Denn Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deshalb ist jeder Schritt, auch der der Waffenlieferungen, sorgfältig abzuwägen mit dem Blick auf die Möglichkeit einer Eskalation und auf die Möglichkeit, dass die NATO doch Kriegspartei werden könnte. Deshalb ist auch kein Drehbuch vorhanden, gibt es nicht eine einfache Wahrheit in den Diskussionen, die wir führen. Und deshalb ist es so wichtig, dass sehr vorsichtig, sehr ausgewogen entschieden wird durch diejenigen, die die Verantwortung tragen, in erster Linie die Bundesregierung.
Wir müssen das Dilemma aushalten, dass der Krieg erst dann – und dann besonders schnell – zu Ende geht, wenn die Ukraine militärisch in die Lage versetzt wird, eine Kapitulation gegenüber Putin zu verhindern. Agnieszka Brugger hat es angesprochen: Es ist ein Paradox, auch ein Dilemma, dass ein schnelles Ende des Krieges voraussetzt, erst mal Waffen zu liefern, damit die Ukraine überhaupt in eine Verhandlungsposition kommt, dass Putin nicht einseitig das Ende des Krieges diktieren kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Damit müssen wir umgehen, das müssen wir aushalten. Es ist schwierig, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und deshalb ist es auch so wichtig, dass bei den militärischen Entscheidungen so sorgfältig abgewogen wird.
Zum Schluss komme ich zu einer Bitte an uns alle – nicht nur an uns im Parlament, sondern auch an die deutsche Gesellschaft, an die Medien, an die Social-Media-Welt. Diese Debatte treibt uns um, dieser Krieg treibt uns um. Wir wollen der Ukraine helfen; aber es gibt eben keine einfachen Lösungen. Man kann nicht heute mal eine Waffe heranziehen und sagen: „Die muss geliefert werden“ und morgen eine andere. Das ist eine wirklich, wirklich schwere und auch neuartige Debatte hier in Deutschland. In keinem anderen NATO-Land wird öffentlich über die Details von Waffenlieferungen so ausgiebig diskutiert wie in Deutschland.
(Zuruf von der CDU/CSU: Und so lange gezögert!)
– Nein, das hat nichts mit Zögern zu tun, sondern es hat was damit zu tun, dass uns das umtreibt und dass es nicht einfach ist, meine sehr verehrten Damen und Herren!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und gerade weil es nicht einfach ist, verbietet es sich auch, bei Twitter oder sonst wo medial zu meinen, das ist der einzig mögliche Weg.
(Zuruf des Abg. Tino Chrupalla [AfD])
Deshalb wünsche ich mir, dass wir manche Stilblüte, –
Kommen Sie zum Ende, bitte.
– manche überschießende Übertreibung in der Debatte in Zukunft vermeiden und dass wir diese Debatte mit heißem Herzen und kühlem Kopf führen – genauso wie der Bundeskanzler es tut.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die AfD-Fraktion spricht Dr. Alexander Gauland.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535575 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 31 |
Tagesordnungspunkt | Umfassende Unterstützung für die Ukraine |