Marie-Agnes Strack-ZimmermannFDP - Umfassende Unterstützung für die Ukraine
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich zitiere:
Der Organisierung des Friedens stehen starke Kräfte entgegen. Wir haben erfahren, in welche Barbarei der Mensch zurückfallen kann. Keine Religion, keine Ideologie, keine glanzvolle Entfaltung der Kultur schließt mit Sicherheit aus, daß aus den seelischen Tiefenschichten der Menschen Haß hervorbrechen und Völker ins Unheil reißen kann. Der Frieden ist so wenig wie die Freiheit ein Urzustand, den wir vorfinden: Wir müssen ihn machen, im wahrsten Sinne des Wortes.
Das sagte Willy Brandt, als er 1971 den Friedensnobelpreis in Oslo entgegennahm, heute gespenstisch aktuell. Er sorgte sich bereits seinerzeit um die Zukunft Europas und deutete die Verantwortung Deutschlands. 51 Jahre später werden wir brutal von diesem Szenario eingeholt.
Vor 63 Tagen überfiel Russland die Ukraine, mordet und brandschatzt und greift damit auch unser aller regel- und wertebasierte Ordnung an, meine Damen und Herren, eine Ordnung, die 1945 als Konsequenz aus dem barbarischen Zweiten Weltkrieg erwuchs. Nie wieder sollte das Prinzip des Stärkeren gelten. Die Vereinten Nationen wurden gegründet, um künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren. Auf diese Charta konnten sich seit Jahrzehnten weltweit alle Staaten berufen, und diese Gewissheit ist seit dem 24. Februar zerstört.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Erosion dieses Werteverfalls nahm vor vielen Jahren ihren Anfang. Die Warnzeichen waren da und die Annexion der Krim bereits brutale Realität. Das Weißbuch wurde erneuert und die Landes- und Bündnisverteidigung in den Vordergrund gestellt, um dann – sagen wir es ganz deutlich – naiv, ignorant, in deutscher Ruhe dabei zuzusehen, wie Russland, bereits vor acht Jahren, einen Krieg in der Ostukraine anzettelte. Meine Damen und Herren, 14 000 Menschen sind dort seitdem ums Leben gekommen.
Es geht um Freiheit, um Demokratie, um Selbstbestimmung, um Menschenrechte, die mit Füßen getreten werden. Und deshalb bittet, deshalb ruft, ja deshalb schreit die Ukraine nach unserer Hilfe. Das mag manchem tierisch auf den Keks gehen. Wir sollten aber so lange bereit sein, dazustehen, bis die vollständige territoriale Integrität der Ukraine wiederhergestellt ist.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag ist daher unser Kodex, wie wir darauf gemeinsam über Parteigrenzen hinweg als Abgeordnete, aber vor allem als Menschen reagieren, aus der Mitte des Parlaments heraus.
Die vergangenen Wochen waren für uns alle eine immense Herausforderung. Wer in Deutschland aufgewachsen ist, kennt keinen Krieg; das ist der wunderbare Teil der Geschichte. Wie man dem Krieg begegnet, sorgte auch deswegen für knallharte Diskussionen, und ich bin sehr froh, dass unsere Bundesregierung, eingebettet im westlichen Bündnis, den Weg frei gemacht hat, auch schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Dies hätte Willy Brandt wie folgt eingeordnet – er sagte es 1992 –:
Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer. Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, daß jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Thomas Erndl für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535577 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 31 |
Tagesordnungspunkt | Umfassende Unterstützung für die Ukraine |