Carl-Julius CronenbergFDP - Mindestlohn - geringfügige Beschäftigung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es dürfte das Hohe Haus nur bedingt überraschen, wenn ich feststelle, dass die Idee, den gesetzlichen Mindestlohn auf 12 Euro anzuheben, nicht dem Wahlprogramm der Freien Demokraten entsprungen ist.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Aber offensichtlich haben unsere Partner von der Sozialdemokratie bei den Koalitionsverhandlungen so bestechende Argumente vorgetragen, dass wir schon jetzt einen Gesetzentwurf einbringen können.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: So war es!)
Noch schneller als wir war die Kritik der Union; denn die kam schon im Januar. Der geschätzte Kollege Knoerig hat dabei seine Argumentation ausgiebig auf einen FDP-Antrag aus dem letzten Jahr gestützt, in dem die Bedeutung der Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission betont wurde. Also wenn die Anpassung des Mindestlohns als Erstes dazu führt, dass die Union ihren ordnungspolitischen Kompass an den Anträgen der FDP ausrichtet, dann ist das erst einmal eine gute Nachricht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Dennoch, werte Kollegen von der Union, empfehle ich einen Blick ins Gesetz. § 1 Absatz 2 des Mindestlohngesetzes besagt, dass die Anpassung des Mindestlohns durch Rechtsverordnung der Bundesregierung auf Vorschlag der Mindestlohnkommission erfolgt. Würde die Regierung bei der Erhöhung auf 12 Euro die Mindestlohnkommission einspannen, wie von Ihnen im Januar gefordert, würde sie diese quasi nötigen, 12 Euro zu empfehlen. Dann hätten wir genau die Einschränkung ihrer Unabhängigkeit, die wir vermeiden wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb hat die Koalition bewusst einen anderen Weg gewählt und die Kommission einmalig aus dem Spiel genommen, um ihre Unabhängigkeit zu schützen.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Die Argumentation ist aber gewagt!)
Wir alle wissen, dass viele Betriebe, die einen hohen Personalkostenanteil haben – oft betrifft dies kleine Betriebe; vielfach auch solche, die unter Corona gelitten haben –, durch die Erhöhung um 15 Prozent belastet werden. Die Koalition weiß das und nimmt die Sorgen sehr ernst. Aus diesem Grund entlasten wir kleine und mittlere Unternehmen an anderer Stelle: Die vorgezogene Streichung der EEG-Umlage hilft genauso wie die Bürokratieentlastungen, die kommen werden, und die Sicherung der Minijobs; darauf ist eingegangen worden. Kollege Stracke, wir haben auch den steuerlichen Grundfreibetrag kräftig angehoben,
(Zuruf des Abg. Stephan Stracke [CDU/CSU])
um die Folgen für diejenigen, die jetzt mehr verdienen, zu relativieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns mag man richtig oder falsch finden, aber eines ist klar: Niemand kann sich wünschen, dass Menschen, die fleißig arbeiten, am Monatsende nur mit Mindestlohn nach Hause gehen. Nun wird, rein statistisch gesehen, die kräftige Erhöhung des Mindestlohns voraussichtlich erst einmal dazu führen, dass der Anteil an Mindestlohnempfängern unter allen Beschäftigten vorübergehend steigt. Lassen Sie mich klar sagen: Unser gemeinsames Ziel muss es sein, mit kluger Politik dafür zu sorgen, dass diese Quote wieder sinkt,
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
dass so viele Menschen wie möglich die Chance bekommen, am Arbeitsmarkt bessere Jobs zu finden als Mindestlohnjobs.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb schaffen wir Investitionsanreize für Unternehmen in der Transformation. Investitionen schaffen neue, meistens gut bezahlte Jobs, zum Beispiel bei Tesla in Grünheide, Northvolt in Schleswig-Holstein oder Intel in Magdeburg. Deshalb fördern wir Beschäftigte, die sich weiterbilden wollen. Qualifizierung sichert nicht nur Jobs, sondern schafft auch Aufstiegsmöglichkeiten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein Wort zum Antrag der Linken: Wer Ausnahmen vom Mindestlohn für Auszubildende abschafft, der riskiert Ausbildungsplätze.
(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Das ist Quatsch!)
Wer Ausnahmen für Langzeitarbeitslose abschafft, der erschwert ihnen den Weg zurück in den Arbeitsmarkt, statt zu helfen.
(Zurufe von der LINKEN)
Beides finde ich nicht sozial. Da machen wir nicht mit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Freuen wir uns mit den Menschen, die nach der Verabschiedung des Gesetzes in Zukunft mehr Geld verdienen werden.
Bis dahin freue ich mich auf die weiteren Beratungen.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Kollege Cronenberg. – Nächster Redner aus der CDU/CSU-Fraktion ist der Kollege Axel Knoerig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535618 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 31 |
Tagesordnungspunkt | Mindestlohn - geringfügige Beschäftigung |