Max StraubingerCDU/CSU - Mindestlohn - geringfügige Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute den eingebrachten Gesetzentwurf zur Erhöhung der Einkommensgrenzen bei Minijobs und Midijobs und gleichzeitig zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro. Für die Union ist völlig klar: Wir sind einmal die Partei der sozialen Stärke für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sind aber auch die Partei für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Seine Erhaltung ist ja die Voraussetzung dafür, dass wir ordentliche Löhne zahlen können.
Wir sind für höhere Löhne. Und wenn es einer Lohnuntergrenze bedarf, so sind wir auch da gefordert, und wir stimmen natürlich der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zu; der Kollege Stracke und die anderen Kollegen haben das bereits gesagt. Aber, Herr Kollege Bsirske, es ist entscheidend, dass auch die wirtschaftliche Grundlage dafür da ist. Stellen Sie sich vor, wir hätten vor 16 Jahren 12 Euro Mindestlohn gefordert und umgesetzt, also nach Rot-Grün, als wir fast 6 Millionen Arbeitslose hatten. Da hätte ein Mindestlohn in dieser Höhe garantiert wirtschaftlichen Schaden verursacht; das muss man verdeutlichen.
(Zurufe der Abg. Bernd Rützel [SPD] und Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es geht schon auch um das Umfeld, in dem das gemacht wird.
Also, wir stehen für die 12 Euro, und wir stehen letztendlich für gute Löhne für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Aber wir müssen im Gesetzgebungsverfahren vielleicht noch über den einen oder anderen Teil reden.
Die Mindestlohnkommission hat ja – das ist schon dargelegt worden – bereits Schritte unternommen: Der Mindestlohn ist zum 1. Januar gestiegen, und er wird zum 1. Juli auch wieder ansteigen, und zwar auf 10,45 Euro. All dies ist mit Bürokratie bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und in den Betrieben verbunden. Jetzt soll der Mindestlohn zum 1. Oktober auf 12 Euro steigen – das führt ebenfalls zu Bürokratie bei den Betrieben – und darüber hinaus wieder zum 1. Januar 2024; auch das bedeutet letztendlich Bürokratie.
(Zuruf der Abg. Yasmin Fahimi [SPD])
Ich bin dafür, Bürokratie abzubauen. Dementsprechend wäre es vielleicht wesentlich besser, darüber nachzudenken, wenn der Mindestlohn eh zum 1. Juli auf 10,45 Euro angepasst wird, ihn zum 1. Juli sofort auf 12 Euro anzupassen.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Ja, das ist doch völlig klar. Oder soll der 1. Oktober als Hubertus-Heil-Gedenktag in die Geschichte der Lohnpolitik eingehen?
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist also mit eine Frage, die man sachlich diskutieren sollte; das gehört meines Erachtens dazu.
Was den heutigen Tag zu einem rabenschwarzen Tag macht, sind die vermehrten Aufzeichnungspflichten im Gesetzentwurf. Die ursprünglich angedachten sind ja jetzt zum Teil zurückgenommen worden. Setzen wir das mal in Bezug zum Mindestlohn: Die Grenze des monatlichen Einkommens, bis zu der strikte Aufzeichnungen erforderlich sind und die vor Arbeitsbeginn angemeldet werden muss, wird durch den Gesetzentwurf auf 4 176 Euro festgesetzt. Um diese Grenze zu erreichen, müsste ich, wenn ich 12 Euro in der Stunde bekomme, 348 Monatsstunden arbeiten. Ich kann man mir nicht vorstellen, dass die SPD plötzlich die Arbeitszeit so ausweiten will.
(Bernd Rützel [SPD]: Ist nach geltendem Recht möglich!)
Das bedeutet von daher umgekehrt, dass ein Stundenlohn von 24 Euro unterstellt wird. Das heißt, Arbeitnehmern, die 24 Euro in der Stunde verdienen, traut man nicht zu, über ihre Arbeitszeit richtig Buch zu führen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diese Verordnung habt ihr eingeführt!)
Das ist ein Misstrauen gegenüber den Arbeitnehmern und ist ein Misstrauen letztendlich gegenüber den Arbeitgebern. Darüber sollte man auch nachdenken.
(Beifall bei der CDU/CSU – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Max, diese Verordnung habt ihr eingeführt!)
Das Dritte ist die Teilzeitfalle. Ich danke ausdrücklich Frau Kollegin Müller-Gemmeke, dass sie das auch dargestellt hat. Aber Ihre FDP-Kollegen denken hier zu kurz; denn die Teilzeitfalle besteht. Wir haben zwar die Angleichung bei den Sozialversicherungsbeiträgen – löblich, wir unterstützen das, gar keine Frage.
Herr Kollege Straubinger, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Aber dann muss man bei 521 oder 522 Euro den gesamten Betrag voll versteuern.
Kommen Sie jetzt bitte zum Schluss –
Das ist die Schwelle, die dann bedeutet, dass niemand in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geht. Darüber sollte die FDP nachdenken –
– oder ich entziehe Ihnen das Wort, Herr Kollege Straubinger.
– und nicht ihre steuerpolitischen Ansprüche reduzieren auf die Erhöhung des Grundfreibetrages. Es ist traurig von der FDP, die steuerpolitischen Ansprüche zu reduzieren.
Entschuldigung, Herr Präsident.
(Beifall bei der CDU/CSU – Pascal Kober [FDP]: Als Oppositionspolitiker musst du selber lachen! So mutig in der Opposition!)
Was heißt „Entschuldigung“? So sind unsere bayerischen Freunde einfach. Regeln spielen keine Rolle. Vielen Dank. – Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt hat die Kollegin Yasmin Fahimi, SPD-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535623 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 31 |
Tagesordnungspunkt | Mindestlohn - geringfügige Beschäftigung |