28.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 31 / Tagesordnungspunkt 10

Josef OsterCDU/CSU - Abschiebung von abgelehnten Flüchtlingen

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Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte am heutigen Nachmittag gehört zu den ausgesprochen vorhersehbaren in diesem Parlament. Die AfD würde natürlich am liebsten alle Flüchtlinge konsequent aus diesem Land abschieben, und die linken Parteien werden sich darüber maximal empören; wir haben gerade schon erlebt, wie das hier abläuft. Diese Debatte wird damit aber diesem sensiblen Thema meines Erachtens nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Insbesondere, sehr geehrter Herr Baumann, ist der Zeitpunkt dieses Antrages, wie ich finde, ungehörig. Wir erleben zurzeit erneut eine großartige Hilfsbereitschaft in unserem Land. Die vielen Haupt- und Ehrenamtlichen nehmen die geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer mit offenen Armen auf; sie helfen in größter Not. Wir Deutschen stehen zusammen. Wir helfen und unterstützen immer dann, wenn es darauf ankommt. Dafür will ich mich auch an dieser Stelle herzlich bei all jenen bedanken, die hier großartige Menschlichkeit zeigen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Kernpunkt des Antrags der AfD ist allerdings die Abschiebung quasi um jeden Preis. Das ist bezeichnend für eine Partei, der die Einigkeit in unserer Gesellschaft ein Dorn im Auge ist. Sie hoffen doch quasi darauf, dass Flüchtlinge in möglichst großer Anzahl nach Deutschland kommen, damit Sie Ihr fremdenfeindliches Weltbild weiter verbreiten können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist schlicht und ergreifend Ihr einfaches, aber verwerfliches Geschäftsmodell.

Herr Baumann, es ist doch nicht so, dass der Verfassungsschutz Sie wegen Ihrer Haltung in der Flüchtlingsfrage beobachtet.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Nein! Weil Sie die Innenminister stellen! Deswegen! – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Man darf politische Haltungen vertreten; wir sind ein freies Land. Er beobachtet Sie, weil Sie Rechtsradikale und Nazis in Ihren Reihen zulassen. Das ist der Grund.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])

Meine Damen und Herren, wir als Union, als Partei der Mitte, haben dagegen immer beide Seiten im Blick.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ihr seid eine linke Partei!)

Wir haben auf der einen Seite das Schicksal jedes einzelnen Flüchtlings im Blick, auf der anderen Seite aber eben auch die Leistungsfähigkeit unseres Landes. Denn klar ist: Weder wir noch unsere Partner in Europa können alle Flüchtlinge dieser Welt aufnehmen. Wir benötigen daher kontrollierte und geordnete Migrations- und Asylverfahren, und abgelehnte Asylanträge müssen Konsequenzen haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Welche denn?)

Deutschland leistet – das kann man gar nicht oft genug erwähnen – einen großartigen humanitären Beitrag. Aus der Ukraine kamen bisher rund 380 000 Kriegsflüchtlinge zu uns, und das sind wohlgemerkt nur die offiziell registrierten. Darüber hinaus – das sollten wir alle gemeinsam nicht vergessen – kommen aber weiterhin jeden Monat rund 15 000 Menschen aus anderen Ländern zu uns, die hier erstmals einen Asylantrag stellen. Diese Migrationsströme haben mit Beginn des Krieges in der Ukraine natürlich nicht aufgehört. Viele Menschen, die nicht aus der Ukraine, sondern aus anderen Ländern kommen, haben aber eben keinen Schutzanspruch in Deutschland. Die Gesamtschutzquote der letzten beiden Jahre lag nur bei 41 Prozent; alle anderen Asylanträge wurden abgelehnt.

Wir dürfen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Hilfsbereitschaft unseres Landes und das Vertrauen unserer Bevölkerung nicht verspielen. Deshalb muss man an dieser Stelle ehrlich sagen: Zu einer aufrichtigen Asylpolitik gehört eben auch, dass diese Menschen unser Land wieder verlassen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Warum haben Sie es nicht gemacht 16 Jahre lang? Warum nicht?)

Abschiebungen sind eben kein Ausdruck eines kaltherzigen Staates. Ganz im Gegenteil: Abschiebungen sind Ausdruck eines funktionierenden Rechtsstaates,

(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist doch jetzt Hetze!)

und sie sind wichtig für das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit unseres Staates insgesamt. Hier besteht ganz ohne Zweifel Handlungsbedarf; das steht für uns als Union jedenfalls außer Frage. Ich kann die Koalitionsfraktionen daher nur auffordern, hier tätig zu werden und deutlich über das hinauszugehen, was sie in ihrem Koalitionsvertrag in dieser Hinsicht verabredet haben.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Warum sind Sie nicht tätig geworden?)

Wir haben dazu in der Vergangenheit gute Vorschläge gemacht.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ja, Vorschläge! Sie haben regiert!)

Sie sind leider in der Regel am Widerstand von SPD und Grünen gescheitert; auch das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, zu einer gewissenhaften Asylpolitik gehören Abschiebungen schlicht und ergreifend dazu. Nur so können wir unsere Hilfsbereitschaft dauerhaft aufrechterhalten. Für Sozialromantiker sind Abschiebungen immer ein Akt der Kälte, für die Radikalen Ausdruck von Menschenfeindlichkeit.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir von der Union wollen eine verantwortungsbewusste Migrationspolitik. Wir von der Union stehen für Humanität, Steuerung und Ordnung. Wir unterstützen daher nicht den radikalen Ansatz der AfD. Aber dass hier großer Handlungsbedarf besteht, kann niemand ernsthaft bestreiten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Weil Sie versagt haben!)

Das Wort hat die Kollegin Filiz Polat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535630
Wahlperiode 20
Sitzung 31
Tagesordnungspunkt Abschiebung von abgelehnten Flüchtlingen
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