28.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 31 / Zusatzpunkt 7

Johannes SteinigerCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu der von der Bundesregierung angekündigten Kehrtwende bei Energiepreisen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle merken es: Das Leben wird teurer. Das merken wir an der Zapfsäule, wenn wir tanken gehen; das merken wir bei jedem Einkauf im Supermarkt. Wir werden es, wenn wir zur Miete wohnen, auch am Ende des Jahres merken, wenn die Nachzahlung fällig wird. Dann wird es für viele ganz besonders schlimm werden.

Wir sehen also: Das Leben von vielen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land ändert sich. Manche müssen sich nur einschränken, aber bei ganz vielen herrscht die große Sorge, dass sie sich nicht nur einschränken müssen, sondern dass am Ende des Monats nicht mehr genug Geld da ist, um diese hohen Preise zu bezahlen.

Wir erleben eine Rekordinflation: 7,3 Prozent im März. Seit 40 Jahren hatten wir nicht mehr solche Zahlen. Mir ist es in neun Jahren Bundestag jetzt das erste Mal passiert, dass ich eine Petition von einem Gemeinderat aus meinem Wahlkreis bekommen habe, und zwar aus der kleinen Gemeinde Weidenthal. Die Kommunalen und Ehrenamtlichen wollen sich dafür einsetzen, dass wir im Deutschen Bundestag handeln. Das zeigt aus meiner Sicht, dass es wirklich schon fünf nach zwölf ist. Wir fordern daher die Ampel auf, jetzt endlich zu reagieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie werden gleich in der Debatte sagen: Ja, wir haben doch gestern was verabschiedet und auch in den letzten Wochen immer mal wieder was gemacht.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Zumindest gesagt!)

Aber das Muster, das wir bei dieser Ampel sehen, ist immer gleich: Die Ampel reagiert zu spät, sie macht zu wenig. Und wenn Sie etwas machen, dann machen Sie es so bürokratisch, dass das am Schluss sehr viel mehr an Kosten produziert.

(Hagen Reinhold [FDP]: Sie haben doch 16 Jahre lang regiert!)

Ich würde mir wünschen, dass auf dieser Koalition nicht nur „Fortschrittskoalition“ draufsteht, sondern dass Sie diesen Fortschritt auch mit viel PS auf die Straße bringen; denn zum Fortschritt gehört auch die Schnelligkeit dazu.

(Beifall bei der CDU/CSU – Hagen Reinhold [FDP]: 16 Jahre!)

Wir sind als Union eine konstruktive Opposition. Wir weisen auf diese Themen seit vielen Monaten hin. Wir haben schon im letzten Jahr hier in den Debatten auf die hohe Inflation hingewiesen. Da habe ich noch gehört: Das gibt es doch gar nicht; das wird sich in den nächsten Monaten ausgleichen. – Wir sehen heute: Das ist falsch. Wir haben zum Thema „hohe Energiepreise“ schon vor Monaten einen Antrag eingebracht; der wurde von Ihnen abgelehnt.

(Timon Gremmels [SPD]: Vor Monaten haben Sie noch regiert!)

Ich selbst habe hier im Dezember letzten Jahres, kurz vor Weihnachten, zum Thema „kalte Progression“ gesprochen und gesagt, dass Sie dort etwas machen müssen. Sie machen nichts, und das liegt daran, dass sich die FDP im Koalitionsvertrag nicht durchsetzen konnte.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: An welcher Stelle denn nicht?)

Der Begriff „kalte Progression“ kommt im Koalitionsvertrag nicht vor, und deswegen gleichen Sie es – anders, als wir es früher gemacht haben – nicht aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das dicke Ende wird jetzt kommen, weil nun die Tarifrunden anstehen. Dann wird es so sein, dass die Lohnerhöhungen, die es bei den Tarifverträgen geben wird, aufgefressen werden. Tun Sie etwas dagegen, und zwar nicht nur, indem Sie den Grundfreibetrag erhöhen, sondern indem Sie auch etwas bei den Eckwerten machen. Dazu fordern wir Sie auf.

Jetzt haben Sie in den letzten Tagen einiges an Ankündigungen und Maßnahmen vorgestellt. Das eine haben Sie im Grunde genommen von uns kopiert;

(Lachen des Abg. Timon Gremmels [SPD])

das andere ist superbürokratisch und handwerklich schlecht gemacht. Sie führen einen Familienbonus ein: 100 Euro. Wir haben vor wenigen Wochen hier vorgeschlagen, einen Kinderbonus von 150 Euro zu machen. Da bleiben Sie hinter unseren Forderungen zurück.

Ich kann übrigens auch nicht mehr ertragen, wenn Sie sich hier abfeiern. Auch gestern habe ich Ihren Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr bei „Bild“ gesehen, der sich dafür abgefeiert hat, was für eine große Entlastung man hier vor sich hat. Jetzt gucken wir uns einfach noch mal an, was die Union in den letzten Jahren gemacht hat:

Erster Punkt. Wir haben den Kinderbonus zweimal gemacht – wir haben ihn zweimal für 150 Euro gemacht –, wir haben allein in den beiden Familienentlastungsgesetzen über 20 Milliarden Euro Entlastung gemacht, und Sie feiern sich jetzt hier mit diesen Dingen ab. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Zweiter Punkt: Energiesteuer. Bei der Energiesteuer finden wir es gut, dass Sie unseren Vorschlag aufnehmen, diese zu reduzieren. Aber wir hätten gern, dass Sie es nicht nur für drei Monate machen, sondern dass Sie unseren Vorschlag aufnehmen und dies für zwei Jahre machen. Denn eins ist doch klar: Diese Krise wird nicht in drei Monaten zu Ende sein.

Jetzt das Thema Energiegeld. Wir hatten eine Anhörung dazu im Finanzausschuss. Das war schon sehr erschreckend, wenn man sich anschaut, was für einen Rattenschwanz diese 300 Euro, die Sie hier auszahlen wollen, nach sich ziehen. Es kommt zu spät und ist ungenügend. Sie vergessen im Übrigen auch viele: Sie vergessen die Studenten und die Rentner. Aber am allerschlimmsten ist Folgendes – und das wundert mich dann schon, wenn die FDP an einer solchen Bundesregierung beteiligt ist –: Sie schaffen hier ein Bürokratiemonster. Heute beziffert das „Handelsblatt“ die Bürokratiekosten allein für das Energiegeld auf 1 Milliarde Euro. Die Steuerverwaltungen in den Bundesländern werden mit 550 Millionen Euro Bürokratiekosten mehr belastet – ein Wahnsinn, wenn man sich das anschaut.

Und manchmal muss man ja etwas lachen. Ich habe dann gesehen: Der Finanzminister hat sich zitieren lassen, dass man das so bürokratieschonend wie möglich umsetzen will. Ich frage mich manchmal, was die FDP, als sie noch in der Opposition gewesen ist, zu solchen Gesetzen gesagt hätte.

(Zuruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU])

Ich kann es mir gut vorstellen, und das sagen wir Ihnen jetzt auch. Von daher: Kommen Sie hier in die Puschen, und kommen Sie Ihrem Auftrag nach!

(Beifall bei der CDU/CSU – Jens Spahn [CDU/CSU]: Was ist nur mit unserer FDP passiert? – Lachen des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP] – Gegenruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU]: Da muss er selber lachen, unser Herr Köhler!)

Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Dr. Nina Scheer das Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535652
Wahlperiode 20
Sitzung 31
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu der von der Bundesregierung angekündigten Kehrtwende bei Energiepreisen
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