28.04.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 31 / Tagesordnungspunkt 19

Jan-Marco LuczakCDU/CSU - CO2-Bepreisung in Mietnebenkosten

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Ich wusste gar nicht, dass Sie so groß sind, Herr Daldrup, dass ich das Rednerpult so lange herunterfahren muss. – So.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich will vielleicht mit einer sehr grundlegenden Frage, die wir uns aber stellen sollten, anfangen: Warum gibt es eigentlich einen CO2-Preis? Weil CO2 schädlich ist für das Klima. Es verursacht Kosten, die wir heute nicht unmittelbar spüren; aber nachfolgende Generationen, unsere Kinder und Enkelkinder, die müssen diese Kosten tragen. Deswegen gibt es diesen CO2-Preis.

Das ist, Frau Lay, ganz anders, als Sie das sagen, nicht absurd, sondern es ist eine Notwendigkeit, dass diejenigen, die heute Kosten verursachen – auch wenn wir diese Kosten noch nicht spüren –, diese Kosten am Ende auch tragen. Nur so können wir die Lenkungswirkung erreichen, die wir brauchen, um unsere Klimaziele zu erreichen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, aus der sich keiner herausstehlen kann, Vermieter und Vermieterinnen nicht, aber auch Mieterinnen und Mieter nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wer ist denn jetzt der Verursacher der Kosten, wenn ein Mietverhältnis vorliegt? Da gibt es natürlich zwei Parteien: die Vermieter und die Mieter. Beide haben Einfluss darauf. Das hat Herr Daldrup richtig gesagt: Natürlich kommt es auf den Gebäudezustand an, kommt es darauf an, was der Eigentümer investiert hat, in welchen energetischen Zustand er sein Gebäude versetzt hat. Aber es kommt natürlich auch auf die Nutzerinnen und Nutzer an, auf die Mieter, wie sie mit ihrer Wohnung umgehen, wie sie sich verhalten. Deswegen finde ich das, was Sie jetzt hier vorschlagen, nämlich die Mieterinnen und Mieter völlig aus der Verantwortung zu entlassen, weder fair noch gerecht. Das wird der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, die auch Mieterinnen und Mieter haben, nicht gerecht. Bei dem, was Sie vorschlagen, ist es am Ende völlig egal, wie sich die Mieterinnen und Mieter verhalten, ob sie bei offenem Fenster die Heizung auf fünf stellen, volle Pulle, ob sie jeden Tag eine halbe Stunde lang warm duschen. Auf all das hat der Vermieter aber überhaupt keinen Einfluss.

Erlauben Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Lay?

Ja, selbstverständlich; immer gern.

Verehrter Herr Kollege Luczak, erst einmal vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich muss allerdings sagen: Das Bild, das Sie hier zeichnen, dass Mieterinnen und Mieter bei offenem Fenster volle Pulle heizen, das ist wirklich absurd. Das kann ich an dieser Stelle nicht stehen lassen.

Aber zu meiner Frage. Sie haben hier von einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, die auch Mieterinnen und Mieter tragen würden, gesprochen. Aber stimmen Sie mir zu, dass durch das, was Sie durchgesetzt haben – auch Sie ganz persönlich in der letzten Legislaturperiode –, diese gesamtgesellschaftliche Verantwortung alleine den Mieterinnen und Mietern aufgebürdet wird? Das ist der Zustand, den wir jetzt haben. Müssen nicht auch Vermietende einen Teil dieser gesamtgesellschaftlichen Verantwortung tragen?

Liebe Frau Kollegin Lay, vielen Dank für die Frage. – Ich will an einer Stelle zunächst einmal korrigieren: Ich habe nicht das Bild gezeichnet, dass Mieterinnen und Mieter und schon gar nicht alle irgendwie bei offenem Fenstern die ganze Zeit heizen.

(Widerspruch der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])

– Das habe ich überhaupt nicht. – Ich habe es nur als Beispiel dafür genannt, was die Regelung, die Sie jetzt hier vorschlagen, am Ende bewirken würde. Wenn sich jemand so verhält – ich sage nicht, dass das alle machen; aber es gibt eben Menschen, die verschwenderisch mit Energie umgehen, die am Tag eine halbe Stunde lang unter der Dusche stehen oder anderes –, dann haben die Vermieter darauf überhaupt keinen Einfluss. Darum ist es nicht in Ordnung, wenn Sie fordern, dass allein die Vermieter die Kosten tragen sollen.

Zur zweiten Frage, die Sie gestellt haben – ich komme noch dazu –: Ich bin sehr dafür, dass man die gesamtgesellschaftliche Verantwortung verteilt. Ich habe es gesagt: In einem Mietverhältnis gibt es zwei Parteien, Vermieter und Mieter, und beide müssen sozusagen ihren Teil der Verantwortung tragen. Die Mieterinnen und Mieter müssen ihr Nutzerverhalten anpassen. Aber es geht natürlich auch darum, dass wir Anreize setzen für die Vermieter, die Eigentümer von Gebäuden, zu investieren, damit der energetische Zustand des Gebäudes besser wird. Genau darum geht es in dieser Debatte. Wir brauchen ein abgestuftes, auf den energetischen Zustand des Gebäudes abstellendes Modell.

Deswegen ist das, was Herr Daldrup gerade sagte – er hat das Modell der Ampel gelobt –, eine Mogelpackung. – Ich bin sozusagen schon über Ihre Frage hinaus; aber ich nehme mir gerne noch ein bisschen Zeit.

(Bernhard Daldrup [SPD]: Sie wollen nur die Mieter belasten!)

Was die Ampel dort vorgeschlagen hat, ist, Herr Daldrup, eine Mogelpackung, weil es – anders als Sie es kommuniziert haben – gerade nicht auf den energetischen Zustand des Gebäudes ankommt, sondern Ihr Modell stellt darauf ab, wie viel Brennstoff anteilig verbraucht wurde. Sie wollen der Heizkostenrechnung entnehmen, wie viel Brennstoff verbraucht wurde; danach wollen Sie die Gebäude klassifizieren. Das heißt, wenn es, wie ich gerade skizziert habe, wirklich Mieterinnen und Mieter gibt, die verschwenderisch mit Energie umgehen, haben diese Mieterinnen und Mieter es sogar in der Hand, die Klassifizierung des Gebäudes negativ zu beeinflussen. Wenn sie besonders viel Energie verbraucht haben, dann sind sie hinterher möglicherweise sogar im Vorteil, weil das Gebäude schlechter klassifiziert wird und sie dadurch am Ende prozentual weniger zahlen müssen. Das, liebe Ampel, ist absurd. Der Vorschlag, den Sie hier machen, ist schlecht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bernhard Daldrup [SPD]: Sie wollen nur die Mieterinnen und Mieter belasten!)

Die Folge davon wird sein, dass sich die Vermieter dann sehr genau anschauen: Was sind denn das für Nutzer? – Die Leidtragenden werden dann diejenigen sein, die viel Energie verbrauchen: die kinderreichen Familien zum Beispiel, die älteren Menschen in unserem Land, die natürlich – das wissen wir alle – höhere Temperaturen in ihren Wohnungen haben. Das wird sich ein Vermieter dann sehr genau anschauen und sagen: Na, dann nehme ich doch lieber den Single, der irgendwie zweimal im Monat zu Hause ist, sonst aber beruflich unterwegs. – Das ist nicht meine Vorstellung von einem gerechten Modell. Genau das schlagen Sie aber vor. Das werden wir nicht mitmachen, kann ich Ihnen sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bernhard Daldrup [SPD]: Sie wollen die Mieterinnen und Mieter allein belasten!)

Deswegen will ich noch einmal sagen: Ich werbe sehr dafür, dass wir die gesamtgesellschaftliche Verantwortung deutlich machen. Wir brauchen ein Modell, das dem energetischen Zustand des Gebäudes entsprechend abgestuft ist und eine Lenkungswirkung in beide Richtungen entfaltet, beim Vermieter, damit er Anreize hat, energetisch zu sanieren, gleichzeitig aber auch bei den Nutzern, damit sie ihr Verbrauchsverhalten anpassen. Dafür müssen wir Sorge tragen. Das deckt Ihr Modell aber nicht ab.

Der letzte Punkt – weil Sie das ansprachen, Herr Daldrup –: Wir müssen den regulativen Rahmen so gestalten, dass das, was wir wollen – dass energetisch modernisiert wird –, auch leistbar ist, dass es sich wirtschaftlich trägt,

(Bernhard Daldrup [SPD]: Das machen wir!)

dass es rechtlich trägt. Deswegen müssen wir sehr aufpassen, dass wir die neuen, angedachten Regulierungen im Mietrecht nicht so ausgestalten, dass Modernisierung nicht mehr möglich ist. Das ist die gesamtgesellschaftliche Verantwortung: beide in die Verantwortung nehmen, und dafür stehen wir als Union gerne bereit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Daldrup [SPD]: Es bleibt dabei: Die Union will nur die Mieterinnen und Mieter belasten! – Widerspruch des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU] – Bernhard Daldrup [SPD]: Doch, dabei bleibt es: nur die Mieterinnen und Mieter, jawohl! – Widerspruch des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU] – Bernhard Daldrup [SPD]: Das haben Sie doch gerade gesagt! – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Dann haben Sie nicht zugehört!)

Für Bündnis 90/Die Grünen erhält jetzt Hanna Steinmüller das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535738
Wahlperiode 20
Sitzung 31
Tagesordnungspunkt CO2-Bepreisung in Mietnebenkosten
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