Serap GülerCDU/CSU - Jahresbericht 2021 der Wehrbeauftragten
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte! Zunächst möchte ich Ihnen, Frau Dr. Högl, und Ihrem Team danken für Ihren unermüdlichen Einsatz und Ihre konstruktive Arbeit ganz im Sinne unserer Soldatinnen und Soldaten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
In Ihrem Jahresbericht 2021 bekommen wir Aufschluss über den Zustand der Bundeswehr sowie über die Stimmung und auch über die Missstände in der Truppe. Aber auch in anderer Hinsicht ist der Bericht sehr aufschlussreich. Bereits zu Beginn Ihres Berichtes gehen Sie auf die Rede des Bundeskanzlers am 27. Februar ein. Und auch Sie haben ganz offensichtlich den Bundeskanzler genauso verstanden wie der Rest der Bevölkerung: Deutschland wird ab sofort mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in den Verteidigungshaushalt investieren und zusätzlich
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Nein, nicht zusätzlich! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat niemand gesagt!)
ein „Sondervermögen Bundeswehr“ in Höhe von 100 Milliarden Euro aufsetzen – nachzulesen in dem Bericht der Wehrbeauftragten, lieber Herr Kollege.
(Zuruf von der FDP: Zuhören!)
Aber okay, das soll anders gemeint gewesen sein. Das muss Frau Högl, das muss ich, das muss der Rest der Bevölkerung hier zur Kenntnis nehmen.
Und dennoch möchte ich hier klarstellen, dass wir ausdrücklich Ihre Aufforderung, Frau Högl, an dieses Hohe Haus unterstützen, den Verteidigungshaushalt deutlich zu erhöhen.
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Dann stimmen Sie den 100 Milliarden zu!)
Wir müssen dauerhaft mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Bundeswehr investieren.
(Dr. Marcus Faber [FDP]: Hätten Sie das mal gemacht!)
Das erwarten unsere Partner, unsere Verbündeten, aber genau das erfordert auch die aktuelle Bedrohungslage.
(Dr. Joe Weingarten [SPD]: Dann bringen Sie erst mal Herrn Merz auf Linie!)
Nur dann wird die so groß angekündigte Zeitenwende wirklich mit Leben gefüllt werden. Denn Ihr Bericht zeigt: Das Geld wird dringend gebraucht, gerade für die persönliche Ausstattung und Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten. Davon konnte ich mich auch letztens im Rahmen eines Besuchs bei unserer Battle Group in Litauen überzeugen. Das muss man an dieser Stelle leider auch ganz offen und ehrlich sagen: Unsere Soldatinnen und Soldaten vor Ort sind diejenigen, die am schlechtesten ausgestattet sind – und das, obwohl wir dort Führungsnation sind.
(Stephan Brandner [AfD]: Obwohl wir 16 Jahre die CDU an der Macht hatten! – Dr. Joe Weingarten [SPD]: 16 Jahre CDU-Verteidigungsminister!)
Das fängt an bei der Bekleidung, geht über die Funkgeräte und endet darin, dass unsere Soldaten nach wie vor die Einzigen sind, die in gepanzerten Fahrzeugen mit Karten arbeiten müssen, während andere schon digital unterwegs sind. Und wer dafür verantwortlich ist, lieber Herr Kollege, haben wir, glaube ich, in den letzten Tagen hier sehr ausführlich erörtert.
(Dr. Marcus Faber [FDP]: Das wissen wir: die CDU/CSU!)
Dabei ist klar geworden, dass sich hier keiner von dieser Verantwortung freisprechen kann, gerade nicht Ihre Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Joe Weingarten [SPD]: Dann stimmen Sie den 100 Milliarden zu! Dann sorgen Sie dafür, dass Ihr Fraktionsvorsitzender keine Spielchen spielt!)
Es ist ausdrücklich zu begrüßen – das hat Frau Högl gerade auch schon deutlich gemacht –, dass jetzt in guter Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und dem Bundestag die 2,4 Milliarden Euro für die Schutzausrüstung und für die Bekleidung schnell und flexibel bereitgestellt werden. Dies wird die Motivation der Männer und Frauen nochmals steigern. Und es ist ein Zeichen des Respekts, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Darüber hinaus müssen wir aber auch weitere Bedürfnisse der Soldatinnen und Soldaten im Auge behalten, und auch hier insbesondere die der Frauen. Diese Bedürfnisse müssen stärker in den Fokus gerückt werden. Denn Sie stellen zu Recht fest, Frau Högl, dass die Strukturen der Bundeswehr auf männliche Soldaten ausgerichtet sind.
(Stephan Brandner [AfD]: Das ist ja ein Ding!)
Es dienen immer noch nur knapp 13 Prozent Frauen in der Bundeswehr.
(Stephan Brandner [AfD]: 12,85!)
Also müssen wir uns auch hier gemeinsam als Abgeordnete Gedanken machen, wie wir den Dienst in der Bundeswehr für Frauen attraktiver machen können. Zum Beispiel müssen Dienst- und Familienpflichten kombinierbarer werden. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein großes Thema in der aktiven Truppe, aber auch bei den Reservistinnen und Reservisten. Sie müssen viele Verpflichtungen koordinieren, zwischen ihrem Beruf, ihrer Familie und dem Reservistendienst. Auch ihnen danke ich ausdrücklich für ihr Engagement, gerade in der Fluthilfe oder auch in der Pandemie.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ihre Rolle für die Landes- und Bündnisverteidigung wird in diesen Zeiten wieder zentral für die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes. Im Verteidigungsfall müsste eine große Zahl Reservisten herangezogen werden; wir reden hier von mehreren Zehntausend. Doch die Software dafür, die diese Mammutaufgabe stemmen soll, stammt aus den Zeiten des Kalten Krieges. Die Digitalisierung im Personalwesen muss also schneller und flexibler gestaltet werden und kann sich nicht an die normalen Beschaffungswege halten, die mittlerweile mehrere Jahre dauern können. Bis dahin sind eine Implementierung bzw. die IT der Implementierung schon längst überholt.
Und das ist nur eine der Widrigkeiten, denen unsere Soldatinnen und Soldaten teilweise ausgesetzt sind, wie wir in dem Bericht nachlesen können. Umso bemerkenswerter ist es, wie selbstverständlich und höchst motiviert sie immer wieder Außerordentliches leisten. Und dafür gilt ihnen unser aller Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, strengen wir uns gemeinsam an, ziehen wir gemeinsam Lehren aus diesem Bericht und sorgen dafür, dass Motivation und Freude am Dienst für unser Land stärker gewürdigt werden, indem wir die Belange der Truppe auch künftig stärker respektieren.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Sara Nanni.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535801 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 32 |
Tagesordnungspunkt | Jahresbericht 2021 der Wehrbeauftragten |