Alexander MüllerFDP - Jahresbericht 2021 der Wehrbeauftragten
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Högl, ich darf Ihnen zuerst für Ihren engagierten Einsatz für unsere Soldatinnen und Soldaten danken. Mit Ihrem Bericht legen Sie wieder die Stellen offen, an denen die Politik im Obligo ist, die Probleme der Truppe abzustellen. Es ist ein ganz wichtiges Papier, eine Art Checkliste, würde ich als Berufspilot sagen, die wir in diesem Haus abzuarbeiten haben.
Ihr Bericht 2021 geht ausführlich auf das Ende des Afghanistan-Einsatzes ein, eine Zäsur in der Geschichte der Bundeswehr. Afghanistan war der intensivste und der verlustreichste Auslandseinsatz der Bundeswehr. Der Bericht ist erneuter Anlass zum Gedenken an die 59 Soldatinnen und Soldaten, die aus diesem Einsatz nicht wieder lebendig nach Hause gekommen sind, und auch an die vielen körperlich und seelisch Verwundeten, für deren Fürsorge wir hier als Parlament in der Schuld stehen. Wir danken heute allen unseren Soldatinnen und Soldaten, die weltweit für uns den Kopf hinhalten, um unsere Aufträge zu erfüllen und Frieden in der Welt abzusichern.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt kommen wir mal kurz zu den Zahlen. Der Kollege von der AfD sprach eben von seinen Millionen Wählern. Beim Bundeswahlleiter kann man es ja sehr genau nachvollziehen: Es waren 26 000. Da sind also wohl ein paar Nullen durcheinandergeraten.
(Dr. Joe Weingarten [SPD], auf die AfD weisend: Die Nullen sitzen da!)
Aber auch über die Union muss man sich wundern, weil beide Rednerinnen fehlende finanzielle Mittel beklagten. Jetzt ist vom Finanzministerium keiner da, der mit dem Hut herumgehen könnte; aber das war schon fast vergnügungssteuerpflichtig und durchaus unterhaltsam. In der mittelfristigen Finanzplanung der letzten unionsgeführten Bundesregierung waren für dieses Jahr etwas mehr als 46 Milliarden Euro vorgesehen. Wir als Ampel haben 50 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. Doch Sie kritisieren und jammern nur rum. Und dann kommt das Sondervermögen. Da stehen Sie auch nicht; da wissen Sie auch nicht, was Sie wollen.
(Kerstin Vieregge [CDU/CSU]: Das wissen wir ganz genau!)
Der Fraktionsvorsitzende Merz hat angekündigt, dass er uns 75 Stimmen für die Grundgesetzänderung zu den 100 Milliarden Euro gönnen will, und der Rest stimmt dann irgendwie anders. Das heißt, entweder sind Sie in der Union tief gespalten, oder Sie wollen hier taktische Spielchen spielen. Und das ist unangemessen, wenn es um das Wohl unserer Soldatinnen und Soldaten geht. Das ist kein staatspolitisches Handeln.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestern haben hier mehrere Redner verlangt, dass wir die Ukraine nicht weiter bei der Selbstverteidigung unterstützen, dass wir Putin nicht weiter stören sollen, wenn er die Bevölkerung dort auslöscht. Die Stammtischformel „Wer Waffen liefert, befeuert immer den Krieg!“ stimmt nicht. Viele von uns, die geglaubt haben, man könne ohne Waffen oder Abschreckung dauerhaften Frieden haben, sind in diesem Jahr in der Realität aufgewacht. Wladimir Putin beeindrucken keine Gespräche, ihn interessiert auch das Völkerrecht nicht, und geschlossene Verträge interessieren ihn auch nicht. Seine Gegner bringt er einfach um. Wir sind hier in Deutschland Zeuge davon. Einen Aggressor stoppen wir nicht mit einem Sitzkreis und einer ausgiebigen Diskussion. Das haben fast alle mittlerweile verstanden. Einen Aggressor beeindrucken nur wirksame Abschreckung oder – ich zitiere eine gute Formulierung meiner Kollegin Strack-Zimmermann – Verhandlungen mit sichtbarer Hand am Colt.
(Stephan Brandner [AfD]: Mein Lieber! Das ist martialisch! Das ist ja eher John Wayne als schneidiger Unteroffizier!)
Unsere Abschreckung ist eine starke Bundeswehr. In der Ukraine verteidigt sich gerade die freie Welt gegen den Neoimperialismus. Erst wenn Freiheit, das Recht auf Leben, auf körperliche Unversehrtheit, faire Gerichtsurteile, Meinungsfreiheit plötzlich nicht mehr vorhanden sind, erkennen wir deren Wert. Die Bundeswehr ist unser Garant für genau diese freiheitlichen Werte. Ich bin froh und dankbar, dass die Bundeswehr jetzt verstärkt Bewerberinnen und Bewerber bekommt, weil sie den Sinn stiften kann, den viele junge Menschen aus ihrem künftigen Beruf ziehen wollen.
Jede unserer Soldatinnen, jeder Soldat riskiert seine körperliche Unversehrtheit und dient dafür, diese unsere Art, zu leben, zu verteidigen. Ich bin allen dafür sehr dankbar, und deswegen sollten wir noch wesentlich mehr leisten, damit die Truppe den Respekt bekommt, den sie sich verdient. Zu diesem Respekt gehört eine anständige Ausrüstung und materielle Ausstattung, die diese Regierungskoalition jetzt nachhaltig und glaubwürdig bereitstellt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Florian Hahn.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 32 |
Tagesordnungspunkt | Jahresbericht 2021 der Wehrbeauftragten |