Klaus-Peter WillschCDU/CSU - Impulse für Einzelhandel und Innenstädte
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Kollege Lange hat ja gerade richtiggestellt, was an Ihren Äußerungen, Frau Otte, korrekturwürdig war. Ich will darüber hinaus auch auf Herrn Außendorf eingehen. Wissen Sie, mit diesem Autobashing und mit ein bisschen mehr Wohlfühlen ist es ja nicht getan. Wir müssen vor Ort Lösungen finden, die zu den Leuten passen. Und es ist wichtig, dass man Plätze auch erreichen kann.
Ich habe heute mit meiner Frau telefoniert, die mir gesagt hat: Heute Morgen habe ich wieder eine Dreiviertelstunde vor dieser Pförtnerampel gestanden, um in die Stadt zu kommen. – Da will ein grüner Verkehrsdezernent Ihre Vorstellungen durchsetzen, die dem Innenstadthandel aber nachhaltig schaden. Ich meine, wenn die Leute jetzt, nach Überwindung der Pandemie, sich aufmachen und bei dem Wetter Lust haben, trotz Inflation wieder einkaufen zu gehen, dann sagen Sie Ihren militanten Außengruppen von der Letzten Generation oder wie sie heißen, dass sie sich nicht festkleben sollen auf den Straßen,
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)
damit die Leute wenigstens hinkommen zu den Läden und nicht abgehalten werden von denen, die meinen, sie müssten alle in ihrem Sinne erziehen.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Machen wir doch. Ja.
Herr Kollege Willsch, ich fordere Sie auf, richtigzustellen, dass die von Ihnen angesprochenen Gruppen, die Straßen blockieren, keine militanten Außengruppen von Bündnis 90/Die Grünen sind, und an dieser Stelle zur Wahrheit zurückzukommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Gut, dass er das noch mal wiederholt hat!)
Dann ist das vielleicht eine Fehlwahrnehmung von mir gewesen.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Aber ich habe noch nicht viele kräftige Aussagen gehört, die sich distanziert hätten
(Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Lüge!)
von diesem freiheitsbeschränkenden und rechtsstaatswidrigen Verhalten, das wir jeden Tag sehen, sei es an Flughafenzufahrten, an Stadteingängen oder anderswo.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Lüge!)
Machen Sie es deutlich! Sie haben ja jetzt einen Beitrag dazu geleistet. Lassen Sie den Bundesvorstand und die Fraktion eine kräftige Distanzierung beschließen, und rufen Sie diese Truppen auf, endlich wieder auf den rechtsstaatlichen Boden zurückzukommen!
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Lüge!)
Dann bin ich bereit, Ihnen alle Hände zu reichen, die mir zur Verfügung stehen.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Also sorry! – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ist das schön! Man soll sich Zwischenfragen immer überlegen!)
Um auch ein menschliches Signal zu senden: Wir haben gerade gehört, dass Minister Habeck heute nicht dabei sein kann, weil er corona-positiv getestet ist. Wir hoffen, dass er einen symptomfreien Verlauf hat. Wenn es so läuft wie bei mir – ich hatte es kurz vor Weihnachten –, dann wäre es gut. Das wünschen wir ihm auch. Wir nehmen natürlich positiv zur Kenntnis, dass Sie uns darüber informiert haben.
Nachdem Carsten Linnemann das Menschliche aus der persönlichen Betroffenheit geschildert hat und Ulrich Lange das Städtebauentwicklungspolitische sehr deutlich klargestellt hat, will ich an Sie appellieren: Versuchen Sie doch mal, das Leben in Deutschland so zu nehmen, wie es ist! In Deutschland leben fast 60 Prozent der Menschen in Einheiten unter 50 000. So ist es auch in meinem Wahlkreis, Rheingau-Taunus/Limburg. So ist es in Deutschland. Die größte Stadt hat 36 000 Einwohner, und da sind schon die Stadtteile mitgezählt. Das ist auf 180 Dörfer verteilt. Da können Sie nicht mit Ihren „One size fits all“-Lösungen, Autobashing und was weiß ich kommen. Wenn Sie der Lebenswirklichkeit der Menschen gerecht werden wollen, dann müssen Sie ein bisschen mehr bieten und sich ein bisschen mehr den Menschen in ihrer konkreten Lebenssituation zuwenden.
Ich muss leider auch noch einmal – ich komme dann aber zu einem positiven Abbinden – auf die Rede der Kollegin Mascheck eingehen. Sie hat nämlich gezeigt, worauf wir in der Großen Koalition immer Rücksicht nehmen mussten. Sobald das Thema Ladenöffnungszeiten überhaupt nur angedacht wird, kommt schon diese von Gewerkschaften infizierte Gegenreaktion: Um Gottes willen, Abbau von Arbeitnehmerrechten!
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Mit der Kirche gemeinsam die Christdemokraten!)
Das ist doch nicht die Lebenswirklichkeit. Reden Sie doch mal mit Menschen, die im Einzelhandel arbeiten!
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Genau das machen wir!)
Die haben keine Probleme, die Sonntage personell zu besetzen, wenn sie sonntags mal aufmachen können, weil die Leute, die in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt sind, gerne da arbeiten.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Sonntags? Wovon träumen Sie denn? – Pascal Meiser [DIE LINKE]: Streichen Sie mal das C aus Ihrem Parteinamen!)
Aber das wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen. Sie wollen Ihr ideologisches Gerüst nicht stören lassen durch Aspekte aus der Lebenswirklichkeit.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Das würde ich mal mit der Kirche diskutieren als Christdemokrat! Das sage ich Ihnen!)
Ich habe auch wahrgenommen, dass Herr Todtenhausen sich in seiner Argumentation noch einmal an dem nicht formal verkündeten Freedom Day abgearbeitet hat.
Aber eines muss ich doch zusammenfassend feststellen: Ich habe selten erlebt, dass ein Antrag so viel Übereinstimmung im ganzen Hause gefunden hat. Von allen Seiten ist er gelobt worden. Die einen haben gesagt: copy and paste. – Die anderen haben gesagt: Hätten wir alles schon gemacht, wenn wir gekonnt hätten. – Die können jetzt. Also, ich habe große Hoffnung, dass wir den Antrag der CDU/CSU in großem Einvernehmen annehmen; denn nach all dem, was schon Positives dazu gesagt wurde, kann ich mir gar nichts anderes mehr vorstellen.
Ich lade Sie herzlich ein: Lassen Sie uns das diskutieren! Unsere Innenstädte sind es wert. Denken wir zum Beispiel an den Denkmalschutz. Was macht es für einen Sinn, wenn niemand mehr in die Innenstädte geht, weil es sich nicht mehr lohnt, dorthin zu gehen? Die Innenstädte, die Ortskerne müssen Erlebnisräume sein. Da muss man den Kommunen auch Luft lassen, vor Ort so zu entscheiden, wie sie es für richtig halten. Sie wollen Bürokratie abbauen. Gehen Sie es da an! Schaffen Sie die unseligen Stundenzettel ab, die die Leute abends ausfüllen müssen.
(Beifall der Abg. Dr. Christina Baum [AfD])
Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Willsch.
Oder überlegen Sie einmal, ob man nicht mit einer Genehmigungsfiktion bei genehmigungspflichtigen Umbauten für den Einzelhandel arbeiten kann.
Der letzte Satz jetzt bitte, Klaus-Peter Willsch.
Das hat in anderen Bereichen gut gewirkt.
Letzter Satz und Gedanke – ich danke der Präsidentin ganz herzlich für ihre Geduld –:
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Helfen Sie mit, die Innenstädte lebendig zu halten –
Das waren schon mehrere letzte Sätze.
– und denjenigen, denen wir verboten haben, Geschäfte zu machen, jetzt Unterstützung zuteilwerden zu lassen, damit sie wieder hochkommen.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Johannes Arlt, SPD-Fraktion, ist der nächste Redner.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535812 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 32 |
Tagesordnungspunkt | Impulse für Einzelhandel und Innenstädte |