Jürgen HardtCDU/CSU - Bundeswehreinsatz bei EUNAVFOR MED IRINI
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anders als die ein oder andere Fraktion hier in diesem Hause wird die CDU/CSU-Fraktion ihre Haltung zu diesem Mandat nicht ändern müssen. Wir haben in der Arbeitsgruppe und in der Fraktion darüber beraten und uns entschlossen, dass wir diesem Mandat zustimmen.
Ich begrüße im Übrigen – das möchte ich an das anfügen, was meine Vorrednerin Agnieszka Brugger von den Grünen gesagt hat –, dass in der Grünenfraktion offensichtlich doch ein vernünftiger, kluger Pragmatismus mit Blick auf die Bewertung der Bundeswehr und ihrer Aufgaben sowie auf die Möglichkeiten, die auch robustes Vorgehen durchaus bietet, besteht. Das haben wir in dieser Woche ja an verschiedenen Punkten erlebt und nun jetzt auch bei diesem Mandat.
Ich möchte dennoch die zwei Punkte nennen, die uns an diesem Mandatstext in Form von Veränderungen gegenüber dem früheren Mandatstext beschweren. Ich glaube, dass wir da alle gemeinsam nacharbeiten und uns jenseits des Mandatstextes überlegen müssen, wie wir die so entstehenden Lücken schließen.
Auch wir waren der Meinung, dass die aktuelle libysche Küstenwache nicht ausgebildet werden kann. Das haben wir ja auch nicht getan. Aber es ist nun einmal Teil des EU-Mandats. Wir finden, dass es ein falsches Zeichen Richtung Brüssel sendet, wenn Deutschland diesen Mandatstext nicht zur Gänze umsetzt, was die Beschlusslage im Deutschen Bundestag angeht. Denn es könnte ja zum Beispiel sein, dass sich in den nächsten Monaten die Situation ändert. Dann müsste Deutschland gegebenenfalls seinen Mandatstext ändern; andere EU-Länder müssten das nicht.
Im Übrigen: Wenn das ein so kritischer Punkt ist – Sie haben ja herausgestellt, dass es für Sie besonders kritisch wäre, das zu tun –, dann stellt sich natürlich die Frage: Warum hat es die Bundesregierung auf EU-Ebene nicht geschafft, insgesamt eine Veränderung des Mandates an diesem Punkt zu erreichen? Dann sind wir ja offensichtlich von anderen Staaten dort überstimmt worden, oder es ist in anderer Weise dargelegt worden. Von daher, glaube ich, ist das nicht ganz logisch, dass jetzt Deutschland da ausschert.
Der zweite Punkt, der wichtig ist: Im Mandatsbegründungstext wird mitgeteilt, dass die Bundesregierung nicht beabsichtigt, die deutsche Teilnahme am Atalanta-Mandat, also an der Operation zum Schutz der Lieferungen der Welternährungsorganisation Richtung Somalia, fortzuführen. Der Deutsche Bundestag kann nicht Mandate beschließen, die von der Bundesregierung nicht vorgelegt werden. Aber dennoch ist die Frage erlaubt, warum wir jetzt zu dem Ergebnis kommen, dass wir dieses doch sehr erfolgreiche EU-Mandat, mit dem es in den letzten Jahren geschafft wurde, die Piraterie in dieser Region praktisch auf null zurückzudrängen, nicht fortführen.
Im Übrigen dient es nicht nur zum Schutz von vielen Menschenleben und verhindert solche Schicksale, die über lange Wochen als Geisel genommene Schiffsbesatzungen erlitten, sondern es ist eben auch ganz konkret, was die Freiheit der Seewege angeht, eine große Hilfe für die deutsche Außenwirtschaft, wenn man in diesen Gewässern sicher operieren kann. Dass die Bundesregierung sagt, da solche Angriffe zurzeit nicht mehr stattfinden würden, könne man auf eine deutsche Beteiligung an dem Mandat verzichten, ist ein bisschen so, wie wenn wir die Feuerwehr abschaffen würden, nur weil es drei Monate nicht gebrannt hat. Ich finde, dass das keine besonders kluge Entscheidung ist.
Ich kann mir vorstellen, dass wir durchaus wieder in eine entsprechende Situation kommen. Die Ernährungssituation in Somalia ist nach wie vor extrem schlecht; sie hat sich sogar verschlechtert. Und es droht ja eine weitere Verschlechterung als Folge der Umweltentwicklungen und als Folge des Ausfalls von Getreidelieferungen aus der Ukraine. Insofern gibt es mit Sicherheit eher einen Bedarf, da genauer hinzugucken. Wir finden es schade, dass die Bundesregierung vorhat, dieses Mandat nicht neu vorzulegen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sowohl über diesen als auch über den vorgenannten Punkt, wie wir denn in Libyen sichere Verhältnisse bekommen, müssen wir, wie ich finde, im Auswärtigen Ausschuss sprechen. Wir müssen überlegen, ob unsere Libyen-Strategie die richtige ist. Wir müssen die Frage beantworten, auf welche Weise denn sonst Küstenwache in Libyen ausgebildet werden kann; denn niemand stellt infrage, dass ein solches Land eine funktionsfähige Küstenwache braucht. Wenn wir es im Rahmen des Mandates nicht tun, können wir kaum hinnehmen, dass es jemand anders macht – im Extremfall sind das Wagner-Söldner; das steht jetzt nicht zur Debatte, aber das wäre das andere Extrem. Deswegen, glaube ich, müssen wir gemeinsam an einer Antwort arbeiten, die das Irini-Mandat in einen engeren Zusammenhang zu unseren Libyen-Bemühungen stellt, und müssen die Libyen-Bemühungen, die wir zur Stabilisierung dieses Landes haben, auf den Prüfstand stellen und weiterentwickeln mit dem Ziel, dass wir in Libyen doch in eine Situation kommen, in der Zeitpläne der Demokratisierung und der Befriedung des Landes eingehalten werden können, was, wie wir alle wissen, im letzten Jahr leider nicht gelungen ist.
In diesem Sinne den Soldatinnen und Soldaten an Bord deutscher Schiffe und in den Kommandostäben für diesen Einsatz alles Gute und stets Soldatenglück! Sie mögen heil aus dem Einsatz zurückkommen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Dr. Karamba Diaby.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535845 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 32 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz bei EUNAVFOR MED IRINI |