11.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 33 / Zusatzpunkt 1

Peggy SchierenbeckSPD - Aktuelle Stunde - Mehr Lebensmittel produzieren statt Ackerflächen stilllegen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Apfel zu reif, die Gurke zu krumm und die Tomate zu klein: Es muss nicht immer perfekt sein, und es muss auch nicht in die Tonne. Unser Ziel ist ganz klar: Wir müssen Hunger weltweit und aktuell auch in der Ukraine vermeiden. Dazu gehört, darüber nachzudenken, welchen Beitrag wir leisten können. Wir dürfen uns nicht unserer Verantwortung entziehen.

Deshalb sollten wir jetzt noch viel intensiver als bisher die Lebensmittverschwendung in den Blick nehmen. Denn dass das gesamte Lebensmittelangebot stets zu günstigsten Preisen zur Verfügung steht, ist keine Selbstverständlichkeit; das dürfte jetzt allen klar sein. Wir brauchen mehr Wertschätzung für Lebensmittel und einen achtsamen Umgang mit ihnen. Zugleich müssen wir dafür sorgen, dass Ernährung kein Luxusgut wird.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So können wir effektiv zur Ernährungssicherheit beitragen.

Wussten Sie, dass in Deutschland rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle im Jahr entstehen? Davon wäre die Hälfte grundsätzlich vermeidbar. Dieser Zustand ist nicht vertretbar. Wir wollen Lebensmittelverschwendung auf allen Ebenen bekämpfen, das heißt vom Acker bis zum Teller; denn viele der produzierten Lebensmittel schaffen es erst gar nicht in den Handel.

Die Gründe sind vielfältig: falsche Erntezeit – wir haben gerade gehört: die Ernten verbrennen auf den Feldern –, schlechte Lagerung, schlechter Transport oder auch, weil sie nicht der Norm entsprechen, zu krumm, zu reif oder zu klein. Lebensmittel, die nie in unseren Mägen landen, verursachen einen unnötigen Verbrauch von Ressourcen wie Landflächen, Wasser, Energie und Dünger. Dabei stoßen wir viele vermeidbare Emissionen aus. Der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung hilft also auch gegen den Klimawandel.

Auch ethisch gesehen ist Lebensmittelverschwendung angesichts von weltweit mehr als 800 Millionen hungernden Menschen nicht akzeptabel. Genau hier wollen wir ansetzen und dieser enormen Verschwendung einen Riegel vorschieben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht vor allem darum, Lebensmittelabfälle entlang der gesamten Versorgungskette zu vermeiden.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Darüber reden die von der Union ja nicht!)

Denn es besteht ein enormes Einsparungspotenzial an Lebensmitteln, die woanders dringend gebraucht werden. Es gibt bereits viele Ansätze, wie Lebensmittel genutzt und verteilt werden können. Die Tafeln leisten hier eine wertvolle Arbeit, stoßen aber auch an ihre Grenzen. Durch die steigenden Lebensmittelpreise gibt es auf der einen Seite immer mehr Bedürftige, und auf der anderen Seite bekommen die Tafeln immer weniger Lebensmittelspenden.

Außerdem wollen wir die Wertschätzung für Lebensmittel insgesamt stärken. Auch das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der jeder und jede gefragt ist, der Groß- und Einzelhandel genauso wie die Gastronomie und private Haushalte. Beginnen wir doch bei unserem Kühlschrank!

Wir alle sehen, dass die aktuelle Entwicklung auch zu steigenden Lebensmittelpreisen führt. Bei all dem sollten wir im Blick haben: Lebensmittel dürfen nicht so teuer werden, dass sie sich niemand mehr leisten kann. Essen darf kein Luxusgut werden, vor allem im Hinblick auf gesunde und nachhaltige Ernährung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, hat sich dafür ausgesprochen, gesunde Grundnahrungsmittel wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte von der Mehrwertsteuer zu befreien. Damit unterstützt er Forderungen von Medizinerinnen und Medizinern, Sozial- und Verbraucherverbänden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Das hilft den Menschen im Kern auch nicht!)

Wichtig ist mir vor allem: Eine gesunde Ernährung darf keine Frage des Geldbeutels sein. Mit unserer umfassenden Ernährungsstrategie wollen wir sicherstellen, dass eine gesunde Ernährung für alle möglich ist. Wir müssen trotz der jetzigen Herausforderungen die Weichen für die Ernährung der Zukunft stellen. Dazu müssen wir unter anderem eine pflanzenbasierte Ernährung stärker fördern. Derzeit wird in Deutschland über die Hälfte der Agrarflächen für den Anbau von Tierfutter verwendet. Langfristig müssen wir Ressourcen einsparen, Tierbestände reduzieren und pflanzliche Alternativen stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die aktuellen Krisen zeigen: Gerade jetzt müssen wir unser Nahrungsmittelsystem und unsere Ernährung in den Fokus rücken. Für uns ist klar: Wir müssen gesunde Ernährung fördern, Lebensmittelverschwendung vermeiden und Hunger bekämpfen. Dafür brauchen wir eine Ernährungswende – jetzt.

Danke.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Einen schönen guten Tag von meiner Seite, liebe Kolleginnen und Kollegen! – Wir fahren in der Aktuellen Stunde fort. Der nächste Redner ist Dr. Jan-Niclas Gesenhues, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535911
Wahlperiode 20
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Mehr Lebensmittel produzieren statt Ackerflächen stilllegen
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