11.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 33 / Zusatzpunkt 1

Gero Clemens HockerFDP - Aktuelle Stunde - Mehr Lebensmittel produzieren statt Ackerflächen stilllegen

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Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich nehme wahr, dass die landwirtschaftlichen und landwirtschaftspolitischen Debatten in dieser Legislaturperiode mit einem anderen Zungenschlag geführt werden, als das in der letzten Legislaturperiode der Fall gewesen ist.

(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Ja, aber nicht von Ihnen!)

Als ehemaliger Oppositionsabgeordneter erinnere ich mich sehr gut daran, dass wir die damalige Bundesregierung immer wieder ermahnen mussten, keine nationalen Alleingänge zu beschreiten, und dass wir immer wieder darum gekämpft haben – nicht immer erfolgreich –, Sie zurückzuholen auf die Grundlage von Wissenschaftlichkeit und Fachlichkeit, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Dann wäre es ja schön, wenn Sie sich jetzt mal entsprechend verhalten!)

Da fällt es schon auf, dass die Diskussionen in dieser Legislaturperiode sehr viel mehr geprägt sind von Wertschätzung für Landwirtschaft, für Lebensmittelproduktion, davon, welchen Preis ein Landwirt am Markt eigentlich bekommen muss, um seine Kosten decken zu können, und viele andere Dinge mehr.

Natürlich ist dieser neue Zungenschlag auch begründet durch den fürchterlichen Krieg in der Ukraine. Aber ich sage Ihnen ganz ausdrücklich: Ein Grund dafür ist auch der Umstand, dass diese Bundesregierung von drei Partnern getragen wird, wovon mindestens einer immer dann den Finger mahnend erhebt, wenn die Gefahr besteht, dass man sich auf nationale Alleingänge macht und die Fehler der letzten 16 Jahre wiederholt und fortschreibt, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Jetzt müssen Sie ja selber lachen, Herr Hocker! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: In welchem Film sind Sie denn unterwegs?)

Ich wiederhole hier im Deutschen Bundestag sehr gerne, was ich an anderer Stelle in den letzten Tagen und Wochen immer wieder gesagt habe: Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Zeiten, wo in Europa ein Krieg herrscht, wo relevante Volumina an den Weltmärkten wegbrechen, erscheint es mir ehrlicherweise völlig aus der Zeit gefallen, wenn man an dem, was die letzte Bundesregierung seinerzeit mal verhandelt hat, einfach festhalten will und diese Vereinbarungen von früher nicht noch mal auf den Prüfstand stellt und hinterfragt. Deswegen sage ich Ihnen ganz ausdrücklich: Natürlich müssen wir neu denken, und natürlich dürfen wir nicht 4 Prozent landwirtschaftliche Flächen stilllegen.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Tun Sie aber doch! – Stephan Protschka [AfD]: Aber das macht ihr doch! – Hermann Färber [CDU/CSU]: [CDU/CSU]: Sie tragen das doch mit!)

Aber das konnten Sie seinerzeit noch nicht wissen, als Sie das mitverhandelt haben.

Ehrlicherweise muss ich sagen: Es ist auch mir schleierhaft, wie man in Friedenszeiten eine solche Absicht überhaupt formulieren kann. Denn, meine Damen und Herren, wir kämpfen gegen den Klimawandel. Wir sehen, wie viel Flächen uns für landwirtschaftliche Nutzung verloren gingen durch Verwüstungen und durch Versteppung.

(Zuruf des Abg. Stephan Protschka [AfD])

Wir wissen, dass die Bevölkerungszahlen immer größer werden. Wir versiegeln Flächen. Und da, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es auch in Friedens- und nicht nur in Kriegszeiten falsch, krampfhaft Flächen aus der Produktion zu nehmen.

Es würde mich interessieren – lieber Kollege Stegemann, wenn du das vielleicht erklären könntest, wenn du gleich deine Rede hältst –,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sie müssen mal erklären, was die FDP will!)

wie man schon damals überhaupt auf diese Idee hat kommen können. Was im Krieg absurd anmutet, ist in Friedenszeiten nicht richtig gewesen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Was halten Sie da eigentlich für eine Rede? Sind Sie im falschen Film, oder was?)

Deswegen will ich mich an dieser Stelle ganz ausdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen der Union richten, die diese Aktuelle Stunde beantragt haben. Sie bemühen mit Ihrem Erbe der 4 Prozent ein Narrativ,

(Dieter Stier [CDU/CSU]: Die Ampel blinkt!)

das Sie eigentlich bei anderen – zu Recht – regelmäßig kritisieren, nämlich das Narrativ, dass die landwirtschaftliche Nutzung von Flächen im Konflikt stünde zu Nachhaltigkeit und zu Biodiversität. Ich sage Ihnen ganz ausdrücklich: Diese Erzählung gehört irgendwo ins letzte Jahrtausend, aber nicht mehr ins Jahr 2022.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das müssen Sie Frau Künast erklären!)

Mit modernster Technologie sind wir in der Lage, eine Symbiose von Ökonomie und Ökologie gerade in der Landwirtschaft hinzubekommen. Ich lade Sie gerne mal nach Niedersachsen ein. Machen Sie sich mal ein Bild davon, wie intensiv und biodivers ein Rapsfeld ist, das jetzt gerade blüht. Es ist für Insekten eine wunderbare Lebensgrundlage und stellt für Vögel eine Nahrungsgrundlage dar.

(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])

Aber weiterhin das Narrativ zu bemühen – zu glauben, dass es zwei verschiedene Pole wären und man sich für einen entscheiden müsste –, das ist komplett falsch. Es ist allerhöchste Zeit, dass Sie von der Union anerkennen, dass Ökologie und Ökonomie in der Landwirtschaft zwei Seiten derselben Medaille und keine Gegensätze sind.

(Zuruf von der AfD: Quatsch!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Tosender Beifall hier im Haus!)

Ich erteile das Wort Albert Stegemann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535913
Wahlperiode 20
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Mehr Lebensmittel produzieren statt Ackerflächen stilllegen
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