11.05.2022 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 33 / Zusatzpunkt 1

Albert StegemannCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Mehr Lebensmittel produzieren statt Ackerflächen stilllegen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Vor wenigen Tagen titelte ein Blatt: „Agrarminister Özdemir einer der drei beliebtesten Politiker“. Dazu erst mal herzlichen Glückwunsch! Doch wie kommt man zu dieser Ehre? Immer schön im Allgemeinen bleiben, nichts konkretisieren, immer schön Verständnis für die Landwirte äußern, aber auch hier ja nicht konkret werden. Und: Bei einer Ernährungs- und Versorgungskrise in Europa und Deutschland – ebenfalls Fehlanzeige. Sorry, Herr Minister, Ihre Beliebtheit stellt leider kein Zeugnis für Ihre Handlungsfähigkeit dar.

(Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass Sie das nicht bewerten!)

Sie sind und bleiben Ankündigungsminister!

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun aber ganz konkret zum Thema. Wir reden heute über die 4 Prozent Flächenstilllegung, die ab dem nächsten Jahr geplant sind. Wir als Union fordern ganz klar, diese Stilllegung auszusetzen.

(Zuruf der Abg. Carina Konrad [FDP])

Sie als Ampel wollen jedoch auf die nachhaltige Wirkung dieser Maßnahme nicht verzichten. Das ist der politische Spannungsbogen.

Die Idee, 4 Prozent der Fläche aus der landwirtschaftlichen Produktion zu nehmen, stammt aus der Zeit einer guten Versorgungslage. Durch den schrecklichen Angriff Putins auf die Ukraine hat sich die Lage jedoch völlig verändert. Wir brauchen diese Flächen dringend, um die Lebensmittelversorgung in Europa und Deutschland zu sichern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nun argumentieren Sie, dass Sie eine Krise nicht gegen eine andere Krise ausspielen wollen. Okay! Aber wie tragfähig ist diese Argumentation denn überhaupt? Sie sprechen hier immer wieder vom Klimaschutz, und Sie sprechen auch immer wieder die Artenvielfalt an. Daran ist uns als Union im Übrigen genauso gelegen; das will ich hier einmal vorwegnehmen.

(Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Merkt man nur wenig von!)

Schauen wir uns die Sache mal konkret an. Was für eine klimarelevante Bedeutung hat denn die Schwarzbrache? Es geht um die Schwarzbrache; Sie wollen Flächen brach liegen lassen. Worauf kommt es beim Klimaschutz aber an? Kaum Aufwuchs – das ist bei der Schwarzbrache der Fall – bedeutet auch kaum CO2-Bindung; denn wo keine Pflanzen sind, da kann auch kein CO2 gebunden werden. Also schießen Sie komplett am Ziel vorbei.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Übrigen gilt dasselbe auch für die Insekten und beim Thema Artenvielfalt. Wo Sie keine Pflanzen haben, haben Sie eben auch keine Insekten.

(Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da fragen Sie mal einen Biologen!)

Also: Bei Licht betrachtet ist auch das hier ein Trugschluss. Für Insekten ist eine unbewirtschaftete Fläche in etwa genauso langweilig

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, oh, oh! In Ökologie eine glatte Sechs! Null Ahnung! Wahnsinn! – Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der gleiche alte Mythos, der aber trotzdem nicht wahrer wird, wenn man ihn wiederholt!)

wie ein Kaleidoskop für einen Blinden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Protschka [AfD] – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbst in der Wüste gibt es Tiere!)

Liebe Ampel, Sie erreichen durch diese fragwürdige Maßnahme der Stilllegung überhaupt nicht Ihr Ziel; stattdessen zünden Sie wieder Nebelkerzen.

Dabei, Herr Minister, fing der Tag doch so gut an. Heute Morgen lautete die erste Meldung, die ich wahrgenommen habe: „Özdemir will mehr Weizenanbau ermöglichen – EU-Regeln aufschieben“. Ich habe gedacht: Jawohl, endlich! Er hat es verstanden. – Aber wahr ist mal wieder eins: Überschrift erzeugt, aber nichts erreicht.

Ist es wirklich Ihr Ernst, dass das Aufheben der Regelungen zur Fruchtfolge im GLÖZ‑7-Standard tatsächlich etwas bringt? Selbst wenn Sie jetzt etwas mehr Weizen produzieren, steht diese Fläche doch anderen Pflanzen und anderen Produktionsrichtungen überhaupt nicht mehr zur Verfügung.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen doch Weizen!)

Das ist eine Nebelkerze. Das ist wirklich Schaufensterpolitik. Das ist typisch Özdemir. Das können wir Ihnen an dieser Stelle einfach nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dann komm ich noch zu Ihnen, Frau Künast. Sie können es ja auch nicht lassen, immer wieder zu betonen, dass die 4 Prozent im Grunde genommen gar keinen Beitrag leisten würden und könnten, um dieser Krise etwas zu entgegenzusetzen.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Ich kann rechnen!)

Ich sage Ihnen: Wir haben in Deutschland 11 Millionen Hektar Ackerland. Wenn Sie davon 4 Prozent nehmen, dann reden wir hier immerhin über 440 000 Hektar.

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn Sie auf diesen 440 000 Hektar 50 Tonnen Kartoffeln ernten, was nicht ungewöhnlich ist, dann reden wir hier über 22 Millionen Tonnen Nahrungsmittel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Bitte nähern Sie sich diesen Realitäten an, und erkennen Sie an, dass das ein relevanter Beitrag ist, um dieser Krise etwas entgegenzusetzen.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden wir doch mal ernsthaft über die Faktoren, um die es geht! Das ist doch eine Ablenkungsdebatte! Eine Scheindebatte! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Übrigens kriege ich auch nicht zusammen, Herr Özdemir, was Sie in haushaltspolitischen Debatten immer wieder vorbringen. Aus regionalen Gründen ist es verständlich, dass Sie sich hier auf die schwäbische Hausfrau konzentrieren. Aber die käme nicht auf die Idee, wenn das Portemonnaie leer ist, trotzdem noch mal 4 Euro auszugeben, weil es dann ja nicht mehr darauf ankomme. Daher, glaube ich, ist es sinnvoll, dass Sie sich untereinander noch mal austauschen.

In der jetzigen Situation zählt jeder Hektar. Deswegen appelliere ich noch einmal: Werden Sie aktiv! – Sie haben bisher leider nichts auf den Weg gebracht. Sie sind fast ein halbes Jahr im Amt: kein Gesetz, keine Verordnung. Sie haben zwar immer viel Verständnis und halten schöne Reden, aber am Ende kommt nie etwas Konkretes dabei rum. Wir sind in einer ernsten Situation. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, und dann unterstützen wir Sie auch dabei.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Susanne Mittag, SPD-Fraktion, ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7535914
Wahlperiode 20
Sitzung 33
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Mehr Lebensmittel produzieren statt Ackerflächen stilllegen
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