Ulrich LechteFDP - Bundeswehreinsatz im Sahel mit Schwerpunkt Niger (EUTM Mali)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser eindrucksvollen Rede für AfD-TV wollen wir jetzt bitte wieder zu den Fakten dieses Mandates zurückkehren
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und uns hier mit den Dingen auseinandersetzen, die uns eigentlich alle bewegen sollten. Denn seit 2013 hat der Deutsche Bundestag jährlich die Beteiligung der Bundeswehr an der Mission der Vereinten Nationen MINUSMA und der Mission der Europäischen Union EUTM beschlossen. Seit 2013 konnten wir uns auch schon über viele positive Auswirkungen unseres Engagements freuen. So konnten wir den islamistischen Terror im Norden Malis zumindest eine Zeit lang bekämpfen und begrenzen, und das war auch das Ursprungsmotiv, warum wir dort vor Ort eingegriffen haben.
In letzter Zeit mehren sich die negativen Meldungen aus der Region, aber die Menschen vor Ort vertrauen nach wie vor auf unsere Hilfe und auf unseren Beistand. Dabei rede ich explizit von der Zivilbevölkerung, die schweren, schweren Sorgen entgegensieht. Nehmen Sie das Beispiel Gao, über das wir in der Debatte zu MINUSMA gesprochen haben. Dort ist in den letzten Monaten die Bevölkerungszahl von 90 000 auf 120 000 Menschen angewachsen. Diese 30 000 Menschen sind nach Gao gekommen, weil sie die Sicherheit unserer Truppen der Herrschaft der Islamisten vorziehen, die ihnen Probleme bereiten.
Nach den Militärputschen in Mali im August 2020 und im Mai 2021 verschlechtert sich die Sicherheitslage in Mali zunehmend. Im April 2021 gab es auch noch einen Putsch im Tschad, und zuletzt wurde im Januar 2022 in Burkina Faso geputscht. Zwischen diesen Ländern liegt der Niger, der sich zuletzt als der Stabilitätsanker in der Region erwiesen hat und den wir deswegen unbedingt weiter unterstützen müssen. Es ist daher folgerichtig, dass wir den Schwerpunkt unseres Engagements im Rahmen der EUTM-Ausbildungsmission nun von Mali nach Niger verlegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Viele hier im Haus hatten ja bereits gefordert, dass wir unser Engagement in Mali nach den zwei Putschen überdenken. Sie haben völlig zu Recht gefragt, ob wir weiterhin eine Armee ausbilden können, die zweimal geputscht hat. Ich selbst habe zu den Leuten gehört, die hier nicht vorschnell in Aktionismus verfallen wollten, sondern dem Land stattdessen eine Chance zur Rückkehr zur demokratischen Ordnung geben wollten. Deswegen hatten wir gemeinsam mit unseren internationalen Partnern den zweimaligen Staatsstreich in Mali verurteilt und eine Rückkehr zur Demokratie mit Nachdruck gefordert.
(Zuruf von der AfD: Das hat sie ja schwer beeindruckt!)
Dieser Forderung wurde mit ganz erheblichen Sanktionen durch die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft, ECOWAS, also den Nachbarstaaten Malis, Nachdruck verliehen. Aber leider gab es immer wieder Verzögerungen bei diesem Transitionsprozess.
Als Konsequenz aus diesen Verzögerungen hat sich unsere Bundesregierung auf EU‑Ebene dafür eingesetzt, dass wir gemeinsam als Europäer die Ausbildung der malischen Armee im Rahmen dieser Mission aussetzen. Es war uns als Freie Demokraten besonders wichtig, dass wir hier keinen deutschen Alleingang machen, sondern gemeinsam als Europäische Union agieren. Und vor ungefähr einem Monat kam es auf EU‑Ebene schließlich auch zu dem Beschluss, dass die Ausbildung der Sicherheitskräfte in Mali im Rahmen von EUTM Mali ausgesetzt wird.
Dieser Beschluss auf EU‑Ebene spiegelt sich bereits im Mandatstext wider, den wir jetzt im Bundestag besprechen. Verzeihen Sie bitte, liebe Union, aber es bedarf bisweilen auch mal längerer Absprachen zwischen den Ministerien. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie oft wir zu euren Regierungszeiten als Opposition auf die Texte aus den Ministerien haben warten müssen.
(Henning Otte [CDU/CSU]: Aber nicht so lange wie wir jetzt!)
Ihr braucht jetzt nicht so zu tun, als wärt ihr als Regierung gegenüber der Opposition Vorbilder gewesen; das kenne ich aus den letzten vier Jahren.
(Beifall bei der FDP, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Heute kommen wir mit der Ausbildung in Niger den Anforderungen des Hauses nach. Wir als FDP-Fraktion hatten damals darauf gedrängt, dass die Mission Gazelle in das Mandat integriert wird, und das ist 2020 erfolgt. Es war uns daher besonders wichtig, dass wir jetzt nicht versehentlich das Kind mit dem Bade ausschütten und auch gleich noch Niger für die Verfehlungen der Militärjunta in Mali bestrafen. Denn Niger hat sich mit weitgehend demokratischen Wahlen 2016 und 2021 als Stabilitätsanker in der Region erwiesen. Daher müssen wir Niger weiter unterstützen, und das wollen wir als Freie Demokraten auch. Die Mission Gazelle läuft planmäßig zum Ende des Jahres aus; das haben viele Kollegen hier schon gesagt. Aber wir sind bereits in Gesprächen, unser Engagement möglicherweise fortzusetzen. Denn Niger möchte in den nächsten Jahren die Zahl seiner Sicherheitskräfte verdoppeln, um selber für die Sicherheit im eigenen Land sorgen zu können. Aus diesen Gründen möchte ich für Ihre Zustimmung zu diesem Mandat werben.
Abschließend möchte ich unseren Soldatinnen und Soldaten danken, die unter diesen wirklich schwierigen Bedingungen der nigrischen und der malischen Bevölkerung helfend zur Seite stehen. Vielen Dank dafür!
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Ali Al-Dailami das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7535947 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 33 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz im Sahel mit Schwerpunkt Niger (EUTM Mali) |